Dreis-Tiefenbach. Schneiders Bäckerei in Dreis-Tiefenbach hat zum dritten Mal angebaut. Aus kleiner Backstube in Weidenau wurde Unternehmen mit 550 Mitarbeitern

Die Geschichte fängt mit Herbert Schneider und seiner Backstube in der Weidenauer Siegstraße an, im Jahr 1957. Zwei Söhne hat der Bäckermeister, der in einer Baracke auf dem Haardter Berg und kurz darauf in dem neu entstandenen Einkaufszentrum einen Lebensmittel-Selbstbedienungsmarkt eröffnet: Eckhard Schneider betreibt mit seiner Familie heute eine Reihe von Rewe-Märkten. Und Reinhard Schneider ging 1980 mit seinem Vater, einem Gesellen und einem Lehrling nach Dreis-Tiefenbach.

4 Bauabschnitte hat Schneiders Bäckerei inzwischen — die letzte Erweiterung im Gewerbegebiet Hinterm Liesch wird das noch nicht gewesen sein.

85 Personen arbeiten allein hier, insgesamt 550 an allen fast 40 Standorten zusammen – von Dreis-Tiefenbach aus werden Cafés und Backshops bis nach Hammer an der Sieg und Forsbach vor den Toren Kölns beliefert. Philipp Schneider, Reinhard Schneiders Sohn, führt das Unternehmen seit 2006 und hat jede Menge Zahlen – von denen die sieben Meter für die Breite des letzten L-förmigen Anbaus, die das Grundstück bis an den Fahrbahnrand noch zuließ, sicher die kleinste ist.

1 -Store-Shopping: Das ist Philipp Schneiders Antwort auf die Frage von SPD-Fraktionschef Manfred Heinz, warum das alles so groß ist. „Das liegt an uns allen“, erklärt Philipp Schneider der Gruppe aus der SPD-Ratsfraktion: Niemand macht heute seinen Einkauf, indem er vom Bäcker über den Metzger zum Bauern wandert. „Die Leute haben keine Zeit mehr, Lebensmittel einzukaufen“. Dabei sind die Ansprüche trotzdem gewachsen: Jeder will alles sofort… Trotzdem: „Auch wenn alles so groß aussieht“, betont Philipp Schneider: In Dreis-Tiefenbach steht keine Backfabrik, sondern ein Handwerksbetrieb. An den Fertigungslinien arbeiten ausgebildete Bäcker.

362 Tage im Jahr wird hier gearbeitet.

66 000 Dielen und Körbe sind frisch gewaschen auf Lager, zwischen 15 000 und 30 000 werden jeden Tag mit frischen Backwaren gefüllt und zu den Filialen hinausgeschickt.

18 Tonnen Mehl fasst das Lager, das drei bis vier Mal in der Woche neu aufgefüllt wird, „Ein Riesenthema“, fürchtet Philipp Schneider, wird die dürrebedingt beeinträchtigte Getreideernte. Das Mehl, neben dem Wasser der Hauptrohstoff, wird teuer: „Wir gehen von 30 bis 50 Prozent aus.“

20 Uhr: Das ist der Arbeitsbeginn für die Teigmacher – gleich. Noch ist es ruhig hier an diesem frühen Abend.

10 200 Brötchen-Teiglinge werden jede Stunde vom Band gehen, wenn ab 21 Uhr gebacken wird. Für die ganz eiligen Kunden am frühen Morgen bekommt jeder Shop auch gleich 50 fertig gebackene „Schnittbrötchen“ zugeteilt. Weil aus den meisten Teiglingen sowieso erst in den Läden warme Brötchen werden, werden sie auch tagsüber und nicht schon in der Nacht hergestellt – bis zu 75 000 fasst das Lager.

110 verschiedene Produkte verlassen täglich den Betrieb: neben den Teiglingen die Spezialbrötchen, Feingebäck und Kuchen und die herzhaften Snacks. Und um die 18 000 Brote. Seinen Glanz bekommt das Brot in Dreis-Tiefenbach übrigens nicht mit Wasser allein: Der „Papp“, mit dem die Brotlaibe bestrichen werden, entsteht, in dem das Wasser mit geröstetem Kartoffelmehl aufgekocht wird. Geliefert wird, was Tag für Tag aus den Filialen bestellt wird. Ein „Prognose-Tool“ hilft dabei, ein Durcheinander wegen Zahlendrehern zu vermeiden.

75 Prozent des Umsatzes, sagt Philipp Schneider, entfallen mittlerweile auf die Gastronomie: „Einer der stark wachsenden Bereiche.“ Allein 13 Tonnen Kaffeebohnen werden in Schneiders Läden in jedem Jahr gemahlen und aufgebrüht, in den Shops und den mittlerweile sieben größeren Cafés. Längst gehören auch zwei Konditormeister zum Team.

23 Uhr ist der Arbeitsbeginn für die Mitarbeiterinnen, die die Snacks vorbereiten, die am nächsten Tag für Frühstücks- und Mittagspausen über die Ladentheke gehen. Um 5 Uhr rückt dann die „Spätschicht“ an, die für den nächsten Tag vorproduziert. Freitags geht es schon um 18 Uhr los. „Und Ostern und Weihnachten hören wir einfach nicht mehr auf“, sagt Philipp Schneider – abgesehen von den Stopps, die für die Reinigung der Anlagen erforderlich sind.

4 bis 6 Azubis gehören auch zum Betrieb, allein auf den Bäckerberuf bereiten sich hier vier bis sechs in jedem Jahrgang vor. Nachwuchssorgen? Schneiders haben die nicht. „Wer Bäcker werden will, möchte lieber so wie hier arbeiten als gebückt an einem Tisch in einer kleinen Backstube“, sagt Philipp Schneider.

8 Stunden dauert eine Schicht, fünf Tage eine Arbeitswoche. Die Arbeitszeit ist geregelt und bei der Bezahlung wird der Tarifvertrag eingehalten. „Das ist den Menschen wichtig, und das können wir auch bieten“, weiß Philipp Schneider. Für die Dreis-Tiefenbacher Bäcker wird heute eben nicht jede Nacht zum Tag, „Das Nachtbackverbot ist ja auch noch nicht so lange aufgehoben“, erinnert Seniorchef Reinhard Schneider: Sein Vater Herbert Schneider habe noch so manche schlaflose Nacht verbracht, wenn er am liebsten schon backen wollte, bevor er es durfte: keinesfalls vor drei Uhr.

Beeindruckte Besucher

Die Besucher sind beeindruckt: „Für das Netpherland eine wirklich tolle Geschichte“, sagt SPD-Fraktionschef Manfred Heinz. Und sie passt: Schneiders Bäckerei gesellt sich zu den anderen großen Standorten der Lebensmittelbranche im Stadtgebiet, in dem eben keineswegs nur mit Eisen, Metall und Stahl Geld verdient wird.

  • Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
  • Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.