Hilchenbach. . Öffnungszeiten werden ab 1. August „angepasst“. Politik dankt Reinhard Gämlich, der Ende Juli in Pension geht.

Wenn Stadtarchivar Reinhard Gämlich Pensionär ist, werden sich die Besucher des historischen Schatzes in der Wilhelmsburg nicht nur an seinen Nachfolger, sondern auch an veränderte Nutzungsbedingungen gewöhnen müssen: Die Stadt reduziert die Öffnungszeit der bisher ganztägig erreichbaren Einrichtung auf die Hälfte.

Fachbereichsleiter Hans-Jürgen Klein sprach im Schul- und Kulturausschuss von der „Schere“ zwischen Anforderungen und Möglichkeiten, die „immer weiter auseinander“ geht, und von der „mit Sicherheit nicht einfachen“ Lösung des sich daraus ergebenden Problems. Und stellte dann die Konsequenz dar: Der künftige Stadtarchivar Darius Schürmann, seit 2008 im Dienst der Stadt, soll nur die Hälfte seiner wöchentlichen Arbeitszeit für das Archiv aufwenden, „bis zu 70 Prozent“ könnten je nach Lage möglich werden.

Umgesetzt wird dies, indem die Öffnungszeiten von Archiv und Bücherei „angeglichen“ werden. 21 Stunden in der Woche muss die Bücherei geöffnet sein, damit die Stadt weiter Anspruch auf Fördermittel des Landes hat — und dieselben 21 Stunden ist ab 1. August auch das Archiv erreichbar: Am Vormittag nur noch mittwochs und freitags, sonst nur am Nachmittag, wobei am Mittwochnachmittag, wie im ganzen Rathaus, die Türen für das Publikum geschlossen bleiben.

„Archivar sein war schön“, sagt Reinhard Gämlich, der den Schul- und Kulturausschuss wohl zum letzten Mal durch das Archiv führt, das er und sein — einziger – Vorgänger aufgebaut haben: Der heute 96-jährige Friedrich Klein, der 1973 mit der Aufarbeitung der Dokumente im alten Rathaus an der Bruchstraße begann, und eben Reinhard Gämlich, der am 15. Mai 1985 die Aufgabe am neuen Standort im ehemaligen Amtsgericht in der Wilhelmsburg übernahm. Der 63-Jährige macht deutlich, dass das Archiv nicht beliebig geführt werden kann: „Das ist eine Pflichtaufgabe der Kommune.“ Die gewinnt übrigens gerade jetzt an Brisanz wo die Einwohnermeldeämter mit der Löschung digitaler Daten beginnen müssen, nachdem sie zur dauerhaften Archivierung den Archiven angeboten worden sind. Dort werden sie nach Ablauf der Schutzfristen — 110 Jahr nach der Geburt, 30 Jahre nach dem Sterbefall — wieder verfügbar sind.

Der Pensionär bleibt noch

Nicht nur elektronische Speichermedien können, wenn sie versagen, der Stadt ihr Gedächtnis rauben. Im Archivkeller verrät Gämlich, gegen was außer Säure und Feuer (nach dem Löschen hilft vor allem Einfrieren) er die Dokumente verteidigt: die Kellerassel – „hat bei uns keine Chance“. Und das Papiertierchen. Das, so Gämlich reist mit in China hergestelltem Toilettenpapier an, „ist hier aber noch nicht aufgefallen.“

Im Ratssaal verabschieden ihn Ausschussvorsitzender Andreas Bolduan (UWG) und stellvertretender Bürgermeister Olaf Kemper (CDU) mit Dankesworten und einem Präsentkorb. Etwas zu früh: Denn Reinhard Gämlich bleibt noch als Pensionär und Minijobber — frühestens Mitte Januar kann Darius Schürmann, der noch einen Lehrgang zu absolvieren hat, die neue Aufgabe übernehmen.

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