Junkernhees. Zwei Jahre geht der Streit um die geplante Höchstspannungsleitung schon. Die Weitergabe von sensiblen Daten sorgt nun erneut für Entsetzen.
Es zischt nicht nur unter den alten Strommasten in Junkernhees. Die Bürger sind wütend, sehr wütend sogar. Der Netzbetreiber Amprion plant eine neue 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung neben ihren Häusern und ein Umspannwerk auf der Dönschen Wiese. Das wollen die Bewohner nicht hinnehmen. Die Bürgerinitiative Junkernhees hat einen Anwalt eingeschaltet und wehrt sich seit mehr als zwei Jahren gegen die Pläne. Mangelhafte Unterlagen und Nachkartierungen sowie die Missachtung des Datenschutzes erhitzen aktuell die Gemüter.
Worum geht es beim Daten-Ärger?
Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren, die Bürgerinitiative hat 383 Einwände eingereicht. Diese sensiblen Daten der Bürger seien von der Bezirksregierung Arnsberg ungeschwärzt an Amprion weitergegeben worden, sagt der Sprecher der Initiative Ansgar Klein. „Auch das Planungsbüro von Amprion hat jetzt die Daten.“ Es handle sich um Informationen zu finanziellen und Krankheitsdaten. „Das ist ein Riesenskandal! Jetzt haben wir den schwarzen Peter im Dorf“, sagt er am Donnerstagvormittag bei einem Ortstermin mit den SPD-Politikern Falk Heinrichs und Gordan Dudas (Landtagsabgeordneter), die die Bürger unterstützen wollen.
Unterstützung durch Politik und Stadt
Auch der Rat der Stadt Kreuztal hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Für seine neue Höchstspannungsleitung soll der Netzbetreiber Amprion auf eine Umspannanlage in Junkernhees verzichten und stattdessen die vorhandene Anlage in Altenkleusheim erweitern. Dafür hat sich der Rat einstimmig ausgesprochen.
Auch die Stadt ist gegen die Pläne und hat eine Stellungnahme abgegeben. „Man kann sich nur sehr schwer vorstellen, dass diese Umspannanlage demnächst ortsbildprägend sein wird“, sagte Bürgermeister Walter Kiß in der Sitzung im Februar. Er bescheinigte der Amprion-Planung „in weiten Teilen planerische Defizite und sachliche Unverständlichkeit“.
Der Anwalt der Bürgerinitiative habe bereits mit dem zuständigen Datenschutzbeauftragten der Landesregierung gesprochen, sagt Ansgar Klein. „Der stützt unsere Einschätzung.“ Die Daten hätten nicht einfach so herausgegeben werden dürfen, heißt es. Bis Ende August müsse die Bezirksregierung nun darlegen, wieso sie so gehandelt hat.
Was hat es mit der Nachkartierung auf sich?
„Uns sind Fehler aufgefallen in den eingereichten Unterlagen von Amprion“, sagt Sascha Reller von der Initiative. Es habe von Seiten des Netzbetreibers immer geheißen, dass eine Kartierung vorgenommen worden sei. Eine Kartierung ist nötig, um festzustellen, welche Tiere auf dem Gelände leben und welche Pflanzen es gibt. Doch die eingereichte Liste sei mangelhaft. So seien beispielsweise die Fischreiher und ihre Nester neben dem Schloss Junkernhees nie erfasst worden.
„Und jetzt fängt man auf wundersame Weise an zu kartieren“, sagt Sascha Reller. Die Bewohner hätten bereits, nachdem die Unterlagen eingereicht worden seien, einen Biologen auf dem Gelände getroffen. „Er sagte, er habe den Auftrag für Amprion zu kartieren“, erinnert sich Ansgar Klein. „Das stärkt unsere Meinung, dass vorher nie kartiert worden ist.“ Auf Nachfrage beim Netzbetreiber, dem Planungsbüro und der Bezirksregierung habe die Initiative allerdings keine zufriedenstellende Antwort bekommen. „Die bessern still nach.“
Was plant Amprion konkret?
Um (Wind-)Strom aus dem Norden in den Süden zu transportieren, braucht es Trassen. Der Netzbetreiber Amprion möchte eine mehr als 126 Kilometer lange Höchstspannungsleitung von Kruckel bei Dortmund nach Dauersberg hinter Betzdorf bauen. Fünf Abschnitte sind dafür angedacht. Kreuztal ist vom „Abschnitt C“ betroffen. Dieser verläuft 37 Kilometer von Attendorn nach Olpe, von der Krombacher Höhe an Eichen und Fellinghausen vorbei ins Heestal (zum geplanten Umspannwerk), zwischen Meiswinkel und Langenholdinghausen, zwischen Alchen und Seelbach, zwischen Oberschelden und Oberfischbach hinunter an die Landesgrenze.
Zwar möchte die Firma dafür auf vorhandene Trassen – wie in Junkernhees – zurückgreifen und weniger Masten einsetzen. Allerdings sollen die neuen Masten höher werden. Im Heestal hieße das: Statt rund 30 Meter wären die Masten 81,5 Meter hoch, sagt Sascha Reller von der Initiative.
Und nun? Wie geht’s weiter?
„Die Unterlagen hätten nie so ausgelegt werden dürfen“, resümiert Klein. Eine 111-seitige Stellungnahme habe der Anwalt verfasst. „Das Umspannwerk verschandelt alles“, sagt auch Falk Heinrichs. Der Landtagsabgeordnete Gordan Dudas will helfen. Er rät der Initiative ,ein Petitionsverfahren zu starten und will einen Fragenkatalog bei der Bezirksregierung einreichen.
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