Siegen. . Gottfried Theis hätte das ganze Schloss füllen können. „Unsere Aufgabe war, ihn immer wieder zu bremsen“, sagt Prof. Ursula Blanchebarbe, Leiterin des Siegerlandmuseums: Theis ist ehrenamtlicher Mitarbeiter des Museums und Kurator der Ausstellung „200 Jahre Bergschule Siegen“, die am Sonntag, 18. Februar, eröffnet wird. Jahrelang hat Theis in wahrer Sisyphosarbeit Exponate und Informationen zusammengetragen, um auf eine Bildungseinrichtung zurückzublicken, die mit dem Bergbau, der Montanregion und den Siegerländern eng verbunden war.
Gottfried Theis hätte das ganze Schloss füllen können. „Unsere Aufgabe war, ihn immer wieder zu bremsen“, sagt Prof. Ursula Blanchebarbe, Leiterin des Siegerlandmuseums: Theis ist ehrenamtlicher Mitarbeiter des Museums und Kurator der Ausstellung „200 Jahre Bergschule Siegen“, die am Sonntag, 18. Februar, eröffnet wird. Jahrelang hat Theis in wahrer Sisyphosarbeit Exponate und Informationen zusammengetragen, um auf eine Bildungseinrichtung zurückzublicken, die mit dem Bergbau, der Montanregion und den Siegerländern eng verbunden war.
A wie Abschluss: Das wurde gefeiert. „Mit Bölkstoff“ (Theis) zogen die Absolventen durch die Stadt, ehrten Bergmann Henner mit einem Kranz – und sangen Lieder, natürlich. Gesang war seit 1909 ein eigenes Unterrichtsfach.
Eine Bergschule, drei Standorte
1. Standort war von 1818 bis 1933 im Kurländer Flügel des Unteren Schlosses.
2. Standort war an der Blücherstraße am Wellersberg von 1933 bis 1955.
3. Standort war in der heutigen Realschule am Oberen Schloss (bis 1967).
B wie Boxhandschuhe: Die gehörten zum Inventar. Das Verzeichnis von 1939 listet auf: „6 lange Zeichentische, 14 Schemel, 9 Stühle, 2 Schränke, 2 Tafeln, 19 Zeichenbretter“ – und zwei Boxhandschuhe.
E wie Erfindungen: Einige Absolventen und Lehrer machten sich um den technischen Fortschritt verdient. Julius Pohlig und Wilhelm Ellingen bauten die erste Seilbahn auf den Zuckerhut in Rio de Janeiro. Und die auf den Monte Schlacko Die Lehrer Aerk und Dax entwickelten neue Grubenlampen.
F wie Führungskräfte: „Bergleute waren da – man suchte junge Leute für Führungspositionen“, so Theis. Steiger, Buchhalter – manche leiteten eine ganze Grube. Mit dem Abschluss konnte der „Ing.“-Titel, später der „Dipl.-Ing“ erworben werden. „Es gab eine große Altersspanne“, sagt Ursula Blanchebarbe. Und alle waren ausgebildete Bergleute. Eine lukrative Tätigkeit: „Die Siegener Frauen waren hinter denen her“, grinst Theis.
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G wie Gründung: „Nach der Ära Napoleons lag der Bergbau in Preußen danieder“, sagt Gottfried Theis. Das Siegerland wurde beim Wiener Kongress den Preußen zugeschlagen, man beschloss, den Bergbau wieder zu aktivieren. „Dafür brauchte man nicht nur Malocher und die Direktoren ganz oben, sondern Führungskräfte auf Zwischenebene.“ Mit zehn Schülern ging es am 6. April 1818 los. Die staatliche Schule wurde 1854 einem Konsortium übertragen, finanziert von den Mitgliedsunternehmen. Mittellose Schüler konnten mit bis zu acht Talern pro Monat unterstützt werden.
L wie Lehrer: Die wurden angeworben. Ludwig Birnbaum etwa kam aus Krakau nach Siegen. „Das ging bis hin zu Ärzten, die an der Schule ,Erste Hülfe’ unterrichteten“, sagt Ursula Blanchebarbe. Nicht alle waren hauptamtlich tätig. Und die allerersten – Siegen hatte damals ein königliches Bergamt – wurden als Beamte zum Lehrberuf verdonnert.
P wie Planung: Das Thema hat Theis, der passionierter Grubensammler (scherzhaft „Lampologe“) ist, trug den Gedanken zu einer Bergschule-Ausstellung schon lange mit sich herum. Irgendwann begann er, die Bestände zu durchsuchen, wühlte sich in die Archive ein, förderte Sachen zutage, von denen selbst die Museumsleiterin noch nicht wusste, dass sie da sind. Für jede Lehrkraft beschaffte Theis biografische Daten, Familienfotos – 85 von ihnen schafften es in die Ausstellung. Er arbeitete die Jahresberichte von hinten her ab: Schüler XY aus soundso, geboren am ... Theis googelte, ab und zu ein Treffer. „Wenn ich ein Packende hatte, konnte ich mich weiter durchfragen“, sagt er. „Wir konnten ihn nur schalten und walten lassen“, sagt Ursula Blanchebarbe – und bremsen musste sie, damit die Ausstellung nicht überladen wird. Es hätte so viel mehr gegeben. So gibt es einen Rundumschlag, der alle wichtigen Aspekte beleuchtet.
R wie Region: Die Bergschüler kamen meist aus der Gegend, einige auch von weiter weg. Neben der Schule mussten sie arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Anfangs war freitags und samstags Unterricht. Das funktionierte nicht, also wurde morgens gearbeitet, nachmittags gelernt, dafür extra 1819 die stillgelegte Grube Schleifmühlchen wieder aufgemacht – die Wege wären sonst zu weit gewesen. Aber auch das klappte nicht. Schließlich wurde von Oktober bis Ostern die Schulbank gedrückt.
U wie Uniform: Die zu tragen – Ehrensache. In der Schule sowieso, da herrscht Uniformpflicht. Bei der Vorbereitung der Ausstellung telefonierte Theis mit nicht wenigen Witwen, deren Männer in ihrer Uniform begraben wurden. Um die Möbel zu schonen, trugen die Schüler im Unterricht Armstulpen, damit die Ärmelknöpfe das Mobiliar nicht zerkratzen.
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