Hilchenbach/Siegen. . Festivalleiter Jens von Heyden blickt zurück und in die Zukunft. Über Bananen und die digitale Zukunft, freie Plätze und die Fantastischen 4
Jens von Heyden hat sein erstes Kultur Pur geleitet — und macht einen zufrieden-entspannten Eindruck: „Es hat alles gepasst.“
Der Rückblick
Das hat dem neuen Festivalleiter besonders gut gefallen:
Der Sonntagabend mit dem Doppel-Auftritt von Philharmonie und Klaus Doldingers Passport — der 82-jährige Grandseigneur habe sich im Rothaargebirge zu Hause gefühlt: „So schön wie in Oberbayern.“ Und dann danach Andrew Strong und Andreas Kümmert: „Eine Superstimmung.“
Willer Watz: „Ich war überrascht, wie harmonisch die Leute Party gemacht haben.“ Aufgefallen ist dem Festivalleiter auch, wie sich rund um die Zelttheater die Electronic-Rocker und die Fangemeinde von Max Giesinger begegneten: „Sehr unterschiedliche Klientelen – das hat uns gefreut, die Leute zusammenzubringen.“
Da war eher noch Luft nach oben:
Lena: „Wir hatten uns mehr erhofft.“ Sowohl von der Zuschauerzahl als auch von der Qualität des Konzerts, sagt Jens von Heyden.
Dass es am Sonntag, als es so voll wie noch nie war, zu Engpässen in der Versorgung gekommen sei, mag von Heyden nicht bestätigen. Er wisse nur von der Crêperie, der die Bananen ausgegangen seien. „Aber auch das haben die noch irgendwie hingekriegt.“
Dass bei einem Kleinkunst-Angebot wie mit dem Echsen-Puppenspieler Michael Hatzius Stühle leer blieben, nimmt Kultur Pur in Kauf: „Es ist nicht unser Anspruch, immer ausverkauft zu sein.“ Die Planer sehen sich vor der Wahl, die kleineren Shows, die nicht fürs große Zelt passen, entweder (zu) früh oder (zu) spät anzusetzen. Nebenbei: Den Spott über den Landrat und seine (Nicht-Mehr-)Feuerwehrdezernentin habe sich Hatzius aus der Zeitung besorgt, betont das Festivalteam – da habe es keine Zuträger aus dem Haus gegeben.
Der Verkehr: „Die Baustelle ließ sich nicht verhindern“, sagt Jens von Heyden, „aber es ist nicht so schlimm gelaufen, wie wir befürchtet haben.“ Die meisten Zuschauer hätten die Veranstaltungen pünktlich erreicht. Dass es einmal nicht geklappt hat, lag nicht am Stau vor der Kronprinzeneiche, sondern an einem Defekt am Bus.
Der Ausblick
Wer nächstes Jahr kommt, verrät Jens von Heyden nicht. Wünsche? „Botanica“ von der amerikanischen Tanz-Company Momix würde er gern mal auf dem Giller zeigen: „Ein wunderschönes, sehr aufwändiges Tanztheater.“ Und über ein Gastspiel der Fantastischen 4 würde er sich freuen. Wenn’s denn in Budgets und Tour-Pläne passt.
In der Statistik ziemlich weit oben
58 000 Gäste waren bei Kultur Pur 28. Mehr waren es nur 2017 (68 000), 2009 (61 000) und bei den XL-Jubiläen 2015 (61 000) und 2010 (74 000).
„Kultur Pur ist eine Plattform für Talente aus der Region.“ Jens von Heyden nennt Lucie Licht oder Bernward Koch, Blue-Box-Projekte wie die „Funkstille“ und MoMu-Unternehmungen wie „Young Stage“. Manches, was auf dem Giller beginnt, findet im Alltag seine Fortsetzung — „Frisch gestrichen“ bei der Jugendmusikschule zum Beispiel. Umgekehrt hat das Team viele Ohren an der Szene, vom Vortex bis zum Wolkenkuckucksheim. „In diesem Bereich ist das Geschäft sehr schnelllebig.“
Alle reden über Digitalisierung — Kultur Pur natürlich auch. Das betrifft die Präsentation, die Kommunikation, den Kernbereich künstlerischer Inhalte. Digitalisierung kann dazu führen, dass der Markt der Anbieter sich konzentriert und manche Angebote gar nicht mehr sichtbar werden. „Darauf gibt es keine fertigen Antworten — das macht die Sache spannend.“ Jens von Heyden hat trotzdem Fragen: „Wie werden die Leute in 20 Jahren Kultur annehmen? Gibt es dann überhaupt noch Bühnen?“ Kultur, sagt Jens von Heyden, ermöglicht Begegnungen von Menschen außerhalb ihrer üblichen Kreise und Filterblasen. „Kultur Pur ist dafür ein Paradebeispiel. Und deswegen glaube ich weiter daran.“
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