Kreuztal. . Zwei Sängerinnen, zwei Sänger und eine kleine Big Band erinnern an Musik-Legende Udo Jürgens. Ein Abend für echte Fans.

Es war ein holpriger Beginn in eine Musikerkarriere, die ein junger Österreicher namens Udo Jürgen Bockelmann 1950 startete. Da war er 16 Jahre alt und spielte mit seiner Udo Bolán-Band vorwiegend in Kneipen Rock’n’ Roll – mit mäßigem Erfolg.

Genauso holprig gerät der Start in die Hommage an Udo Jürgens, wie er sich später nannte, in der Kreuztaler Stadthalle. Denn der wirkliche Udo hätte nie den Versuch gewagt, das Publikum schon beim ersten Titel zum Mitklatschen aufzufordern. Auch mit mäßigem Erfolg, denn das Klatschen verläuft schnell im Sande.

Anspruchsvolle Aufgabe

Gleich zwei Sänger übernehmen die anspruchsvolle Aufgabe, viele Lieder des großen Sängers, Pianisten, Entertainers und Songwriters zu interpretieren: Ein Bariton mit enormer Präsenz in der Tiefe, dem typischen Udo Jürgens-Tremolo in den Mittellagen, aber schwächelnd in der Höhe. Der Tenor-Kollege, der auch die Moderation übernimmt, ähnelt mit deutlich jüngerer Stimme eher dem Udo, der beim Grand Prix Eurovision im Jahr 1964 den 6. Platz, 1965 den 5. Platz einheimste und ein Jahr danach in Luxemburg ganz oben auf dem Gewinnertreppchen stand.

Warum aber übernimmt eine Sängerin den Siegertitel „Merci Chérie“? Mit schöner Stimme zwar, aber übermäßigem Tremolo und kitschigen Emotionen. Das hätte Udo, der das Lied am Flügel begleitete und bewusst schlicht sang, nicht gefallen.

Bekannte Verwandte

Udo Jürgens war nicht der einzige Prominente in seiner Familie. Ein Onkel war der Dadaist Hans Arp, ein anderer Onkel der frühere Frankfurter Oberbürgermeister Werner Bockelmann.

Udo Jürgens Bruder Manfred erlangte als Maler und Fotograf Bekanntheit.

Ansonsten bemüht sich der Moderator nach Kräften, Stimmung zu erzeugen. Das gelingt nach den üblichen Versuchen, in den Saal zu gehen und nach den Heimatorten der Besucher zu fragen, erst so richtig durch die Aufforderung zu singen. Ob mit dem Rentner-Muntermacher „Mit 66 Jahren“, dem bedauernden „Ich war noch niemals in New York“ oder „Griechischer Wein“: Die Siegerländer erweisen sich trotz mancher La-La-La-Stellen als ziemlich textsicher.

Aber wenn dann „Mit 66 Jahren“ mit der ganzen Bühnenpower gerockt wird, da geht auch in der fast vollen Stadthalle die Post ab. Zumal die neunköpfige Band mit satten Bläser-Riffs und einem fulminanten Gitarren-Solo hören lässt, dass sie einiges zu bieten hat.

Heldenverehrung ist nicht das Konzept des Abends. Ach ja: Die legendären Frauengeschichten des Bühnenstars. „Treue ist etwas für die anderen“ und „Das Glück ist ein flüchtiger Vogel“ war seine Devise, dem gut Informierte etwa 2000 Beziehungen zu weiblichen Fans nachsagten. Udo hat das nie abgestritten.

Dazu passt das hübsche Duett „Du lebst nur einmal“, bei dem das minutenlange Solo des Schlagzeugers jedem Jazz-Club zur Ehre gereicht hätte.

Gesungene Gesellschaftskritik

Doch dass Jürgens auch gesellschaftspolitische Themen in seinen Liedern ansprach und sich nicht scheute, bei Konservativen anzuecken, macht ihn zu einem Sänger, dessen Mut und Charisma sich weit über das der seichten Schlagerwelt heraushoben.

So haben die Musiker auch „Lieb Vaterland, wofür soll ich dir danken?“ und „Sie haben mich gefeuert“ in die Liste aufgenommen und vor allem „Das ehrenwerte Haus“: Den Hit über die „Wilde Ehe“, die vor 40 Jahren einen Makel bedeutete, haben sie umgeschrieben: Die Version handelt von einem Männerpaar, das aus einem Mietshaus herausgeekelt wird.

Natürlich hat Jürgens nicht nur Hits produziert. Manches Liedchen wurde nur durch seine Interpretation konzertreif. Auf einige davon hätte man an diesem Abend auch verzichten können. Doch die vielen Udo-Jürgens-Verehrer genießen jede Minute des sehr langen Abends in vollen Zügen.

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