Siegen. Pflegeschüler und Experten diskutieren über Maschinen wie „Pepper“ als Hilfskräfte in Seniorenheimen und Krankenhäusern.

Der, um den es eigentlich geht, steht am Campus Unteres Schloss in einem Besprechungsraum, fuchtelt ab und an mit den Armen und ist dann wieder still. Die Augen funkeln. Nebenan beschäftigen sich 60 Pflegeschüler aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein mit dem Thema „Robotik in der Altenpflege“. Dabei geht es vor allem auch darum, ob „Kollegen“ wie der Roboter „Pepper“ künftig zum Alltag gehören sollen oder müssen, und wie deren Anteil an der Pflege aussehen könnte.

Noch viele ungeklärte Fragen

Beim Einsatz von Pflegerobotern geht es auch um Fragen der Haftung.

Darüber hinaus sind finanzielle Aspekte zu regeln. Einige Schüler beklagen in der Diskussion, dass Kollegen sich „veräppelt“ fühlen müssten, wenn überall gespart werde und plötzlich viel Geld für Roboter ausgegeben würde.

Was die Roboter können

Bislang geht es beim Einsatz des 1,20 Meter großen elektronischen Helfers um Unterhaltung der Senioren, um Memory-Spiele, ein bisschen singen und tanzen. Auf der künftigen Agenda stehen aber Dinge wie Sturzprävention, Überwachung der Vitalfunktionen, selbstständige Besuche in den Zimmern und Ähnliches.

Die Teilnehmer des samstäglichen Workshops haben eine Menge Ideen und werden für ihre Kreativität gelobt. Vor allem allerdings für ihre Skepsis, die ebenfalls immer wieder zum Ausdruck kommt und bei der abschließenden Podiumsdiskussion allgemeine Zustimmung findet.

Was die Menschen denken

Da wird am Ende von nahezu allen Beteiligten die Wichtigkeit der menschlichen Zuwendung für Patienten im Krankenhaus und Bewohner von Senioreneinrichtungen betont. Roboter könnten allenfalls Unterstützung leisten, niemals aber die Arbeit der Pflegekräfte übernehmen.

„Wir möchten umsetzen, was wir lernen“, sagt eine junge Frau und kann sich überhaupt nicht denken, durch einen elektronischen Kollegen ersetzt oder auch nur in speziellen Tätigkeiten unterstützt zu werden. Eine andere findet schon die Vorstellung, von einer Maschine etwa beim Heben und Umdrehen eines Patienten Hilfe zu bekommen, unangenehm.

Professor Johannes Schädler von der Uni Siegen zeigt wenig Sympathie für das menschlich-niedliche Aussehen Peppers mit den großen Augen, findet es sinnvoller, wenn die Maschinen optisch ihren Aufgaben angepasst und als solche zu erkennen bleiben. Dann könnten sie allerdings nützliche Helfer sein.

Der Leiter des Marienheims, Jörg Boenig, erinnert daran, dass an diesem Samstag über viele Dinge diskutiert wird, die „Pepper“ noch gar nicht könne. Der Einsatz in der Einrichtung sei eine gute Sache, wobei viel Zeit für die Gewöhnung der Senioren gebraucht worden sei, die nicht mit Smartphones und Tablets aufgewachsen seien.

Für das Sozialamt des Kreises Siegen-Wittgenstein warnt Reiner Jakobs davor, „Pepper“ voreilig zu verteufeln, weil der vielleicht noch manches nicht könne. Entscheidend für ihn sei, dass schon jetzt mobile Pflegedienste aus Fachkräftemangel einen Aufnahmestopp für neue Patienten verhängen müssten und in den Krankenhäusern das gleiche Problem existiere. Der Einsatz von Hilfsmitteln dieser Art sei letztlich nicht zu umgehen. Es müsse nicht das Ob diskutiert werden, sondern das Wie, ist Jakobs Fazit und das der meisten anderen.

Pflegeschülerin Viktoria Petry wünscht sich möglichst wenig Unterstützung und äußert ihr Unbehagen über Entwicklungen in Ländern wie Japan, wo derartige Roboter bereits jetzt viel stärker im Einsatz sind.

Eine Zuhörerin weist auf ein ganz praktisches Problem hin. Sie sei schwerhörig und habe große Probleme, „Pepper“ richtig zu verstehen. Gerade bei Senioren sei dies aber doch nicht selten, gibt die Frau zu bedenken. Zumal der Roboter die Lippen nicht bewege und auch sonst keine Mimik habe, die wiederum gerade auch für Demenz-Patienten sehr wichtig sei. Überhaupt, das Thema Interaktion: „Wie geht er mit Wahnsinn oder Irrsinn um?!“

Informatiker Professor Dr. Volker Wulf wünscht sich weiteren intensiven Austausch mit den Fachkräften, um den Roboter möglichst genau programmieren zu können, auch mit jenen Kompetenzen, die sich Menschen im Laufe der Arbeit aneigneten und die „nicht in den Lehrbüchern stehen“. Es müsse darum gehen, die Lebensqualität für die Pflegekräfte und die Pflegebedürftigen zu verbessern. „Unser Leitbild muss die Unterstützung der menschlichen Arbeit sein. Mehr können wir eh nicht!“