Siegerland. . Die Evangelische Kirche im Siegerland will mit dem Konzept gesellschaftliche Veränderungen begleiten und auf eigene Probleme reagieren.
„Die Fragmentierung der Gesellschaft nimmt zu. Einzelne und Gruppen igeln sich ein und sind zunehmend nicht mehr in der Lage, andere Sichtweisen zu akzeptieren.“ Diesem von Synodalassessor Pfarrer Rolf Fersterra beschriebenem Trend will sich der Ev. Kirchenkreis Siegen entgegenstellen.
Währenddessen kämpft die Kirche mit ihren eigenen Problemen: Pro Jahr verliert der Kirchenkreis 2000 Gemeindeglieder – demografischer Wandel und unverändert viele Kirchenaustritte. Die Zahl der Pfarrer nimmt ab, viele Stellen können nicht wiederbesetzt werden. Kirche muss sich anpassen. Die Kreissynode hat die Konzeption „Solidarität in Vielfalt“ beschlossen, die den Gemeinden und kirchlichen Akteuren als Handreichung dienen soll, sich dem gesellschaftlichen und kirchlichen Wandel zu stellen und ihn zu gestalten. Die Synodalen waren im Vorfeld aufgerufen, Themen und Aspekte dazu zu benennen.
Vision
Der Fokus, so Fersterra, liege auf der derzeitigen Lage und den Herausforderungen. „Jahrzehntelanger gesellschaftlicher Konsens wird infrage gestellt, keiner weiß, wohin sich die Gesellschaft entwickeln wird.“ Die Konzeption gebe keine definitiven Festlegungen vor, bei denen jeder Punkt umgesetzt werden müsse, sondern betone die Vielfalt der kirchlichen Arbeit in einem Veränderungsprozess, konkrete Schritte ergäben sich dabei. „Eine solidarische Vision des Umbruchs und von Kirche“, so Fersterra. Herausforderungen wolle man gemeinsam angehen, Kirche zukunftsfähig machen. Ohnehin sei der Kirchenkreis in der Vergangenheit stark zusammengewachsen, es gebe mehr wechselseitige Wahrnehmung und Unterstützung.
Kirche in den sozialen Medien
Auch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit will der Kirchenkreis seine Arbeit intensivieren: Karlfried Petri, der in einem Jahr pensioniert wird, bekommt für den Bereich soziale Medien Unterstützung von Jugendreferentin Miriam Müller-Schewtschuk.
„Wir haben derzeit nicht genug Kapazität“, so Peter-Thomas Stuberg, „junge Menschen erreichen wir kaum über unsere Printmedien, Homepages oder Flyer.“ Funkstille mit der heranwachsenden Generation könne man sich nicht leisten.
Den gesellschaftlichen Kontext nehme die Konzeption allerdings nicht weitreichend genug auf, kritisierte Ute Waffenschmidt-Leng (Martinikirche Siegen): „Wenn Gesellschaft sich verändert, müssen wir darauf eingehen können.“
Nachwuchs
Mehrere Pfarrstellen sind vakant, die Zahl der Stellen hat sich in den vergangenen zwölf Jahren um fast 20 reduziert, bis 2015 kommen weitere zwölf dazu. „Die Zahl der Bewerbungen bei uns im Süden der Landeskirche ist sehr überschaubar“, stellte Superintendent Peter-Thomas Stuberg fest; die wenigen Interessenten würden schnell wieder abspringen. „Das Siegerland hat sehr zu Unrecht einen Image-Malus“, so der Superintendent, er höre diffuse Vorbehalte gegenüber der Region. Und hält dagegen: Das Siegerland biete „hohe Verbundenheit der Menschen zu unseren Gemeinden, das vielfältige kirchliche Leben, die reiche Unterstützung durch Ehrenamtliche, gute Infrastruktur, schöne Natur.“
Der Kirchenkreis will gegensteuern und für das Pfarramt im Siegerland werben, etwa indem Studierende der Theologie eingeladen werden. Außerdem vermittelt die Personalagentur der westfälischen Landeskirche Kontakt zu möglichen Kandidaten. Er dringe darauf, dass junge Pfarrer im Probedienst in den Kirchenkreis Siegen entsandt werden müssten, so Stuberg. Im Rahmen der Konzeption soll erarbeitet werden, ob und wie das Theologiestudium als solches interessanter werden könnte.
Immerhin, so Stuberg konnten die drängendsten Vakanzen mit „Bordmitteln“ abgemildert werden: Jeweils zu 50 Prozent helfen die Pfarrer Rolf Fersterra (Niederschelden) in Burbach, Roswitha Scheckel (Hilchenbach) in Ferndorf und Susana Riedel-Albrecht (Niederschelden) im Bethesda-Krankenhaus Freudenberg aus.
Die Synode stimmte dem Vorschlag zu, aus den nicht verbrauchten Pfarrstellenpauschalen der Vakanzen eine Rücklage zu bilden. Mit diesem Geld sollen Perspektiven für die seelsorgerliche Grundversorgung geschaffen werden, etwa durch den Gastdienst pensionierter Pfarrer, den Einsatz von Diakonen und Gemeindepädagogen oder die Einrichtung von Sonderpfarrstellen. Der Aufbau einer solchen Unterstützungs-Infrastruktur könne Pfarrstellen attraktiver machen. Als Grundstock für diese Rücklage stehen gut 225 000 Euro zur Verfügung.
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