Siegen. . Laut Jahresbilanz der Zentrale ist die Anzahl der Ratsuchenden gesunken. Die Tricks der Kriminellen werden aber zunehmend dreister.

Die Verbraucherzentrale Siegen hat ihre aktuelle Jahresbilanz herausgegeben: 6909 Anfragen von Ratsuchenden gab es 2017 – das sind 1800 weniger als im Vorjahr. Vor allem Fragen rund um Dienstleistungen, Telefon/Internet sowie Energie haben die Klienten beschäftigt.

1. Max verlässt das Haus – woran er nicht denkt, ist sein Schlüssel. Max hat niemanden in der Umgebung, der ihm einen Ersatzschlüssel bringen kann. Also muss der Schlüsseldienst her. Es dauert nicht lang und Max kann wieder rein. Doch die Firma verlangt knapp 1000 Euro. Max wird unter Druck gesetzt; er soll sofort zahlen und tut es auch. Muss das sein?

Nein, sagt Astrid Sturm von der Verbraucherzentrale Siegen. Beschwerden über unseriöse und überteuerte Schlüsseldienste gehörten im vergangenen Jahr zu den Dauerbrennern. Gemeinsam mit ihren Kollegen hat sie viele Verbraucher beraten und geprüft, ob unerlaubte Zuschläge oder nicht abgesprochene Leistungen berechnet worden sind. „77,86 Euro am Tag oder 133,13 Euro in der Nacht sind normal für einen Schlüsseldienst“, sagt Goetze. Ihr Tipp: „Man sollte sich am besten die Nummer von einem seriösen Anbieter in die Klappe am Briefkasten kleben.“

2. Elisabeth engagiert sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Nun hat sich eine Familie an sie gewandt, der Zahlungsmahnungen ins Haus flattern. Ein Inkassounternehmen fordert Geld – die Forderungen werden immer massiver. Was ist passiert? Die Familie ist im Internet auf „Sofortkredite ohne Schufa-Auskunft“ gestoßen – und hat zugeschlagen. Elisabeth fühlt sich überfordert und gemeinsam geht sie mit der Familie zur Verbraucherzentrale.

Flüchtlinge seien angekommen und würden nun mit klassischen Verbraucherthemen konfrontiert, sagt Goetze. Zwei bis drei Anfragen aus dieser Zielgruppe habe die Zentrale 2017 pro Woche erhalten. Rund 70 Prozent davon drehten sich um die Sofortkredite. „Das wirkte sehr ansprechend. Die Geflüchteten kennen Girokonten aus ihrer Heimat nicht und kriegen keinen Kredit bei der Bank.“ Kreditvermittler würden dies ausnutzen und den Betroffenen Kreditkarten besorgen. Internetabzocke nennt Goetze das. In solchen Fällen hilft sie dabei, Verträge zu prüfen und Widerspruch einzulegen.

Den Kontakt zu Multiplikatoren hat die Zentrale im vergangenen Jahr ausgebaut. „Wir verstehen uns auch als Drehscheibe“, sagt Leiter Julian Sturm. Er und seine Kolleginnen versuchen stets schnell Ansprechpartner zu vermitteln, wenn sie nicht selbst einschreiten können.

3. Dieter geht ans Telefon. Die TV-Umstellung von analog auf digital steht an. Jemand empfiehlt ihm, einen Neuvertrag abzuschließen – sonst bliebe sein Fernseher dunkel. Angst wird geschürt. Dieter geht auf den Deal ein.

Fazit der Zentrale: Das ist unnötig! Direktvertrieb am Telefon oder an der Haustür: Auch diese Masche sei immer wieder Thema gewesen, sagt Goetze. Oft gehe es um Strom- und Gasverträge oder Firmen würden Dritte beauftragen, Kunden abzufangen. „Wir haben Beschwerden gesammelt“, sagt Goetz. „Wir haben als Zentrale die Möglichkeit, Unternehmen gerichtlich zu belangen.“

Dennoch: Die Anfragen sind zurückgegangen. Als möglichen Grund sieht Julian Sturm den großen Konkurrenzdruck aus dem Internet. Den Wert der persönlichen Beratung vor Ort möchte er deshalb 2018 besonders herausarbeiten und bietet mehrere Vorträge an. Verbraucher- und Datenschutz sowie der digitale Nachlass sind dabei Themenschwerpunkte.

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