Siegen-Wittgenstein. Der Bund der Steuerzahler warnt davor, mit Kanalgebühren Gewinne zu erwirtschaften. Das Abwasser ist in Siegen am günstigsten.

Die Stadt Siegen hat die günstigsten Abwassergebühren im Regierungsbezirk, Burbach gehört zu den Kommunen mit den teuersten Abfallgebühren in NRW. Das sind Ergebnisse aus dem jährlichen Gebührenvergleich, den der Bund der Steuerzahler jetzt vorgelegt hat. Von 2017 nach 2018 haben nur Erndtebrück und Freudenberg die Abwassergebühren erhöht. Die Abfallgebühren sind in Bad Berleburg, Burbach, Erndtebrück, Freudenberg und Wilnsdorf gestiegen.

Abfall

Beim Vergleich innerhalb des Kreises Siegen-Wittgenstein ist Erndtebrück unverändert an der Spitze – die Gemeinde bietet ihren Bürgern allerdings auch, ebenso wie die StadtBad Berleburg, die 14-tägliche Leerung der grauen Restmülltonnen an, die woanders nur alle vier Wochen abgefahren werden. Beim Vier-Wochen-Rhythmus ist Burbacham teuersten, Siegen mit der eigenen Stadtreinigung am billigsten. Bad Laasphe, Hilchenbach und Kreuztal zeichnen sich durch besondere Gebührenstabilität aus: Dort wurde auch schon von 2016 auf 2017 auf Erhöhungen verzichtet. Die EU-weite Ausschreibung der Müllabfuhr, so der Bund der Steuerzahler, sei längst „kein Garant mehr für günstige Preise“. Oft gäben nur eine oder zwei Firmen Angebote ab, das Bundeskartellamt prüfe, ob von einem „Marktversagen“ gesprochen werden müsse.

Der Gebührenvergleich des Bundes der Steuerzahler ist hoch umstritten. Die Stadt Netphenbeantwortet die Anfrage schon seit 2016 nicht mehr — damals lag sie mit einer Gebühr von 269,84 Euro im Kreisvergleich im Spitzenbereich. „Hier werden im wahrsten Sinne des Wortes Äpfel mit Birnen verglichen“, heißt es im Protokoll der Ratssitzung, in der die Verwaltung ihrem Ärger Luft machte. Übersehen worden seien zusätzliche Angebote wie die Wahlmöglichkeit zwischen Vier- und Zwei-Wochen-Abfuhr, die unbegrenzte Sperrmüllabfuhr, die woanders nur zwei Mal im Jahr kostenlos angeboten werde, die kostenlosen zusätzlichen Restmüllsäcke, die gebührenfreie Windeltonne, die Baum- und Strauchschnittsammlung und die Möglichkeiten, mit gestrecktem Abfuhrrhythmus und kleineren Tonnen die eigene Gebühr zu reduzieren.

Neben der Einsammlung des Mülls bei den Haushalten ist die Deponiegebühr, die der Kreis erhebt, entscheidender Kostenfaktor. Gemeint sind damit heute allerdings — neben der Kompostierung des Biomülls in Olpe — die Kosten für die Müllverbrennung und die Kosten für den Transport von den ehemaligen Deponien Fludersbach und Winterbach zu den Müllkraftwerken. Die Frage des Bundes der Steuerzahler, wieviel Euro pro Tonne Hausmüll die Betreiber der Anlagen Hagen und Herten bekommen, lässt der Kreis Siegen-Wittgensteinmit Verweis auf die nicht öffentlich verhandelten Verträge grundsätzlich unbeantwortet.

Für seinen Gebührenvergleich errechnet der Bund der Steuerzahler den Preis, den ein Vier-Personen-Haushalt jährlich bezahlt, wenn er eine 120-Liter-Restmülltonne alle vier Wochen und eine 120-Liter-Biomülltonne alle zwei Wochen leeren lässt.

Abwasser

Hier ist der Vergleich ebenfalls kompliziert. Je nachdem, ob eine Kommune eine Grundgebühr oder Kanalanschlussbeiträge verlangt oder nicht, fallen die Kubikmeterpreise niedriger oder höher aus. In Hilchenbach, Kreuztal und Neunkirchengibt es keine Kanalanschlussbeiträge, in Bad Berleburg, Burbach, Erndtebrück, Hilchenbach und Wilnsdorf werden Grundgebühren verlangt. Für die Jahresgebühr eines Vier-Personen-Haushalts legt der Bund der Steuerzahler einen Verbrauch von 200 Kubikmetern Frischwasser und die Entwässerung von 130 Quadratmetern versiegelter Fläche zugrunde.

Unverändert am teuersten sind die Kanalgebühren in der Stadt Freudenberg mit mehreren Kläranlagen und einem langen Kanalnetz — die Rechnung für den Musterhaushalt nähert sich immer mehr der 1000-Euro-Marke. Die Großstadt Siegenschafft das nahezu zum halben Preis, Siegen und Wilnsdorf konnten von 2017 nach 2018 die Gebühren sogar senken.

Der Bund der Steuerzahler wirbt dafür, nicht die komplette Frischwassermenge für die Berechnung des Schmutzwassers heranzuziehen — Wasser, mit dem Gärten bewässert werden, versickere schließlich und belaste nicht die Kanalisation.

Spielraum haben die Kommunen, wenn sie die Verzinsung des Kapitals kalkulieren und die Art, wie sie die Anlagen abschreiben: Billiger für die Gebührenzahler ist es, den einmal gezahlten Preis zu finanzieren — und teurer, wenn so viel Geld auf die hohe Kante gelegt wird, dass damit irgendwann in der Zukunft ein neuer Kanal oder ein neues Klärwerk bezahlt werden kann. Die teurere Variante kommt in Freudenberg, Hilchenbach und Siegen zum Zuge. Ihr Kapital verzinsen die Städte oder ihre Stadtwerke zwischen 0 Prozent (Freudenberg) und sechs Prozent(Hilchenbach und Kreuztal ).Mit hohen Zinssätzen und hohen Abschreibungen, so der Vorwurf des Bundes der Steuerzahler, „treiben (die Kommunen, d.Red.) die Gebühren in die Höhe und steigern so künstlich den Gewinn“. Damit werde dann der allgemeine Haushalt gestützt. „Dazu aber sind Gebühren nicht gedacht.“