Ferndorf. . Stadt und Sparkasse kaufen Grundstücke des ehemaligen Rohr-Herstellers. Sozialer Wohnungsbau und Chance für neun Hektar große Industriefläche.
Die Stadt Kreuztal wird in Ferndorf „möglichst kurzfristig“ ein neun Hektar großes Gewerbegebiet erschließen sowie auf einer Fläche von 2,9 Hektar Grundstücke zur Wohnbebauung zur Verfügung stellen, „um insbesondere auch dem dringenden Bedarf nach sozialem Wohnraum Rechnung tragen zu können“. Das teilt die Verwaltung dem Infrastrukturausschuss mit, der am Montag, 5. Februar, ab 17 Uhr in der Weißen Villa in Dreslers Park tagt. Möglich wird das durch die neue Nutzung des ehemaligen Betriebsgeländes der Firma Bender Rohr.
Das Wohngebiet
Die Stufen zum Eingang für Besucher sind mit Flatterband abgesperrt, ebenso die Rohr-Plastik auf der anderen Straßenseite, die symbolisch für die Produktpalette des 2015 stillgelegten Unternehmens steht. 75 Menschen haben hier ihren Arbeitsplatz verloren. Die Stadt hat bereits im Dezember den zum Bahnhof hin gelegenen Teil des Geländes gekauft. 2,9 Hektar groß ist die Fläche, auf der noch das Bürogebäude und ein Hallenkomplex stehen. „Möglichst zeitnah“ sollen hier Wohngebäude errichtet werden — was damit gemeint ist? „Ein bis zwei Jahre wird das dauern", schätzt Bürgermeister Walter Kiß, „wir geben Gas.“ Er sieht Möglichkeiten für bis zu fünf Sechs- oder Achtfamilienhäuser entlang der Bahn und bis zu 25 Einfamilienhäuser, angestrebt werde ein „gesunder Mix“.
Vor dem Neubau steht die Altlastensanierung
Voraussetzung ist der Abbruch der Gebäude und die Altlastensanierung, die parallel zum Bebauungsplanverfahren erfolgt. Derzeit wartet die Stadt auf einen Förderbescheid: Das Land wird die 150 000 Euro teure Gefährdungsabschätzung mit 80 Prozent, also 120 000 Euro, bezuschussen. Im Untergrund waren Belastungen mit Schwermetallen und Kohlenwasserstoffen gefunden worden.
„Wenn alles gut läuft, werden wir uns die Kosten mit dem Land teilen“, sagt Bürgermeister Walter Kiß. Erst das Gutachten wird klären, wie aufwändig und wie teuer die Sanierung wird. Partner könnte der von Land und Industrie getragene „Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung“ (AAV) werden. „Wir sind im Gespräch.“
Denkbar ist, dass die Sanierungskosten auch durch den Verkauf der Baugrundstücke wieder eingespielt werden. „Wir brauchen nur die Risikoabsicherung“, sagt Bürgermeister Walter Kiß, „wir wollen damit kein Geld verdienen.“
Kiß hebt die zentrale, ebene Tallage der großen Fläche hervor, die mit der Bahn sowie dem Fuß- und Radweg an der Ferndorf bestens angebunden ist: „In fünf Minuten ist man in der City, solche Flächen findet man im Siegerland selten.“ Bedarf gebe es für das komplette Angebot: „In Ferndorf sind so gut wie keine Grundstücke mehr auf dem Markt.“ Und dass bezahlbare Mietwohnungen fehlen, ist seit der Debatte über die Mietkosten für Sozial- und Arbeitslosengeldbezieher überdeutlich geworden.
Entstehen soll sozialer Wohnraum auch für „Durchschnittsverdiener“, betont Kiß — ob öffentlich gefördert oder frei finanziert ist zunächst noch offen. Wo die Stadt Investoren findet, ist für den Bürgermeister allerdings klar: „Ich sehe insbesondere unsere Wohnungsbaugesellschaften in der Verpflichtung, die müssen ihre Hausaufgaben machen.“
Das Gewerbegebiet
Zwischen der neueren Halle mit der Waschbetonfassade und dem Mühlenweg ist ein Stück Wiese eingezäunt worden – darauf weiden derzeit drei Ponys. Der östlich gelegene Teil der Betriebsgeländes mit Produktionshalle, Labor- und Büroräumen ist vier Hektar groß und von der Sparkassen-Tochter S-Bauland gekauft worden. Daran grenzen weitere fünf Hektar Gewerbeflächen an: ein Teil ist im Eigentum der Stadt Kreuztal, ein anderer gehört der Thelen-Immobilien, die wiederum die vom Nachbarn Thyssen Krupp Steel nicht mehr benötigten Parzellen übernommen hat.
Anders als für das Wohngebiet muss die Stadt hier kein komplett neues Baurecht schaffen: Der alte Bebauungsplan für das Industriegebiet steht, konnte aber bisher nicht realisiert werden, weil — so die Vorlage der Verwaltung – die „Schlüsselgrundstücke“ der Firma Bender nicht verfügbar waren. 1917 war die „Bender Ferndorf Rohr GmbH“ gegründet worden. Im Dezember 2014 wurde Insolvenz beantragt,im März 2015 wurden nach Abwicklung der letzten Aufträge Werkzeuge und Maschinen versteigert.
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