Siegen-Wittgenstein. . 82 Geschwindigkeitsübertretungen und neun Fahrverbote bei Sondereinsatz am Wochenende. Probleme gibt es auch abseits der bekannten Strecken.
Die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein setzt die Sondereinsätze gegen Motorradraser fort. Bei einer großangelegten Kontrollaktion – der zweiten in diesem Jahr – waren am Sonntag 82 von 353 im Kreisgebiet kontrollierten Zweiradfahrern zu schnell unterwegs. Auf neun davon kommen mehrwöchige Fahrverbote und hohe Bußgelder zu. 17 müssen sich mit Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen auseinandersetzen, 56 kamen mit einem Verwarngeld davon. Der negative Spitzenreiter war mit 145 km/h unterwegs, wo 70 km/h erlaubt gewesen wären.
Die Fahrer
„Wir wollen Motorradfahrer auf keinen Fall verteufeln – das Gros fährt vernünftig“, betont Stefan Pusch, Leiter der Führungsstelle Verkehr bei der Kreispolizeibehörde. Es gebe aber auch einige so genannte High-Risk-Fahrer, die sich nicht an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten würden. Viele kommen von außerhalb. Manche würden sich über Whatsapp-Gruppen oder nicht öffentliche Internet-Foren absprechen. Dass die Polizei in Siegen-Wittgenstein jedes Jahr konsequent die Sondereinsätze durchführt, ist dabei bekannt, hält viele aber offensichtlich nicht ab. „Motorradfahren kann wie eine Droge sein“, sagt Pusch mit Verweis auf einen kürzlich erst besuchten Workshop zu möglichen Motiven der Raser. Tempo, Adrenalin, vielleicht auch der Reiz des Verbotenen geben den Kick.
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Die Kontrollen
Die Kreispolizeibehörde, erläutert Pusch, arbeitet mit sechs anderen Behörden im Netzwerk zusammen. Die Sondereinsätze sind aufeinander abgestimmt und finden zeitgleich in allen Bereichen statt – außer in Siegen-Wittgenstein beispielsweise auch in Olpe, im Hochsauerlandkreis oder im Gummersbacher Raum. In Gegenden mit großen Biker-Treffpunkten – etwa entlang der Bigge – sind dann auch Kollegen mit dem Motorrad unterwegs, um mit Fahrern ins Gespräch zu kommen und Präventionsarbeit zu leisten, sagt Pusch. In der heimischen Region gebe es solche ausgewiesenen Treffs aber eigentlich nicht, weshalb es hier bei den Kontrollen bleibt. An jeweils fünf Stationen kann gemessen werden, allerdings werden die Standorte im Lauf des Tages gewechselt, sodass es jeweils acht bis zehn Messstellen gibt. „Wir schaffen es natürlich nicht, an allen Strecken zu stehen“, räumt Pusch ein – dazu ist das Kreisgebiet zu groß und das Straßennetz zu weitläufig. Hinzukommt, dass Raser nicht mehr nur auf den bekannten Routen unterwegs sind (siehe Infobox), sondern auch auf Nebenstrecken.
Die Ergebnisse
Im Jahr 2017 verzeichnete die Kreispolizeibehörde 71 Unfälle mit verletzten Motorradfahrern. Zwei davon starben – das entspricht der Hälfte der Verkehrstoten in diesem Jahr. 53 Mal galt der Motorradfahrer als Unfallverursacher, das entspricht fast 75 Prozent der Fälle – zuvor lag die Quote tendenziell um die 50 Prozent, sagt der Experte. In diesem Jahr erlitten bereits sechs Motorradfahrer schwere Verletzungen. Pusch: „Und die Saison ist noch jung.“ Was in diesem Jahr bisher aufgefallen sei, sei eine Altersverschiebung: Seien es sonst immer eher jüngere Leute im Alter von 20 bis 35 Jahren gewesen, die wegen überhöhter Geschwindigkeit auffielen, sei zuletzt der Anteil der 40- bis 55-Jährigen gestiegen. Ob sich darin eine längerfristige Entwicklung abzeichne, bleibe aber noch abzuwarten.
Die Risiken
Motorradunfälle hätten keineswegs gezwungenermaßen immer mit Rasen zu tun, erklärt Pusch. Während High-Risk-Fahrer oft eher allein unterwegs seien, komme es auch immer wieder zu Unfällen von Fahrern, die in größeren Gruppen unterwegs sind – etwa aus dem Ruhrgebiet oder den Niederlanden. Die Strecken im Kreisgebiet seien durchaus anspruchsvoll, und bei Übermüdung, Anstrengung oder mangelnder Übung könne es zu Fahrfehlern kommen.
Die Folgen
Gemessen an der Gesamtzahl derer, die zu schnell unterwegs sind, kommen natürlich erstaunlich viele unbeschadet durch. Das sei aber kein Grund für notorische Zu-schnell-Fahrer, sich in Sicherheit zu wiegen, wie Pusch unterstreicht, denn wenn es zum Unfall komme, seien die Folgen fatal – und das nicht nur für die unmittelbaren Opfer, ihre Angehörigen und Freunde. Zeugen von Motorradunfällen und Ersthelfer seien oft „nach Monaten noch traumatisiert“ – auch darunter wiederum könnten ganze Familien leiden. Pusch: „Es heißt, jedes Opfer bringt 100 weitere Opfer mit sich.“
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