Siegen. . Es geht um die digital unterstützte medizinische Versorgung in der Region. Diese Projekte bekommen nun die Fördersumme von jeweils 75 000 Euro.
Die Entscheidung ist gefallen. Die Uni Siegen und die Sparkasse Siegen haben zwei Gewinnerprojekte im Rahmen des DIVE-Wettbewerbs ausgezeichnet. Mit jeweils 75 000 Euro unterstützt das Bankinstitut zwei Ideen in ihrer Umsetzung. „Das ist nicht als Spende, sondern als Investition in die Zukunft zu betrachten“, betonte der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Siegen, Wilfried Groos. Im Fokus der Projekte: die digital unterstützte medizinische Versorgung auf dem Land sicherzustellen. Die Wahl dieser Projekte habe sich förmlich angeboten, da sich die Ideen ergänzen, so Groos. „DIPRA bietet Analyse, INTEGER bietet Lösung.“
Analyse
Hinter dem Projekt DIPRA stehen Prof. Björn Niehaves vom Forschungskolleg der Universität Siegen und Allgemeinmediziner Dr. Charles Christian Adarkwah, der eine Gemeinschaftspraxis in Kreuztal betreibt. Ziel ist es, Arztpraxen in der Region neue Möglichkeiten im Zuge der Digitalisierung aufzuzeigen. Hierbei sollen Prozesse im Alltagsgeschäft zwischen den Medizinern und den Patienten analysiert werden, um im Anschluss geeignete Technologien entwickeln zu können.
„Dabei wollen wir Digitalisierungsprozesse definieren, eine Bestandsaufnahme erhalten, um hinterher einschätzen zu können, was möglich ist“, erklärt Adarkwah. Dabei müsse sich vor allem die Frage gestellt werden, wozu Ärzte und Patienten überhaupt bereit sind. „Man kann sich noch so gute Ideen einfallen lassen, aber wenn die Patienten sie nicht annehmen, sind die Einfälle schnell nutzlos“, ergänzt der Mediziner. Oft gebe es eine Diskrepanz zwischen einer Idee als solche und Aspekten wie Sinnigkeit, Notwendigkeit oder Finanzierung, ergänzt Björn Niehaves. „Unser Projekt möchte Antworten auf die Frage liefern: Wie schaffe ich es als Arztpraxis eine Idee aufzunehmen und im Alltagsablauf zu integrieren?“
Durchgeführt soll die Bestandsaufnahme mit Hilfe von Fragebögen in den Praxen und Interviews mit Patienten, die vorab für die Studie ausgewählt werden. Als Prototyp der Untersuchung werde die allgemeinmedizinische Praxis von Charles Adarkwah in Kreuztal dienen. Später ist eine Ausweitung auf weitere Praxen der Region geplant.
Lösung
Das Projekt INTEGER wird von Prof. Holger Schönherr vom Department Chemie und Biologie der Uni Siegen und Dr. Erwin Thiel von ERT-Optik Siegen verantwortet. Die Idee: ein Pflaster, dass durch Sensortechnik im Falle einer bakteriellen Infektion den Befall durch Farbveränderung anzeigen kann und digital an medizinische Fachkräfte weiterleitet.
Patienten müssten dann nicht mehr unbedingt eine Arztpraxis aufsuchen, um eine Wunde untersuchen zu lassen, da die Diagnostik aus der Ferne möglich wäre. „Wichtig ist uns, dass hierbei der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Zentrum steht“, betont Holger Schönherr. In den Bereichen Diagnostik und Sensorik deute sich eine Revolution an, in der ein solches Pflaster nur eines von vielen Elementen sein werde, ergänzt er. Vor allem die Ortsunabhängigkeit von medizinischen Angeboten sei ein besonders erfreulicher Effekt.
Zusätzlich
Unerwartet kündigt die Sparkasse die finanzielle Unterstützung eines dritten Vorhabens an. Dabei handelt es sich um eine medizinische Versorgungskette für Patienten mit neurodegenerativen Krankheiten wie Demenz oder Parkinson.
Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
Das DZNE in Berlin ist eines von sechs Zentren für Gesundheitsforschung.
Diese wurden zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten errichtet.
Es zählt zu den besten Forschungszentren weltweit.
Die Versorgungskette soll aus vier Teilen bestehen: Entwickelt werden soll ein zum Patienten nahes kommunales Versorgungszentrum. Dieses soll an das medizinische Versorgungszentrum einer Klinik angebunden sein, welches wiederum an die Fachabteilung einer Klinik gekoppelt sein soll. Als viertes Element soll die Uniklinik Bonn sowie das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Berlin eine wichtige Rolle spielen. „Damit käme Patienten auf dem Land eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau zugute“, erklärt Prof. Martin Grond, Chefarzt im Kreisklinikum Siegen.