Siegen. . Siegen setzt bei Gestaltung von Grünflächen und Pflanzkübeln zunehmend auf Wildblumenmischungen. Das hat diverse Vorteile für Mensch und Natur.

Die Stadt will’s wohlig wild. Bei der Gestaltung von Grünflächen greift die Verwaltung immer häufiger auf Wildblumenmischungen zurück. Ökologisch, arbeitsökonomisch und optisch bietet das Vorteile – sofern die Pflanzen so wollen, wie die Planer sich das wünschen.

Wozu sind Wildblumenwiesen gut?

„Es geht um den Erhalt von Vielfalt“, sagt Nina Fischer, bei der Stadt zuständig für die Grünflächenplanung. Die meisten Wiesen würden regelmäßig gemäht, darum stünden vielerorts keine ganzjährig blühenden Flächen für Insekten zur Verfügung. Je geringer die Pflanzenvielfalt, desto eingeschränkter ist aber die Nahrungsvielfalt – und von der hängen Insekten- und Tierarten ab. „Das Bewusstsein dafür entwickelt sich“, sagt Fischer. Fachleuten seien die Zusammenhänge schon länger bewusst, inzwischen setze sich die Einsicht aber zunehmend in der Öffentlichkeit durch, weil Themen wie Artensterben und Risiken von Monokulturen häufiger in den Medien präsent seien: „Vor zehn Jahren war das noch nicht so.“

Wie viele Wildblumenwiesen hat die Stadt bisher angelegt?

„Wir fangen gerade an, das zusammenzutragen und aufzulisten“, sagt Fischer. Beispiele für größere Flächen gebe es an der Siegtalstraße in Eiserfeld – Richtung Niederschelden – oder an der Skateranalge am Goldammerweg, wo Areale nach der Entsiegelung entsprechend umgestaltet wurden; außerdem an der Weidenauer Straße und an der Heeserstraße. Es sind aber nicht immer nur ehemalige Rasenflächen, in die Wildblumenmischungen ausgesät oder Wildstauden eingesetzt würden – sondern auch Kreisel wie der in der Eiserfelder Mitte oder in der Bismarkstraße. Auch eine Nummer kleiner, etwa bei Pflanzkübeln oder Blumenkästen, kommen die Mischungen zum Einsatz. „Trittsteinbiotope“ ist der Fachbegriff, „sie sind innerorts sehr wichtig“, betont die Expertin. Sehr kleine Insekten fänden dort dauerhaften Lebensraum. Für Arten, die sich über weitere Distanzen bewegen, seien diese Punkte als Nahrungsquellen unterwegs unerlässlich. „Wir schauen bei jeder Pflanzung, dass wir nicht nur einen optischen, sondern auch einen ökologischen Nutzen haben.“

Einfach aussähen – und der Rest läuft von allein?

Auch, wenn der Begriff „Wildblumenwiese“ danach klingt: So einfach ist es nicht. Die Mischung muss zu Boden und Umfeld passen. „Wir müssen genau gucken: Ist der Standort mager, feucht, fett? Danach müssen wir die Mischung gezielt auswählen“, erläutert Fischer. Ob und wie gut die Planung aufgeht, „können wir aber nie exakt voraussagen: Wir arbeiten mit Pflanzen, und die sind Individuen“. Wie gut eine Art das Mikroklima an einer bestimmten Stelle verträgt und wie sie darauf reagiert, zeigt sich erst im Praxistest. Da die Mischungen aber viele Arten enthalten, ist es nicht so dramatisch, wenn eine davon nicht zum Zuge kommt – weil die Vielfalt dennoch gewährleistet bleibt.

Wie hoch ist der Pflegeaufwand?

Anders als bei sonstigen Wiesen, die ungemäht nach kurzer Zeit unordentlich wirken können, müssen Wildblumenwiesen nur ein bis zwei Mal pro Jahr gemäht werden. Wuchernde Grasflächen würden eher als Wildwuchs empfunden, aber „blühende Wiesen nehmen die Bürger als schön wahr“, sagt Fischer. Mähen während der Blütezeit – von Juni bis Oktober – sei bei Wildblumenwiesen völlig kontraproduktiv. Denn während etwa Gräser sich über Wurzeln verbreiten, seien Wildblumen auf Blüten angewiesen; und seien die abgeschnitten, kämen oft keine neuen nach.

Welche Eingriffe sind außer Mähen nötig?

Je nach Mischung sei nach spätestens zwei bis drei Jahren ein erneutes Durchfräsen der Fläche und eine neue Aussaat erforderlich. Oft blühen die Wiesen im ersten und zweiten Jahr, dann erobern Gräser das Areal zurück.

Finden diese Ansätze auch in Anlagen wie dem Schlosspark Anwendung?

„Auch im Schlosspark gibt es einige Bereiche, in denen wir weniger gärtnern“, erklärt Fischer. Auf den Liegewiesen sei regelmäßiges Mähen notwendig, aber in allen anderen Abschnitten „schauen wir, dass immer etwas für Insekten dabei ist“. Wichtig sei vor allem die Anpflanzung so genannter nicht gefüllter Arten, bei denen die Blüten soweit aufgefächert sind, dass Insekten ohne Probleme an die Pollen gelangen. Bei gefüllten Blüten – wie sie etwa hochgezüchtete Rosen haben – gibt es hingegen so viele und so dicht gedrängte Blütenblätter, dass nur wenige Tiere hineinkommen können.

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