Siegen. . Nach der Durststrecke durch die Sanierung des Campus Adolf-Reichwein-Straße plant Detlef Rujanski Wohnheime und Kita in der Siegener Innenstadt.
Ab 2020 beginnt die Zwei-Standort-Strategie der Universität Siegen zu greifen, die Durststrecke durch die Sanierung des Adolf-Reichwein-Campus (AR) muss das Studierendenwerk bis dahin überstehen. Der Jahresüberschuss, knapp 1,5 Millionen Euro, wird komplett in die Rücklage gesteckt um gerüstet zu sein für anstehende Großprojekte wie den Umzug zweier weiterer Uni-Fakultäten in die Siegener Innenstadt. Nach der Schließung von Einrichtungen und Personalabbau kann der Betrieb dann in vollem Umfang wieder hochgefahren werden. Sogar mehr als das.
Wohnen
Den Bauantrag für das geplante Wohnheim mit 128 Plätzen auf dem Haardter Berg will das Studierendenwerk im Juli stellen. Ihm gehört dort eine Fläche, auf der langfristig der zum „Science Campus“ erweiterte Standort entwickelt wird. 940 Plätze – zu mehr als 99 Prozent ausgelastet – kann das Studierendenwerk derzeit anbieten, mit den 128 zusätzlichen (insgesamt 1070) erhöht sich die Versorgungsquote auf 5,5 Prozent (NRW-Durchschnitt: 6,5 %). Geschäftsführer Detlef Rujanski rechnet damit, dass Ende des Jahres die Genehmigung vorliegt, die Bauarbeiten sollen zum Sommer 2020 abgeschlossen sein. Aufgrund des Baubooms sind Kosten von 15 Millionen Euro veranschlagt.
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Langfristig geht die Uni von 15 000 Studierenden aus, statistisch besteht bei zehn Prozent davon Bedarf nach Wohnheimsplätzen, die nach wie vor stark nachgefragt seien, gerade das all-inclusive-Modell. 1350 Plätze ist die Zielgröße des Siegener Studierendenwerks. Für die Differenz von rund 300 fehlenden Plätzen ist das Studierendenwerk nun auf der Suche nach geeigneten Objekten im Innenstadtbereich: Die Uni will in die Gebiete Häutebachweg/Löhrtor und vordere Friedrichstraße (wir berichteten) ziehen – „das Studierendenwerk folgt den Studierenden“, bekräftigt Rujanski.
Auch wenn die Entwicklung geeigneter Immobilien im Zentrum in der Vergangenheit erfolglos blieb – „Schimmelhochhaus“ und Parkhotel als Wohnheime wurden von der Kommunalpolitik verhindert – werde man weiter im Zentrum suchen und planen, um campusnahen und bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können, bekräftigt Rujanski. „Es hat immer dann gut funktioniert, wenn wir uns mit privaten Eigentümern einig geworden sind“, sagt Rujanski. Eine Art Spezialisierung habe sich das Studierendenwerk in der Herrichtung ausgedienter Zweckimmobilien erworben: Beim ehemaligen Obdachlosenheim am Nordstern oder beim Kreisalten- nebst Schwesternwohnheim am Tiergarten etwa.
Personal
Für weniger Gastronomiebetriebe wird weniger Personal benötigt. „Den Abbau konnten wir ohne betriebsbedingte Kündigungen stemmen“, sagt Rujanski, der in Zeiten des Fachkräftemangels darauf achten muss, dass der Betrieb ab 2020 wieder verstärkt anlaufen wird: Dann wird die Essensversorgung am AR wieder auf den Stand vor der Sanierung hochgefahren – und die Mensa am Campus Unteres Schloss nimmt den Betrieb auf. Im Zentrum werden dann 30 Vollzeitstellen, etwa 50 Beschäftigte, benötigt – zusätzlich zum „alten“ Personalstand. „Wir sind froh, dass wir in dieser schwierigen Branche Stellen schaffen können“, so Rujanski.
Kinderbetreuung
Bei bis zu 10 000 Studierenden im Zentrum benötigt es auch eine Möglichkeit zur Kinderbetreuung – die Kita des Studierendenwerks am Haardter Berg mit 70 Plätzen ist voll belegt. „Die Siegener Kita-Landschaft ist in Bewegung“, stellt Rujanski fest. Auch hier folge man den Studierenden, im Rahmen des Uni-Masterplans brauche es einen neuen Kita-Standort. man sei mit der Stadt in Gesprächen über einen Neubau in der Innenstadt.
Gastronomie
Durch die Sanierung des Adolf-Reichwein-Campus’ (AR) musste das Studierendenwerk deutliche Umsatzverluste (minus 16,3 Prozent) hinnehmen. Bistro und Restaurant Ars Mundi fielen komplett weg, in den Übergangslösungen für Mensa und Cafeteria stehen deutlich weniger Plätze zur Verfügung. Zudem wirkte sich der Umzug der Fakultät III ins Zentrum erstmals voll auf die Bilanz aus. Für 2018 wird erwartet, dass die Einschränkung durch die Bauarbeiten noch stärker ins Kontor schlägt.
Weniger Bafög-Anträge
Immer weniger Studierende bekommen Bafög: Weil die Eltern zu gut verdienen und die Einkommen die Bedarfssätze überschreiten.
Um 12 Prozent ist die Zahl der Antragsteller auf ein zinsfreies Studiendarlehen in 2017 gesunken, für 2018 wird mit bestenfalls stagnierenden Zahlen gerechnet.
„Wir brauchen dynamische Grenzsätze“, so Detlef Rujanski, „sonst erreicht das Geld nicht die, die es brauchen.“ Die Darlehenskasse der Studierendenwerke gewährt zinslose Darlehen von bis zu 12 000 Euro jährlich.
Damit hatte die Geschäftsführung gerechnet und entsprechend kalkuliert. Um die Mindereinnahmen zu kompensieren, wurde bei den Instandhaltungsmaßnahmen für die Wohnheime rund eine Million Euro gespart. „Die gute Substanz bleibt erhalten, diese Investitionen werden nach der Durststrecke wieder hochgefahren“, betont Heiko Thimm, studentischer Verwaltungsratsvorsitzender. Es gebe keinerlei Sanierungsstau, die Mittel aus dem Konjunkturpaket zwei seien gut genutzt worden, sagt Rujanski.
Um im Zentrum Essen anbieten zu können, fährt derzeit ein Shuttlebus zwischen Unterem Schloss und Emmy-Noether-Campus zur dortigen Mensa hin und her. Ab September stellt das Studierendenwerk zwei Imbisswagen hinter der Bibliothek am Schloss auf, quasi als „Notversorgung“.
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