Netphen. . Stadt hat „Riesen-Nachholbedarf“ erkannt. Ergebnisse aus IKEK-Rundgängen und Synergien nutzen. Schwerpunkte: Kernort und Dreis-Tiefenbach.

Die Verwaltung der Stadt Netphen hat ein Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept erarbeitet (ISEK) – mit dem sich nun der Stadtentwicklungsausschuss befasst hat. „Ziel ist die Fortschreibung für das IKEK“, sagte Marlene Krippendorf, Leiterin des Bereichs Stadtplanung. IKEK, das Integrierte kommunale Entwicklungskonzept, wurde unter Bürgerbeteiligung erarbeitet und Mitte 2017 offiziell anerkannt. Dabei geht es schwerpunktmäßig um die Gestaltung der Dörfer.

IKEK hat die Verwaltung nun genutzt, erweitert und daraus das neue Konzept erstellt, um „gut aufgestellt zu sein für künftige Fördermittel“, so Krippendorf. „Es handelt sich um einen Rundumschlag.“ Der Schwerpunkt liege auf den Kernorten Netphen und Dreis-Tiefenbach. Diskussionen in den 21 Ortsteilen hätten gezeigt, dass dort besonderer Handlungsbedarf bestehe.

Kosten und Ablauf

Mit wenig Geld habe die Verwaltung das Konzept auf die Beine gestellt – 2000 Euro stehen in der Vorlage, 1400 Euro seien es schlussendlich geworden. „Aufbauend auf der durchgeführten Beteiligung im Rahmen des IKEK mit den Ortsbürgermeistern sowie weiteren engagierten Akteuren aller Ortsteile wurde das ISEK mit seinen Themen und Handlungsfeldern im Rahmen des Netpher Dialogs und der Initiative Netpherland spezifiziert“, heißt es in der Vorlage. Der Lenkungskreis des IKEK soll auch die Umsetzung des neuen Konzepts vorantreiben.

30 Projekte sind bisher in dem Fahrplan verankert – weitere Ideen können jedoch jederzeit eingearbeitet werden. Finanzielle Mittel werden maßnahmenbezogen in die Haushaltsplanung eingestellt: je nach Priorisierung und den finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Der Prozess soll regelmäßig überprüft und das Konzept fortgeschrieben werden. Der IKEK-Fördertopf hingegen sei gesichert und werde separat gehandhabt. „Das sind verschiedene Veranschlagungsmöglichkeiten“, so Baudezernent Erwin Rahrbach.

Handlungsfelder und Ideen

1. Den öffentlichen Raum aufwerten: Ziel ist es, die Lebensqualität zu verbessern. Es sollen unter anderem lebendige Ortsmitten und gute Wegeverbindungen geschaffen werden. Beispielprojekt: „Bauliche Attraktivierung des Areals des EKZ Nepthen“. Träger: Stadt Netphen. Idee: Rückbau von Parkplätzen und Gestaltung des öffentlichen Raums. Kosten: eine Million Euro. Laufzeit: 2022 bis 2024.

2. Die Stärkung und Entwicklung des Einzelhandels: „Es braucht einen konstanten Kümmerer, der durch Vor-Ort-Präsenz das Zentrenmanagement übernehmen kann“, heißt es in dem Entwurf. Die Wiederbelebung soll koordiniert werden. Beispielprojekt: Einrichtung eines Zentrenmanagements für das EKZ. Förderfähige Kosten: 300 000 Euro. Laufzeit: 2018 bis 2022.

Aufwerten und Missstände beseitigen

In dem Entwurf sind Stärken und Schwächen der betroffenen Gebiete aufgelistet. Beide Bereiche seien durch den großflächigen Mietwohnungsbau in den 70er und 80er Jahren gekennzeichnet.

Kernort Netphen

Im Kernort leben derzeit 6118 Menschen – das sind 25 Prozent der Einwohner von Netphen, schreibt die Verwaltung (Stand 12/2017). Die schlechte Bausubstanz in dem Gebiet dominiere und die Sieg komme nicht zur Geltung. Attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten in der Stadtmitte fehlten, das Außengelände sowie die Anlagen am Sportpark seien in die Jahre gekommen. Auch die Versorgung mit öffentlichem WLAN sei schlecht. Die Stärke liege in der „naturräumlichen Eingebundenheit“.

Dreis-Tiefenbach

Zweitgrößter Ortsteil ist Dreis-Tiefenbach mit 5278 Menschen. 62 Hektar gewerbliche Bauflächen gibt es dort. Die B62 präge das Erscheinungsbild, die dichte Bebauung schränke die Entwicklung ein. „Ein Augenmerk ist auf die Sozialstruktur im Quartier Heckersberg zu richten“, heißt es. Der prozentuale Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund sei dort sehr hoch. Vorrangiges Ziel: Aufwertung der öffentlichen Räume und Missstände beseitigen.

3. Stärkung der Quartiere: Das soll durch den Erhalt bestehender und die Schaffung neuer Angebote für alle Generationen erfolgen – um den Zusammenhalt zu stärken. Besonders sollen Initiativen gefördert werden, „die sich auf den Weg machen, gemeinschaftliche Wohnprojekte zu initiieren“. Beispielprojekt: Schaffung eines Ortsteilbüros in Dreis-Tiefenbach sowie eines Verfügungsfonds. Ziel: Entwicklung des Quartiers Heckersberg. Kosten: 300 000 Euro pro Jahr. Laufzeit: 2020 bis 2025.

4. Digitalisierung und Breitbandversorgung vorantreiben: Unter anderem öffentliche Plätze, Haltestellen und Kulturstätten rücken hier in den Fokus.

Meinungen

Rüdiger Bradtka (CDU) lobte, dass Netphen sich bereits merklich entwickle. Die Stadt solle deshalb ein gesundes Selbstbewusstsein an den Tag legen. Es sei „völlig richtig nun Netphen und Dreis-Tiefenbach anzufassen“.

Manfred Heinz (SPD) freute sich besonders über das Plätzekonzept und sieht den „Riesennachholbedarf“ in Dreis-Tiefenbach. „Das ist ein tolles Konzept und ich bin froh, dass es aufgestellt worden ist.“

Paul Legge (CDU) war weniger begeistert: „Viele Wünsche und kein Geld“, lautete sein Fazit. Er fand es „ein bisschen hoch gegriffen“, dass „aus zwei Dörfern Städte gemacht werden“. Legge: „2000 Euro: Das ist ja nix. Und was nix kostet, ist auch nix.“

Helga Rock (Grüne) bemängelte, dass man sich auf zwei Ortsteile beschränke. Auch die Bürgerbeteiligung fehle ihr. Rahrbach: „Wir hatten beim IKEK eine sehr lebendige Bürgerbeteiligung.“ Ein neuer Prozess in so kurzer Zeit hätte viele abgeschreckt. Ideen aus den Rundgängen seien aufgegriffen worden.

Super fand Helga Rock hingegen, dass es zukünftig kostenlose Betreuungsplätze für jedes Kind in Netphen geben solle. „Sonst höre ich immer etwas anderes“, so Rock. „Erwarten Sie, dass das jemand anders bezahlt?“ Rahrbach reagierte: „Das ist natürlich eine Vision. In erster Linie ist das Sache des Jugendhilfeträgers.“

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