Siegerland. . Kleine Trostspender aus Plüsch können Feuerwehr, Polizei, Notärzten und Rettungsassistenten helfen, Kinder in Notfallsituationen zu beruhigen.
Erst der Bär, dann Darth Vader. Schock, dunkel, laut, vielleicht Schmerzen, dann Lichter, Mama und Papa; wo sind sie, was ist passiert? – und dann schiebt sich auch noch eine große bedrohliche Gestalt mit Atemmaske und Helm ins Auto. Ein Unfall ist eine traumatisierende Erfahrung, gerade für Kinder. In so einer Situation kann ein Teddybär helfen. Den hat die Feuerwehr vielleicht dabei und wenn sie das Autowrack aufgeschnitten haben, kommt als erstes ein flauschiges Bärchen durch die Tür. „Er kann ablenken und auflockern, einen Zugang zum Kind schaffen“, sagt Matthias Bohn.
Bohn ist Fachberater für Seelsorge der Feuerwehr Siegen und kümmert sich im Kreis Siegen-Wittgenstein darum, dass alle Einsatzkräfte, die das möchten, einen Pelzkameraden dabeihaben. „Er kann trösten und dabei helfen, eine weitere Traumatisierung zu verhindern“, sagt Bohn, der selbst Feuerwehrmann im Löschzug Alchetal ist. Die Deutsche Teddy-Stiftung (Good Bears of the World) ist mit ihren Trostspendern seit zehn Jahren aktiv.
Anforderungen an Einsatz-Plüschtiere
So ein Einsatzteddy ist nicht nur irgendein Kuschelbär. Nachwuchsfeuerwehrleute lernen den Umgang mit Schere und Spreizer, eine Löschwasserversorgung aufzubauen – auch an die Plüschbären werden Anforderungen gestellt: Sie sind allergiegeprüft, nicht zu groß und nicht zu klein. Der Kuscheleffekt wurde auch getestet. Und der Teddy kann es vertragen, wenn ein paar Tränen verdrückt werden. Das hilft, dazu hat die Deutsche Teddy-Stiftung extra Studien in Auftrag gegeben. Wenn man Kindern eine Auswahl an Kuscheltieren hinstellt, entscheiden sie sich immer für den Teddy.
Auch für die Erwachsenen kann der kleine Bär wichtig sein. Für die Eltern, die sich nach dem Unfall vielleicht nicht selbst um ihre Kinder kümmern können. Und für die Einsatzkräfte. Ein Stück weit erleichtert so ein Kuscheltier den Umgang mit Kindern, er nimmt den Rettern die Last zu entscheiden, was sie sagen, tun müssen. Das belegen auch meterweise Aktenordner, wo die Rückmeldungen vor allem von Kindern abgeheftet werden: Sie schreiben, in welcher Situation sie ihren Teddy kennengelernt haben, wie er heißt, wie er geholfen hat und wie es ihnen heute geht, erzählt Matthias Bohn.
Hilfe in jeder unangenehmen Situation
Dafür hat jeder Teddy eine Karte um den Hals: „Hallo! Ich versuche Dir zu helfen, wenn etwas Unangenehmes passiert ist, und ich hoffe, dass Du dich bald wieder besser fühlst“, steht da. „Mit einem Bärenschmatzer von allen Good Bears“.
Größte Einzelspende für hiesige Einsatzkräfte
300 Teddybären haben Bernd Strack, Regina Heil und Manfred Stahl von der OVB-Landesdirektion Siegen zusammen mit dem gemeinnützigen Verein „OVB Hilfswerk Menschen in Not“ für die Einsatzkräfte im Kreis Siegen-Wittgenstein gespendet. „Meine größte Einzelspende“, freut sich Matthias Bohn.
3,50 Euro kostet ein Teddybär. „Eine wichtige Hilfe für die Einsatzkräfte“, findet Bernd Strack.
Helfen kann das Stofftier nicht nur bei Unfällen. Wenn ein Kind im Kaufhaus-Gedränge die Mama verloren hat und zum Beispiel ein Polizist, der ja auch erstmal ein großer fremder Mann in einer Uniform ist, ihm helfen möchte – so ein Trost-Teddy kann da schon helfen. Polizeibeamte müssen manchmal auch Kinder verhören. Bohn weiß, dass solche Gespräche auch zu dritt stattfinden: „Der Polizist spricht mit dem Bär und der Bär spricht mit dem Kind.“ Der Teddy sei ein Rettungsmittel, wie ein Schlauch, findet Bohn: „Er gehört in jedes Einsatzfahrzeug.“
Nachwuchs für die Einsatzbärchen
Seit Jahren kümmert sich Matthias Bohn darum, dass die Einsatzbärchen genug Nachwuchs haben. „Auf dem Markt der Möglichkeiten gibt es viele tolle Institutionen, die Spenden brauchen“, sagt Bohn. Er hat sich den Teddys verschrieben. Bei einem Einsatz war das: Bohn, Pastor, war als Notfallseelsorger vor Ort bei einem Verkehrsunfall. Ein Rettungsassistent ging mit einem Teddybären zu den Kindern, gab ihnen das Stofftier, er fand Zugang. Bohn war begeistert.
Zuhause setzte er sich als erstes hin und machte sich kundig. Als nächstes setzte sich Familie Bohn zusammen, und „der Keks“ war gegessen, sagt der Vater zweier Söhne. Bohn nahm Kontakt zu Feuerwehrchefs und Verkehrskommissaren, Notärzten und Rettungssanitätern auf und heute sitzen in vielleicht nicht allen, aber den meisten Einsatzfahrzeugen irgendwo kleine Plüschbären und warten darauf, dass ein Kind sie braucht.
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