Freudenberg. . Die Verwaltung der Stadt Freudenberg kommt den Gegnern eines Gewerbegebiets am Ischeroth weit entgegen – aber die sind trotzdem nicht überzeugt.
In Sachen Industrie platzt Freudenberg aus allen Nähten. Unternehmen suchen händeringend nach Flächen zur Erweiterung. Gegen die Planungen zum Gewerbegebiet Wilhelmshöhe-Nord wehren sich die Bürger aus Büschergrund und Bühl, den nächstgelegenen Ortschaften, seit Jahren nach Kräften. Nach intensiven Beratungen und Gesprächen mit den Gegnern der Erschließung hat die Verwaltung jetzt bei einer Bürgerversammlung eine neue, „vermittelte“ Planungsvariante vorgestellt, die wichtige Kritikpunkte berücksichtigt. Der Rat hatte den Beschluss für die Wilhelmshöhe-Nord zurückgenommen, um der Kritik Rechnung zu tragen. Die Büschergrunder und Bühler sind trotzdem dagegen.
Die Situation
„Viele heimische Betriebe stehen unter großem Druck, erweitern zu müssen“, betont Bürgermeisterin Nicole Reschke. Auf bestehenden Standorten, häufig übers gesamte Stadtgebiet verteilt, sei das nur in Ausnahmefällen und in kleinem Maßstab möglich. Weil es in Freudenberg keine freien Grundstücke gebe, werde überlegt, Zweitstandorte zu vergrößern – oder sogar, aus Freudenberg abzuwandern. Aus Verantwortung für die Stadtentwicklung und für die Arbeitsplätze in der Stadt müsse man diese Firmen halten, sie seien eine Grundlage für die Lebensqualität in Freudenberg.
Die Alternativen sind alle keine
Zwölf Alternativen zur Wilhelmshöhe-Nord hat die Verwaltung geprüft.
Die Hommeswiese kann nur noch begrenzt für bereits ansässige Firmen erweitert werden.
Das Löw-Tal ist zu eng und es müsste ein Gewässer aufwändig verlegt werden.
Mehr Wilhelmshöhe-West ginge zu Lasten des Ortsteils Bottenberg.
Bei weiteren Flächen könnte der Verkehr nur durch die Ortskerne abgewickelt werden.
Von interkommunalen Gewerbegebieten nimmt die Verwaltung Abstand: Siegen habe in Oberschelden selbst massive Probleme, das Gebiet zu entwickeln – und der A45-Anschluss sei ein entscheidender Standortfaktor. „Wenn wir das jetzt nicht dargestellt bekommen“, so Baudezernent Karl Hermann Hartmann, „ist es äußerst zweifelhaft, ob wir in der Regionalplanung nochmal ein Gewerbegebiet genehmigt bekommen“.
Die Standortfaktoren
Bodenaushub: Es gibt keine ebenen Flächen in Freudenberg, auch an der Wilhelmshöhe-Nord müssen Erdmassen abgetragen und aufgeschichtet werden – idealerweise, ohne Material abzufahren. Denn das kostet und ist ein logistischer Kraftakt, der sich irgendwann nicht mehr wirtschaftlich darstellen lässt. Das Gewerbegebiet soll schließlich vermarktet werden. Das beeinflusst die...
Höhenlage: Je höher das Gewerbeplateau liegt, desto mehr Aushub kann vor Ort verbaut werden. Liegt die Fläche allerdings zu hoch, ist der...
Sichtschutz nicht mehr gegeben, Lager- und Produktionshallen wären von Bühl und Büschergrund sichtbar. Gerade auf den äußeren Grundstücken ist die Höhe deshalb auf zehn Meter begrenzt, um das Areal läuft ein fünf Meter hoher Wall, der mit Bäumen bepflanzt werden soll. Der Blick vom nächsten Wohnhaus soll nicht auf eine Firma treffen.
Gewerbearten: Kein Krach, kein Staub, kein Gestank, kein Gift: Die Wilhelmshöhe-Nord soll kein uneingeschränktes Industriegebiet werden, um die nächsten Anwohner nicht zu belästigen. Für die Ansiedlung von Branchen, die Krach, Staub oder Gestank verursachen oder mit Gefahrstoffen hantieren, gibt es in den Bauvorschriften Mindestabstände – die die vermittelte Variante alle unterschreitet. „Die Wohnverhältnisse im Einzugsgebiet werden nicht beeinträchtigt“, betont Baudezernent Hartmann – selbst Sport und Vergnügungsstätten, Tankstellen oder große Supermärkte dürfen sich nicht an der Wilhelmshöhe-Nord ansiedeln. Zwischen Gewerbegebiet und den Siedlungsbereichen liegen zudem besagte Wallanlagen – und Waldflächen.
Distanz zur Bergkuppe des Ischeroth: Das Naherholungsgebiet als Aushängeschild der Stadt soll touristisch vermarktet werden, da stört ein nahes Industriegebiet, so die Gegner. Je weiter weg das Areal von der Kuppe liege, desto besser. „Es bleibt ein Rieseneingriff in die Natur“, sagt Friedhelm Höfer, Bürgerinitiative „Ischeroth erhalten“. Tourismus und Gewerbe schließe sich nicht grundsätzlich aus, entgegnet Bürgermeisterin Reschke.
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