Netphen. . Der Supermarkt als Bühnen-Kulisse: Die Fünftklässler zeigen, wer beim Kampf gegen den Plastikmüll — noch — am längeren Hebel sitzt.

„Auf Augenhöhe“, nächster Akt. Plastik(müll) ist in diesem Schuljahr das Thema der Schulpartnerschaft des Gymnasiums Netphen mit den Straßenkindern in der Root Foundation von Kigali/Ruanda und somit auch in den Bio-Stunden der 5 a und 5 c bei Ursula Wussow. Das Geld, das sie gerade als Sieger im Sparkassen-Schulwettbewerb gewonnen haben, teilen die Mädchen und Jungen mit ihren Freunden in Kigali, mit denen sie sich vor allem per Skype austauschen. Und sie finanzieren davon Theater-Workshops: „Re­think. Plastics-to-go.“ So heißt ihr Stück.

1. Szene

Pink Floyd, Money. Der rote Teppich, den sich der Supermarktmananger ausrollt, besteht aus blauen Plastiksäcken. Max probt den Einzug in sein Reich, soll sein Büro entern, breitbeinig Platz nehmen und das Laptop öffnen. „Und wenn ich grinsen muss?“ Sebastian Kolb kontert: „Dann streich ich die Bühne grün.“

Am Anfang ein Multimedia-Projekt

Das vielfach preisgekrönte Ruanda-Projekt hat das Gymnasium von der ehemaligen Realschule übernommen.

„Auf Augenhöhe“ mit Ostafrika begann vor drei Jahren als Multimedia-Projekt: mit Film, Radio, Tanz und einer Ausstellung

Das ist so eine Übung, die der Schauspieler immer wieder einlegt. Im inszenierten Gegeneinander: „Ich möchte die Bühne blau anstreichen“ — „Ich möchte die Bühne grün anstreichen“ lernen die jungen Darsteller aus der 5 c Standfestigkeit und Nachdrücklichkeit. Sebastian Kolb ist zufrieden: „Die sollen sich was trauen“, sagt er, „Kinder haben die Magie — die können einfach spielen.“

2. Szene

Mann und Frau im Supermarkt. Sie lassen sich die Plastiktüte für den Apfel andrehen, der Manager freut sich.

„Ich streiche die Bühne grün an“: Auch beim Zuschauen lässt sich viel lernen –  gespannte Aufmerksamkeit auf den Rängen.
„Ich streiche die Bühne grün an“: Auch beim Zuschauen lässt sich viel lernen – gespannte Aufmerksamkeit auf den Rängen.


Ursula Wussow fotografiert, am Ende wird auch gefilmt. Denn bei der Premiere am Lernnachmittag, an dem die Schüler ihren Eltern alles über Plastik beibringen, wird es nicht bleiben. Das Video geht nach Kigali, von dort kommt eins zurück. Die Lehrerin ist gespannt, ahnt das Ergebnis. „Die werden nichts fotografieren können.“ Keine in Folie eingeschweißte „Bio“-Gurke, keine Q-Tips auf Plastikstäbchen. Dafür den Kaffee in der Porzellantasse.

3. Szene

Protest im Supermarkt: Used only once! Then thrown away! From now on: No more plastic bags!

Alles auf Englisch, natürlich. Sebastian Kolb zieht alle Register — routiniert, schließlich macht er neben Fernsehen und Theater jede Menge Workshops an Schulen. „Ab jetzt ist auch samstags Schule. Und jeden Tag bis 18 Uhr.“ Wer ein echter Fünftklässler ist, der ist jetzt sauer genug, sogar auf Englisch. „First the animals die, then we people.“ Das geht noch engagierter: „Wir gehen an Wochenenden nicht in die Schule!“ Die zwei Mädchen und vier Jungs wiederholen ihre Sätze zum x-ten Mal. Jawohl. „Super macht ihr das. Phantastisch!“

4. Szene

Der Manager kann aufatmen. Das mit den Plastiktüten fürs Obst verschmerzt er locker – die drei Freundinnen kaufen „Coffee to go“.

Lehrerin Ursula Wussow dokumentiert den Workshop.
Lehrerin Ursula Wussow dokumentiert den Workshop.

Bei dem Manager muss Sebastian Kolb wieder nachhelfen: „Große Schritte! Das gehört alles dir.“ Max, ein bisschen verzagt: „Ich kann so was nicht.“ Kolb: „Samstags und sonntags in die Schule!“ Geht doch. Ursula Wussow wird die Hälfte ihres Dialogs los. „Der Text erschlägt uns“, sagt Kolb. Keine gute Note für die Lehrerin.

5. Szene

Einkauf für den Kindergeburtstag. Gummibärchen statt selbst gebackene Muffins. Und wieder reibt sich der Manager die Hände.

Sebastian Kolb hat übrigens am Evau Abi gemacht — Ursula Wussow kennt seinen Vater, den Physiotherapeuten. Nur mal dazu, wie der demnächst 35-jährige Wahl-Kölner an das Netphener Ruanda-Projekt kommt.

6. Szene

Der Bio-Einkauf ist im Schrank. Papa geht joggen — und entdeckt beim Duschen das Mikroplastik in Shampoo. Kein Happy-End.

„Er ist die Mutter, ich bin der Vater“, stellt Jannik kurz klar, wie sie sich das mit der Familie denken. „Find ich super“, antwortet Sebastian Kolb. „Vier Minuten Pause, und dann alles von vorn.“ Und morgen die 5a.

  • Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.