Burbach. . Zum Endes des Zweiten Weltkriegs war der Flugplatz Lippe hart umkämpft. LWL-Archäologe Dr. Manuel Zeiler dokumentiert jetzt die Ausgrabungen.
Was im März 1945 am Siegerland-Flughafen passierte, ist schwer zu rekonstruieren. Durch Angriffe der Alliierten wurde der damalige Flugplatz Lippe der Luftwaffe zerstört, so viel steht fest. Bei Ausgrabungen hat die LWL-Archäologie viele Relikte der Infrastruktur aus der Nazizeit gefunden, die Archäologe Dr. Manuel Zeiler von der LWL-Außenstelle Olpe in einem Aufsatz dokumentiert.
Anker der Erinnerung
Obwohl nicht außergewöhnlich umfangreich, waren die Grabungen am Siegerland-Flughafen die „bislang umfangreichsten zum Zweiten Weltkrieg im Siegerland“, so Dr. Manuel Zeiler. Die Arbeiten hätten gezeigt, dass großräumigere Untersuchungen historisch relevante Ergänzungen liefern.
„Der Allgemeinheit ist zudem wenig klar, wie massiv zivile und militärische Einrichtungen des NS-Systems das Stadtbild sowie die Umgebung prägten und welche großen Flächen von ihnen eingenommen wurden.“
Zeilers Appell: Bauwerke oder Bodendenkmäler dürften als Anker der Erinnerungskultur nicht vollständig verschwinden.
Der Flugplatz
Infrastruktur: In der Literatur wird der Flugplatz als sogenannter „E-Hafen“ geführt: Im Gegensatz zu den voll ausgebauten und für den Gegner leicht zu entdeckenden Fliegerhorsten handelt es sich dabei um gut getarnte Anlagen. Das Rollfeld war nicht befestigt, die Gebäude erweckten keinen militärischen Eindruck, sondern sahen aus wie landwirtschaftliche Einrichtungen. Als E-Hafen erster Ordnung war der Flugplatz Lippe auch für den Blindflug immer anfliegbar. Zur Anlage gehörte auch das Waldgebiet an der Nordseite des Flugfelds: „Hier befanden sich Flugzeuge, die in Nischen getarnt aufgestellt waren“, schreibt Zeiler, außerdem Splitterschutzgräben als Luftschutzeinrichtungen.
Geschichte: Der Flugplatz Lippe wurde vor dem Zweiten Weltkrieg für die Luftwaffe gebaut. Erste Vermessungsarbeiten fanden demnach 1934 statt, die Arbeiten wurden in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre abgeschlossen. Mehr als 200 Arbeiter waren am Bau beteiligt. Die ersten Flugzeuge landeten 1938 auf dem Flugplatz Lippe. Es gab eine Start- und Landepiste, ein Munitionsdepot sowie einen Gleisanschluss an der Südseite, über den die Anlage mit Betzdorf verbunden war. „Im März 1945 waren auf dem Flugplatz Junkers-Sturzkampfbomber Ju87 des Nacht-Schlacht-Geschwaders 2 stationiert“, schreibt Zeiler unter Bezug auf Wolfgang Gückelhorn, der Akten gesichtet, Fotos der US Air Force ausgewertet und das Gelände weiträumig begangen hatte.
Die Siegerländer Flieger waren demnach am Angriff auf die Alliierten an der berühmten Brücke in Remagen im März 1945 beteiligt. Die Alliierten wiederum begannen im März mit der Bombardierung des Flughafens Lippe in mehreren Angriffswellen – mit großen Verlusten vor allem bei der Infrastruktur, danach konnten erst einmal keine Flugzeuge mehr in Lippe landen.
Nach dem Krieg wurden die Gebäude wurden gesprengt und abgetragen, der zivile Flughafen entstand, die militärische Vorgeschichte geriet in Vergessenheit. Und zwar gründlich: Am 28. September 2000 ging eine zehn Zentner schwere Bombe unter der Rollbahn hoch. Der Grund für die Explosion war allerdings zunächst unbekannt: Man vermutete sogar einen Terroranschlag auf die niederländische Königin, die am Tag danach in Burbach landen sollte.
Die Grabungen
2014 untersuchte die LWL-Archäologie das Gelände – dort, zwischen B 54 und L 911 sollte seinerzeit der Gewerbepark am Siegerland-Flughafen entstehen. Oberirdisch erinnerte so gut wie nichts mehr an den früheren Militärflugplatz, nur Fachleute erkennen im Gelände noch einstige Gräben oder Standorte von Mannschaftsunterständen. Grabensysteme, damals sogar mit Ziegeln ausgelegt und entwässert, waren mit Forstabfällen verfüllt oder waren von Rückegassen zerschnitten. Nach der Entdeckung der Bodendenkmäler hatten zunächst ehrenamtliche Heimatforscher das Gebiet sondiert, waren aber auf große Mengen an Kampfmitteln gestoßen, der Kampfmittelräumdienst musste mehrmals anrücken. Gefunden wurde etwa ein gewaltiger Treibstofftank mit 24 Kubikmetern Füllvolumen, „der große Bedeutung für den Flughafen gehabt haben muss“, so Zeilers Fazit.
>>>>Hinweis:
Dr. Manuel Zeilers Aufsatz ist erschienen in der aktuellen Ausgabe der Siegener Beiträge, Jahrbuch für regionale Geschichte 2017/18, erhältlich im regionalen Buchhandel.