Hilchenbach. . Weil er den Weg in die Diktatur geebnet habe, möchte ein Hilchenbacher eine nach Hindenburg benannte Straße umtaufen lassen. Münster als Vorbild.

Hilchenbachs CDU-Ehrenvorsitzender Wolfgang Ruth gibt nicht klein bei — er will einen anderen Namen für die Hindenburgstraße. „Meiner Meinung nach kann man nicht sagen ‘Krieg ist schlimm’ und dann darüber hinwegsehen, dass man ausgerechnet den Mann ehrt, der Adolf Hitler damals an die Macht brachte.“

Am 29. August 2012 hatte der Hauptausschuss das Ansinnen des früheren CDU-Fraktionschefs erstmals abschlägig beschieden — allerdings ohne Diskussion, nachdem sich die Spitzen von Rat und Verwaltung im geheim tagenden Ältestenrat auf dieses Vorgehen verständigt hatten.

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CDU-Ehrenvorsitzender möchte Hindenburgstraße umbenennen lassen

Sechs Jahre später hat Ruth nachgelegt. Die Folgen der Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten „waren auch für Hilchenbach fatal“: 499 Männer aus Hilchenbach und dem Amt Keppel starben als Soldaten im Zweiten Weltkrieg, 85 Soldaten sind auf den Hilchenbacher Friedhöfen und am Ehrenmal in Müsen beigesetzt, zwölf Hilchenbacher Juden wurden in Konzentrationslagern ermordet, sechs Fremd- beziehungsweise Zwangsarbeiter sind auf dem Dahlbrucher Friedhof beigesetzt, sieben nach Kriegsende ermordete sowjetische Soldaten haben ihre Gräber auf dem Friedhof in Ruckersfeld.

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Die damals vermiedene öffentliche Debatte soll es auch 2018 nicht geben. Er werde „das Thema nicht nochmals in den Hauptausschuss bringen“, ließ Bürgermeister Holger Menzel den CDU-Politiker wissen. Der lässt das nicht auf sich beruhen und hat sich nun an den Landrat als Chef der Kommunalaufsicht mit der Frage gewandt, ob diese Entscheidung des Bürgermeisters „sachgerecht“ sei.

Schrifttafel weist auf umstrittene Rolle Hindenburgs hin

Tatsächlich regelt die Hauptsatzung der Stadt, dass zu Eingaben von Bürgern entweder der Bürgermeister oder ein Fachausschuss Stellung nehmen, danach aber der Hauptausschuss entscheidet. Fristen, innerhalb derer dasselbe Anliegen kein weiteres Mal vorgetragen werden kann, werden nicht genannt.

Zweifel, dass auch die Stadt Hilchenbach den ehemaligen Reichspräsidenten für einen Mittäter hält, ließ der Hauptausschuss schon 2012 nicht aufkommen. Damals beschloss er nicht nur, „auf die Behandlung der Thematik ‘Hindenburg’ im Rahmen des Geschichtsunterrichts der Hilchenbacher Schulen hinzuwirken.“ Bestellt wurde auch eine Schrifttafel, um darauf auf die „umstrittene Rolle Hindenburgs bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten hinzuweisen“.

In Münster wurde der Hindenburgplatz in Schlossplatz umgetauft

Der Text stellt fest, dass Hindenburg „als Sieger der Schlacht von Tanneberg“ zum „nationalen Mythos“ geworden sei. „Mit der von ihm erlassenen verfassungsmäßig zweifelhaften Reichstagsbrandverordnung“ habe er den „Weg in die nationalsozialistische Diktatur“ geebnet. Das genüge „natürlich nicht“, sagt Wolfgang Ruth, der sich eher eine Entscheidung wie in Münster wünscht, wo der Hindenburgplatz 2012 in Schlossplatz umbenannt wurde — ein Beschluss, der dann auch noch durch einen Bürgerentscheid bestätigt wurde. Abgesehen davon, so Ruth: Das Schild sei klein, kaum lesbar und demnächst auch verwittert.

Mit Interesse dürfte Ruth die in Siegen begonnene Diskussion über den früheren Bürgermeister Alfred Fißmer verfolgen: Die Verwaltung lässt in ihrer Vorlage Wissenschaftler zu Wort kommen, die die „Ehrung“ durch einen Straßennamen stets auf die „Gesamtpersönlichkeit“ bezogen sehen – und in der Benennung „den Erinnerungswunsch an die den Namen verleihenden Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt“, im Hilchenbacher Fall also an Hindenburg und die Nazis von 1933.

Vorschlag für neuen Namen: Paul-Benfer-Straße

Wie 2012 schlägt Wolfgang Ruth die Umbenennung in Paul-Benfer-Straße vor. Paul Benfer, seit 1935 Lehrer an der evangelischen Volksschule in Allenbach, begann 1938/39 mit einem Aufruf an die Bürger, alte Haus- und Handwerksgeräte abzugeben. Daraus entstand die Sammlung des Schul- und Heimatmuseums in Allenbach, die später einen Grundstock für das Stadtmuseum in der Wilhelmsburg bildete.

„Benfer hat sich durch seinen Einsatz für Hilchenbach verdient gemacht, im Gegensatz zu Hindenburg“, so Ruth. Bender wohnte in der Hindenburgstraße. Die hieß übrigens bis zum 27. April 1933 Bahnhofstraße. An diesem Tag wurde, ebenfalls auf Antrag der NSDAP-Fraktion, auch die heutige Herrenwiese in „Adolf-Hitler-Straße“ umbenannt.

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