Siegen/Kreuztal. Stadt verlangt Änderung der Trasse in Meiswinkel. Naturschutzbehörde hält ökologischen Eingriff für eher gering. Bürgerinitiative widerspricht.
. Die Amprion-Pläne für eine Höchstspannungsleitung treffen auf Widerspruch:
- in Kreuztal vor allem wegen des Umspannwerks, das in Junkernhees geplant ist, aber auch wegen der aus Sicht von Stadt und Bürgerinitiative unzureichenden Qualität der Umweltuntersuchung ;
- in Meiswinkel, weil die Leitung unmittelbar an der Wohnbebauung vorbeiführt;
- in Oberschelden, weil die Trasse die Nutzung des dort geplanten Gewerbegebiets begrenzt.
Der Siegener Rat
Die Siegener Verwaltung hatte sich zunächst auf die Forderung konzentriert, die Masten in Oberschelden/Seelbach so hoch zu bauen, dass innerhalb des Schutzstreifens unter den Stromleitungen eine zwölf Meter hohe Bebauung möglich ist. Im Verlaufe der politischem Beratung hatten sich dann die Anwohner aus Meiswinkel zu Wort gemeldet, die sich der Kreuztaler Bürgerinitiative anschlossen — denn auch die Stadt Kreuztal fordert eine verkürzte Trasse direkt zwischen Fellinghausen und Meiswinkel: Die hätte nicht nur von der Meiswinkeler Bebauung größeren Abstand, sondern auch von Schloss Junkernhees.
Der Siegener Rat hat für Meiswinkel nun eine „deutlich von der Ortslage abgerückte Trassenführung“ verlangt – um mindestens 100 Meter, präzisierte Hans Günter Bertelmann (UWG), „das ist ein großes Entgegenkommen.“ Wenn es nicht bei der Erhöhung der Masten bliebe, sondern die Trasse neu verlegt würde, hätte sogar ein Abstand von 400 Metern eingehalten werden müssen. Er begrüße „ausdrücklich, dass die Anliegen der Bürger in die städtische Stellungnahme eingeflossen sind“, sagte Rüdiger Heupel (CDU). „Ausdrücklich dankbar“ zeigte sich auch Detlef Rujanski (SPD), allerdings aus einem anderen Grund: „Auch wenn es noch eine Zeit dauert“, sei es wichtig, das Gewerbegebiet Oberschelden zu sichern. Das wiederum war aber der Grund für die Stimmenthaltungen der FDP--Fraktion. Fraktionschef Klaus-Volker Walter, entschiedener Gegner des Gewerbegebiets, hatte sich mit dem unbrauchbaren Schutzstreifen sehr angefreundet: Es gebe für die Amprion-Planung „keine Notwendigkeit einer Änderung“.
Der Naturschutzbeirat
Eher verhalten war der Widerspruch gegen die Amprion-Pläne im Naturschutzbeirat. Dr. Heinz Meyer, Leiter des Amts für Natur und Landschaft, sprach von einem „relativ geringen Eingriff“. Massiv gegen die Planung äußerten sich Vertreter aus Kreuztal und der Forstverwaltung. Das Forstamt sieht Waldbestände durch Windwurf gefährdet, wenn erst einmal die Ränder zugunsten des breiteren Schutzstreifens für die Leitung aufgehauen sind (wir berichteten). Das Umspannwerk, so Jochen Niemand (LNU), „verschandelt die ganze Landschaft.“ Sein Verband stehe auf der Seite der Bürgerinitiative. „Ich kann nur hoffen, dass der Kreis uns auch unterstützt.“
Höhere, aber weniger Masten zwischen Krombach und Oberschelden
17 Kilometer lang ist die Strecke der 380-kV-Höchstspannungsleitung in Siegen-Wittgenstein.
47 neue Masten werden in Abständen von 300 bis 350 Metern gesetzt, mehr als 100 alte Masten werden abgebaut.
40 Meter hoch sind die neuen Masten im Durchschnitt, die höchsten sogar 85 Meter. Die alten Masten haben lediglich eine Durchschnittshöhe von nur 25 Metern.
20 Hektar Fläche werden während der Bauzeit vorübergehend in Anspruch genommen. Zugelassen werden die Arbeiten nur in der Zeit von August bis März.
Thomas Dombrowski von der Naturschutzbehörde regte an, auf Änderungen im Detail hinzuwirken, zum Beispiel bei der Gestaltung und Platzierung des Umspannwerks. Die seien „durchaus machbar“. Beiratsmitgliedern, die vor einer Beschädigung des Landschaftsbilds warnten, hielt Dombrowski Beispiele aus Mittelhees entgegen: Dort gebe es auch „einige Gebäude, die nicht gerade landschaftsbildfördernd sind“. Die Öffnung von Gewässern könne zudem ein Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft sein.
„Wir können das nicht verhindern“, sagte Vorsitzende Helga Düben (Nabu). Mit ihren Äußerungen gegen einen alternativen Standort für das Umspannwerk zog sie sich den Unmut der Junkernheeser Bürgerinitiative zu. „Es geht nicht darum, die Trasse zu verhindern, sondern ordentlich zu planen“, sagte deren Sprecher Sascha Reller nach der Sitzung. Sollte das Umspannwerk in Altenkleusheim erweitert werden, müssten die Masten entlang der HTS um zehn Meter erhöht werden; dafür könnten die Masten im Heestal um bis zu 30 Meter niedriger ausfallen. Reller warnt davor, die Schutzgüter Natur, Denkmal, Kulturlandschaft und Mensch preiszugeben: „Das Heestal wäre der Präzedenzfall, auf den die Konzerne immer verweisen könnten.“ Zerstört würde dort auch die jahrzehntelange Arbeit des Naturschutzbundes.
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