Siegen/Freudenberg. . Um in einen Siegener Rockerclub aufgenommen zu werden, haben zwei Männer eine Disco in Freudenberg angezündet. Am Ende brannten sie selber.
Um als vollwertige Mitglieder in einen Siegener Rockerclub aufgenommen zu werden, haben zwei Männer im Januar 2014 die Diskothek „Ox“ in Freudenberg angezündet.
Angestiftet dazu hatten sie wohl zwei Mitglieder der Bande. Jetzt muss sich das Quartett vor dem Siegener Schöffengericht unter Vorsitz von Uwe Stark verantworten.
Mitglieder der "Black Jackets Westend Siegen" stehen vor Gericht
Zwei Angeklagte, beide türkische Staatsbürger, sind Mitglieder (Member) des Rockerclubs „Black Jackets Westend Siegen“, einer ist Vizepräsident des Chapters (regionaler Ableger). Die beiden anderen wollten als Prospects (Anwärter) aufgenommen werden. Sie erhielten den Auftrag, das Ox so zu beschädigen, dass es einige Zeit schließen muss, so Staatsanwalt Rainer Hoppmann. Drahtzieher sei der Vizepräsident, er habe die Täter rekrutiert.
Hoher Sachschaden
Durch das Feuer entstehen in der Diskothek mehrere tausend Euro Sachschaden.
Eine Zeugin bemerkte das Feuer und alarmierte die Feuerwehr. Zwei Brüder, die i n einer Wohnung im Gebäude schliefen, wurden wach und konnten sich unverletzt ins Freie retten.
Die vier fahren laut Anklageschrift in der Nacht zum 10. Januar 2014, mit dem Auto nach Freudenberg. Mit dabei: Benzinkanister und mehrere Molotow-Cocktails, benzingefüllte Glasflaschen. Sie schleichen sich durch ein Waldstück an und versuchen eine Tür aufzuhebeln. Das klappt nicht, sie probieren es erfolgreich mit dem Fenster. Die beiden Rocker warten draußen, die Neulinge klettern hinein, schütten Benzin über Theken-, Kassen- und Garderobenbereich. Einer wirft den Brandsatz, die Benzindämpfe fangen Feuer, davon wird auch der heute 33-Jährige Mitangeklagte erfasst: Seine Kleidung brennt, er schafft es nicht schnell genug aus dem Gebäude, schleppt er sich ins Freie, reißt sich die brennenden Kleider vom Leib, bricht schwer verletzt zusammen.
Angeklagten offensichtlich eingeschüchtert
Die beiden Mitglieder der „Black Jackets“ verweigern die Aussage. Mit finsteren Mienen und verschränkten Armen folgen die Members den Einlassungen der beiden Anwärter, die keine großen Aussichten auf Aufnahme bei den „Black Jackets“ haben dürften.
Die beiden Prospects sind sichtlich eingeschüchtert, sprechen mit leiser Stimme, heben den Blick kaum von der Tischplatte.
Prospect ging von Überraschungsparty aus
„Ich bin im Krankenhaus in Aachen zu mir gekommen“, sagt der mit den lebensgefährlichen Verletzungen. Die Ärzte hätten ihm gesagt, dass er in ein Lagerfeuer gefallen sei, erst bei späteren Besuchen seiner Frau und von Bekannten habe er erfahren, was wirklich geschehen sei, nach und nach sei die Erinnerung zurückgekehrt.
Er sei zu Hause abgeholt worden und sollte eine Sturmhaube mitnehmen. Im Auto sei die Stimmung angespannt gewesen. Zunächst ging der Mann angeblich davon aus, dass eine Überraschungsparty geplant sein könnte – er hatte an diesem Tag Geburtstag. „Es ist üblich im Club, keine Fragen zu stellen. Anwärter wissen in der Regel nicht, worum es geht.“
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Auf dem Weg durch den Wald habe sich der Eindruck verfestigt: Hier stimmt was nicht. „Ich habe das dann schweren Herzens gemacht“, sagt der bullige Mann. „Unter Druck. Die Vollmitgliedschaft stand ja im Hintergrund.“ Als das Benzin verschüttet war, habe er den Kanister weggeworfen, „Sekunden später stand ich in Flammen. Ich bin brennend aus dem Fenster geklettert, habe versucht, die Flammen auszuschlagen.“
Die anderen hätten ihn ins Auto geladen und nach Hause gebracht. Einen Krankenwagen habe man ihm zunächst verweigert, am nächsten Tag hätten ihn Bekannte – gegen den Willen des Clubs – ins Krankenhaus nach Aachen gebracht, „weil ich am Sterben war.“ Clubmitglieder hätten auch seine Frau dorthin gebracht und erst als sie allein gewesen seien, habe er von den Ereignissen erfahren.
Rocker helfen nicht beim Löschen
„Ich habe auch gebrannt. Zu meinem Glück habe ich zwei Jogginghosen getragen“, sagt der andere Anwärter, ein kindlicher Typ von 27 Jahren. Die beiden Vollmitglieder hätten beim Löschen geholfen. In einem Punkt widerspricht er seinem Mitangeklagten: Im Auto sei bereits der konkrete Ablauf der Tat besprochen worden. „Je näher wir der Disco kamen, desto mehr Angst hatte ich.“ Der Vizepräsident habe früh klargemacht: „Wir fahren da hin und fackeln das ab.“ Sie beide seien nur kleine Rädchen im Getriebe, „das ist ein Rockerclub, da stellt man nicht viele Fragen.“