Siegen. . Der 32-jährige Siegener ist ausgebildeter Schauspieler und will von seinem erlernten Beruf leben – ein harter Weg, aber ein klares Ziel.
In die Theater-AG seiner Schule, des Gymnasiums Wilnsdorf, traute er sich lange nicht. „Ich war zu gymnasialen Zeiten unglaublich schüchtern und introvertiert“, sagt Torben Föllmer. Als er in der 10. Klasse schließlich den Schritt wagte, machte er eine Erfahrung, die seinen weiteren Lebensweg bestimmen würde.
„Ich habe gemerkt, dass ich auf der Bühne endlich frei sein konnte.“ Heute wohnt der 32-Jährige in Siegen, ist Familienvater und ausgebildeter Schauspieler. Von seinem erlernten Beruf zu leben, ist gar nicht so einfach. Aber Föllmer ist sich seiner Sache sicher.
„Meine Eltern fragen mich das immer noch: Willst Du das wirklich? Sie sind aber locker, haben mich immer voll und ganz unterstützt.“
In der Theater-AG unter Leitung von Lothar Naumann – seines Mentors, wie Föllmer sagt – bekam er direkt eine Rolle: als einer der Einbrecher in Michael Frayns Komödie „Der nackte Wahnsinn“. Er blieb dabei, entwickelte sich.
„In der Zeit von der 10 zur 13 wurde ich deutlich offener, habe mich mehr getraut. Es war eine positive Lebenserfahrung.“ Auf das Abi folgten der Zivildienst, dann Bewerbung, Aufnahme und drei Jahre Ausbildung an der privaten Schauspielschule Mainz.
Im Nachhinein „wäre es vielleicht besser gewesen, wenn ich es an einer staatlichen Schauspielschule versucht hätte“, sagt Föllmer heute. „Es ist leider so: Wenn man eine Bewerbung an ein Theater schreibt, dann sortieren viele Assistenten von Intendanten die Bewerber von privaten Schulen direkt aus. Ich habe meistens nicht mal eine Antwort bekommen.“
Leute aus der Branche hätten ihm das vorab gesagt, „aber ich dachte trotzdem: ,Du bist fertig, Du wirst an einem großen Theater genommen.’ Und wenn ich irgendwo vorgesprochen habe, dann habe ich oft auch überzeugt.“ Nach kleineren Auftritten nahm er 2010 für ein Jahr einen festen Job an – nicht das, woran man bei Schauspielerei als erstes denkt, aber dennoch etwas, was einen guten Schauspieler erfordert.
„Ich ging zu einer Krimidinner-Firma in Wuppertal, spielte wechselnde Rollen: Butler, Pastor, Mordopfer. Das hat richtig Spaß gemacht. Man ist sehr dicht am Zuschauer dran.“
Ein festes Einkommen, Planbarkeit, doch „ich wollte einfach ans Theater“. Föllmer verlängert nach einem Jahr nicht. Es folgen Monate, in denen er viele Bewerbungen schreibt, er wirkt Ende 2011 und Anfang 2012 als Gast am Mainfrankentheater in Würzburg bei „Emilia Galotti“ und „Die
Ermittlung“ mit, danach spielt er kurz am Grenzlandtheater Aachen. Beruflich tut sich „dann länger nichts“; dafür wird sein Sohn geboren. „Es war eine Phase, in der ich sehr verletzlich war“, sagt Föllmer.
„Man bewirbt sich und bewirbt sich. Nur in zehn Prozent der Fälle erhält man überhaupt eine Antwort – und dann ist es eine Absage. Es kam einfach keine Rückmeldung, und das hat mich noch weiter runtergezogen.“ Er kellnert, zieht Bilanz. „Dann ist jetzt Ende“, habe er damals gedacht. „Du hast ein Kind, du machst jetzt was Ordentliches.“ Er beginnt ein Lehramtsstudium an der Uni Siegen, ist bis heute eingeschrieben.
„Wenn ich einmal drei oder vier Monate nicht auf der Bühne stehe und es dann wieder soweit ist: dann ist es, als würde eine staubige Schale von mir abplatzen und alles ist wieder schön.“
Anderthalb bis zwei Jahre Durststrecke treffen den jungen Vater hart. „Es endete erst mit den Dreharbeiten zu ,Das letzte Land’“, sagt Föllmer. Den Regisseur des Low-Budget-Projekts, Marcel Barion, kennt er aus seiner Schulzeit. Föllmer nennt es ein „Science Fiction-Kammerspiel“, außer ihm ist mit Milan Pešl nur ein weiterer Akteur vor der Kamera zu sehen. „Was passiert, wenn zwei Menschen in ein kleines Raumschiff eingepfercht sind? Es war eine schöne, intensive, unfassbar anstrengende Drehwoche.“ Zwei Jahre ist das her, die aufwendige – und noch laufende – Post Production des Independent-Projekts nimmt Zeit in Anspruch. Gage gibt es nicht, aber für Föllmer ist die Mitarbeit „ein Wachrüttler“ – er weiß wieder, was er will.
„Ich bin jemand, der sagt: Ich kann mit wenig Geld auskommen, wenn ich machen kann, was ich wirklich möchte.“
Er nimmt neuen Schwung, macht bei der Rap-Revue „Fahr’ Deinen Film“ von Werner Hahn mit, dann in einer Mehrfachrolle im Apollo-Kinderstück „Kalif Storch“, ist außerdem an einer Hörspielproduktion beteiligt. Sein Ziel ist klar, aber das Spannungsfeld bleibt. „Wenn ich allein wäre, dann wäre mir das genug“, betont der 32-Jährige. Zwar kennt er Kollegen, die Familie und Einkommen unter einen Hut bringen; aber die Angst bliebe, dass „wenn ich wieder für ein oder zwei Jahre gar nichts habe, ich für meine Familie zur finanziellen Belastung werde.“
Sollte es an diesen Punkt kommen, „bin ich auch bereit, die Reißleine zu ziehen“. Noch sehe er aber die realistische Hoffnung, es in seinem erlernten Traumberuf schaffen zu können. „Ich habe mehr Angst davor, irgendwann nur noch der zu sein, der von der Schauspielerei träumt.“
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