Siegen. . Der Christopher-Street-Day in Siegen setzt am Samstag ein buntes Signal für Toleranz. Die Gegen-Demo bleibt ein Zaunereignis.

Nein, tausende von Besuchern (wie parallel in Berlin) kann der Siegener Christopher-Street-Day (CSD) auch nach nahezu 20 Jahren nicht aufweisen. Aber die Hauptstadt ist ja auch ein wenig größer als das Oberzentrum im Siegerland, und jedenfalls war rund um den Scheinerplatz am Samstag zu spüren, dass der Christopher-Street-Day auch hier angekommen ist. Und ganz wichtig für die Veranstalter: „Im Zentrum“, wie die Moderatoren Ulli de Ville und Chris Castle am Nachmittag auf der Bühne vor dem Apollo betonten.

Es ging auch um die Frage, ob der CSD noch gebraucht werde. Es gebe Ausgrenzung und Aggression, „wir gelten immer noch als Menschen zweiter Klasse“, rief Chris Castle in die Runde, die sich auf dem Platz versammelt hatte. Um Anfeindungen zu begegnen, brauche es eine große Gemeinschaft, die sich offen in Siegen zusammenfinden könne.

Politische Botschaften verbreiten

Dazu gehörten auch Menschen aus Pakistan und anderen Ländern, hatte Ulli de Ville festgestellt, „die hierher kommen sind, um bei uns zu leben“, und die in der Menge anzutreffen seien. Sie verdienten Unterstützung, das dürfe nicht vergessen werden, „und dafür brauchen wir keine Nazis, die dahinten am Bahnhof stehen!“ Dafür freut er sich auf den Tag mit jenen, die schon am Mittag gekommen sind: „Mit euch können wir Siegen rocken!“

Neben Spaß und der Präsentation bunten Lebens, mit Regenbogen-Capes und ausgefallenen Kostümen, sollte der CSD auch in diesem Jahr eine ernste politische Botschaft verbreiten, ein Zeichen setzen gegen Diskriminierung und für die Rechte der Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen sowie Transgender einstehen. Dazu diente vor allem der Marsch durch die Stadt, der eigentlich für 13 Uhr geplant war, dann aber aufgrund eines Wolkenbruches mit Verspätung Richtung Bahnhofstrafe und Bahnhof zog.

Sexuelle Randminderheiten

Genau dort warteten jene, die der Moderator als Nazis bezeichnete, die selbst als „Der III. Weg“ auftreten und sich nach eigenem Bekunden „gegen die immer absurder werdende Förderung und Propagandierung sexueller Randminderheiten“ wenden. Genau dies skandierten sie während des Vorbeimarsches der rund 400 CSD-Teilnehmer und warfen ihnen vor, einer direkten Konfrontation aus dem Weg zu gehen.

Während die Verfechter eines klassischen Familienbildes sich auf dem Bürgersteig vor Apotheke und Tabakgeschäft hinter ihren Transparenten nahezu eingeigelt hatten (weitgehend unbeachtet von den Passanten), zog die Demo jenseits der Bussteige vorbei und warb überwiegend für Toleranz und friedliches Miteinander.

Klassenkampf

Allerdings gab es auch einige verbale Ausfälle der „Antifa“, die den „Gegnern“ auf der anderen Straßenseite per Transparent ein Ende in Stalingrad prophezeite. Auf dem Bussteig in der Mitte standen Einsatzkräfte der Polizei, die ihre Zuschauerrolle letztlich aber nicht verlassen mussten.

„Das gehört dazu, das ist Klassenkampf“, kommentierte Landrat Andreas Müller achselzuckend und mit einem Lächeln. Er war wie immer im vorderen Teil des Zuges mitgelaufen, „wenngleich diesmal Steffen Mues der Schirmherr ist“. Müller erinnerte sich mit einigem Schaudern an die erste Demo, bei der knapp 100 Leute gekommen seien und befand, „so viele wie heute waren es noch nie“.

Musik und Stimmung

Neben den Grußworten von Landrat und Bürgermeister verging der Tag mit viel Spaß und Musik, mit Auftritten von Bands wie „Destination Anywhere“ und „Schwerelos“, den „3 Likören“ oder dem Gießener Robin Cedric Jäger. Und weiteren Künstlern, die auf dem Scheinerplatz für Stimmung sorgten, bevor die Party im „Meyer“ weiterging. Rundherum präsentierten sich der DGB, das Gesundheitsamt und viele politischen Parteien.