Siegen. . Sogenannte „Poser“ fahren mit ihren aufgemotzten Fahrzeugen in den Abendstunden wieder und wieder durch Siegen. Politik will das Thema aufgreifen
Zunehmend sorgen in der Siegener Innenstadt sogenannte Poser für Ärger: Autofahrer, die mit ihren getunten lauten Fahrzeugen vor allem in den Abendstunden durch das Zentrum fahren. Dröhnende Motoren, Gasstöße vor den Ampeln, rasantes Anfahren und frisierte Auspuffanlagen machen Gespräche in diesen Situationen oft unmöglich. Schwerpunkt der Szene mit ihrem „sehen und gesehen werden“ mit Autos, Motorrädern, Rollern und Quad-Bikes ist der Bereich zwischen Kochs- und Reichwalds Ecke und dem Bahnhof; viele Poser fahren mehrfach durchs Zentrum und belästigen mit ihrem aufdringlichen Fahrstil Passanten und Anlieger.
Verwaltung: Möglichkeiten der Stadt sind begrenzt
„Die Bürger fühlen sich zurecht gestört, gerade bei Lärmspitzen in den Abend- und Nachtstunden“, sagt Dr. Bernhard Kraft, Leiter städtische Umweltabteilung. Der dreistufige Lärmaktionsplan der Stadt, aufgestellt auf Grundlage der Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union, befindet sich kurz vor Stufe 3 – und schon bei einer Befragung auf Stufe 2 im Jahr 2013 hätten die Bürger als am stärksten störende Lärmquelle laute Fahrzeuge angegeben, sagt Kraft.
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Das Problem ist: „Die Möglichkeiten der Stadt sind begrenzt.“ Da sie in erster Linie für die Überwachung ruhenden Verkehrs zuständig ist – und ruhende Fahrzeuge nun einmal keinen Radau machen – kann sie gegen die geräuschvolle Technik nicht vorgehen. Im eigenen Fuhrpark werde natürlich auf geringe Lärmemissionen geachtet. Ansetzen könne die Verwaltung im Straßenbau, etwa durch Verwendung von Flüsterasphalt. Für ein komplettes Straßennetz wäre das aber mit so hohen Kosten und so viel Aufwand verbunden, dass es sich nur in Etappen realisieren lässt. Gegen Poser hilft aber auch das wenig: Donnert jemand mit seinem getunten Vehikel über die Straße, „nützt der schönste Flüsterasphalt nichts“.
Bärbel Gelling (Grüne): Thema könnte in Ausschuss beraten werden
„Wir sehen das sehr kritisch“, sagt Bärbel Gelling (Grüne), Vorsitzende im Bezirksausschuss Siegen-Mitte. Dass gerade im Sommer die Menschen den Aufenthalt im Zentrum genießen und die Mehrheit durch wenige beeinträchtigt werde, sei nicht hinzunehmen. „Auf Dauer werden wir das nicht akzeptieren.“
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Das Thema könnte in einer gemeinsamen Sitzung des Verkehrs- mit dem Bezirksausschuss beraten werden, sagt Gelling. Vielleicht lasse sich das Thema ähnlich lösen wie beim Musikhören an den neuen Ufern: Hier hatten sich Anwohner bei Politikern über Lärmbelästigung beschwert, zusammen mit Polizei, Verwaltung und Sicherheitspersonal habe sich das regeln lassen. „Vielleicht kommt man hier ins Gespräch, ohne Strafzettel ausstellen zu müssen“, so Gelling.
Polizei: Manipulationen vor Ort schwer festzustellen
Dem Verkehrsdezernat ist das Phänomen bekannt. Während man die „Raserszene“, die illegale Rennen auf der Hauptachse Geisweid – Weidenau – Innenstadt fuhr, durch Kontrollen an den Szenetreffpunkten Obi-Parkplatz und unter der HTS sowie bauliche Maßnahmen weitgehend in den Griff bekommen habe, sei es bei Lärmbelästigung und technischer Manipulation schwierig, sagt Polizeipressesprecher Georg Baum. Auspuffanlagen, die gezielte Fehlzündungen verursachen, können eingetragen sein, unbefugte Manipulationen seien bei Kontrollen vor Ort zunächst schwer festzustellen. Bei der Lautstärke hängt es entscheidend vom Fahrstil ab, ob es laut wird oder nicht: Auch mit aufgemotzten Autos lässt es sich leise durch die Sandstraße rollen.
Tunerszene: Wir sind keine rücksichtslosen Rowdys
„Wir wollen mit dem Klischee aufräumen, dass Tuner rücksichtslose Rowdys und Verkehrssünder sind“, sagt Thomas Höfer, Gründer und Veranstalter des Siegener Tuning-Treffs „Rolling Deep“. Das Posing färbe leider auf die gesamte Tuningszene ab – „wir stehen für Legitimität und Respekt“, betont Höfer. Diese Leute wollen Respekt für ihre Autos und ihre Leistung – „dazu gehört, dass man andere respektiert und an bestimmten Stellen und zu bestimmten Uhrzeiten vernünftig fährt.“
Kfz-Meister: Es ist mehr geworden
„Meinem Eindruck nach ist es mehr geworden“, sagt Ulrich Ehnert: Der 71-jährige Siegener hat lange als Kfz-Meister gearbeitet, ist häufiger in der Stadt unterwegs und erlebt regelmäßig „Lärmbelästigung durch Autos, die nicht der Zulassung entsprechen“. Er fühlt sich nicht nur gestört, sondern weist auf ein anderes großes Problem hin: Ohne TÜV-Vorführung „sind manipulierte Fahrzeuge außerhalb der Betriebserlaubnis“ – der Versicherungsschutz kann erlöschen. Das bestätigt auch Thomas Höfer: Wenn nach einem Unfall der Gutachter feststellt, dass bestimmte Fahrzeugteile nicht abgenommen und eingetragen seien, könne der Fahrzeughalter zur Kasse gebeten werden – mit enormen finanziellen Konsequenzen.