Helgersdorf. Judith Schneider führt Besucher in einem alten Salonwagen in Helgersdorf in die Welt der Bienen ein. Interesse an den kleinen Tieren ist groß.

Ein Salonwagen mit Geschichte: Einst gebaut für Prinz Heinrich der Niederlande im Jahr 1874, steht er seit 1941 im Schalkenbachtal bei Helgersdorf. Seit 2016 betreibt Judith Schneider hier eine Schauimkerei. Dort zeigt sie Besuchergruppen, wie Bienen Honig produzieren und führt in die Imkerarbeit ein. Diesmal sind die „Wander Girls“, eine Frauenwandergruppe aus Billerbeck bei Münster, zu Gast.

Bereits in den 40er Jahren wurde der Salonwagen zum Bienenhaus umgebaut, erklärt ihnen Judith Schneider. „Im Jahr 1982 übernahm ihn dann mein Schwiegervater Franz Schneider.“ Er hat den Wagenkasten in mehreren Schritten aufgearbeitet, den Schlafraum am Wagenende restauriert und die Decke des Salonabteils erneuert. Im vorderen Teil befand sich früher das Schlafabteil des niederländischen Prinzen, in der Mitte der Salon und hinten (talwärts) das Raucherzimmer, das weitestgehend im Original erhalten wurde.

Im Salon befinden sich vier Bienenstöcke, in welche die Tiere von außen hineinfliegen können. „Die Stocktemperatur regulieren die Bienen durch Muskelarbeit. Dringt ein ungebetener Gast, beispielsweise eine Maus, in den Stock ein, können die Bienen die Temperatur im Umfeld des Eindringlings auf über 40 Grad erhöhen und diesen so töten“, sagt Andreas Schneider, der seine Frau Judith bei der Arbeit unterstützt. Dicht nebeneinander sitzen die Wander Girls und stellen Fragen. Stimmt es, dass eine Biene stirbt, sobald sie gestochen hat? „Ja, Bienen haben Widerhäkchen am Stachel. Diese bleiben in der Haut stecken und der Stechapparat reißt aus dem Hinterleib der Biene“, erklärt Judith Schneider. An dieser Verletzung stirbt die Biene.

Ein Bienenvolk könne in der Hauptzeit aus bis zu 60 000 Tieren bestehen, der Großteil davon sei weiblich. „Die Arbeiterinnen geben im Stock den Ton an“, sagt Judith Schneider. Die Königin erkennt man am längeren Unterleib. Sie sei eine „Gebärmaschine“, die die männlichen Bienen – die Drohnen – im Flug begatten. Die Umweltpädagogin reicht Plastikröhrchen herum, in denen sich präparierte Bienen und artverwandte Insekten befinden, die sich die Wanderinnen interessiert anschauen. Dadurch werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Tieren deutlich.

Nur rund 25 Kilo Honig konnte Judith Schneider 2018 gewinnen. Fünf Bienenvölker waren daran beteiligt. Normalerweise können 20 bis 25 Kilo pro Bienenvolk im Jahr geerntet werden. Diesmal gelang das nicht, weil das Wetter zu trocken war. Generell sei die Insektenanzahl in den vergangenen 20 bis 30 Jahren um 80 Prozent gesunken, erklärt die Pädagogin, die hauptamtlich bei den Hilchenbacher Klimawelten arbeitet.

Eine Besucherin nach der anderen verlässt den Schauwagen, um zu dem draußen liegenden Bienenstock zu gehen. Es gilt, die Bienen nicht anzupusten, denn sie reagieren auf das CO2 in der Atemluft, so Schneider. Auch hektische Bewegungen sind zu vermeiden. „Bisher ist von den Teilnehmern noch keiner gestochen worden. Da sind die Bienen immer sehr kooperativ und sehr lieb, finde ich. Das machen sie gut mit“, sagt Judith Schneider und lacht. Trotzdem bekommt zur Sicherheit jede der Besucherinnen einen Imkerhut. Mit einem „Smoker“ simuliert die Pädagogin einen Waldbrand: die Bienen krabbeln dann zwischen die Waben und saugen sich mit Honig voll, damit sie im Notfall mit genügend Proviant den Stock verlassen können. Es knackt leicht, als Judith Schneider einen der Holzrahmen hinauszieht und sich die „Propolis“ – ein von den Bienen selbst hergestelltes Kittharz – löst. Auf den Waben tummeln sich die Bienen. „Eigentlich bauen sie runde Zellen. Erst durch die Oberflächenspannung bekommen die Zellen ihre sechseckige Form“, sagt die Imkerin. „Das sieht wunderschön aus“, sagt eine der Besucherinnen. Die Bienen sind nicht nur zu sehen, auch ihr Summen ist aus dem Kasten deutlich zu hören.

Neuen Honig gebe es erst wieder nächstes Jahr, so Schneider. Sie hat Anfang August bereits alles geerntet. In der Hochsaison von April bis Ende Juli war sie einmal wöchentlich in der Imkerei. Nun legen sich die Bienen mit Hilfe von Zuckerwasser für den Winter einen Vorrat an. Eine Kostprobe des frischen Honigs gibt es vor dem Schauwagen. „Es ist ein Rundumprogramm für alle Sinne“, sagt Besucherin Andrea Kemper.

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