Hilchenbach-Vormwald. . Heinzelwerker Dieter Kunze und Redaktionswichtel Jennifer Wirth reparieren eine wackelige Türklinke in einem Fachwerkhaus in Hilchenbacher Ortsteil Vormwald.
Schneeflocken fallen sanft auf das Dach eines alten Fachwerkhauses in Vormwald. Es ist ruhig. Vorweihnachtlich schön. Dieter Kunze öffnet geduckt die Tür. „Achtung, es ist sehr niedrig. Hier drin stehen kann ich nicht“, sagt er zur Begrüßung und lacht. Sympathisch. Um die Höhe muss ich mir allerdings keine Sorgen machen, das merkt auch Dieter Kunze schnell. Er ist Heinzelwerker und ich bin heute sein Helferchen. Unsere Aufgabe: eine wackelige Türklinke wieder zurückrücken. Auf geht’s.
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Renate und Erik Zimmermann wohnen in dem Häuschen und freuen sich sichtlich über den Besuch. „Gestern habe ich erst angerufen und heute sind Sie schon da. Einfach toll“, sagt Renate Zimmermann. Die beiden Senioren brauchen handwerkliche Hilfe, dringend. Ein Defekt an der Haustür, das sorgt für ein ungutes Gefühl. Allein schaffen sie es nicht, das störrische Ding zu reparieren. Kein Problem, dafür sind Heinzelwerker gerne da.
Seit rund vier Jahren gibt es die Gruppe von acht ehrenamtlichen Helfern, die sich der kleinen und größeren Probleme ihrer Mitbürger annehmen. Wer Bedarf hat, meldet sich bei Gudrun Roth von der Stadt Hilchenbach. Sie trägt die Aufgabe in einen Kalender ein, die Helfer melden sich und schon wird das Problem gelöst. Projektleiter ist Dr. Heinz Schöling. Dieses Mal hat sich Dieter Kunze bereit erklärt. Er wohnt um die Ecke und im Haus der Zimmermanns hat er vor einigen Wochen schon ausgeholfen.
Problem
Wir gehen durch eine schmale Küche in den Flur. Vor uns steht eine große hölzerne Tür mit Glaseinsatz. Die gusseiserne Klinke fällt sofort ins Auge. Dieter Kunze hat einen großen silbernen Koffer dabei, gefüllt mit allerlei Werkzeug. Und ich? Zettel, Stift und Kamera. Reporterin eben. Für einen richtigen Handwerkereinsatz bin ich im Arbeitsalltag nicht gewappnet. Doch wie sich herausstellt, kann ich trotzdem etwas aus der Handtasche zaubern, das nützlich ist: mein Telefon mit eingebauter Taschenlampen-Funktion. Renate Zimmermann ist begeistert. Das hatte sie wohl nicht erwartet.
Renate Zimmermann hat über Mund-zu-Mund-Propaganda von dem Service erfahren. Zuerst sei sie scheu gewesen, einen Fremden um einen Gefallen bitten, das macht man für gewöhnlich eher selten. Aber: „Ich habe nur gute Erfahrungen gemacht.“ So hat Kunze ihr schon einen Unterbau für den Kühlschrank gebaut und einen Wasserhahn repariert. Früher habe sowas ihr Mann gemacht, doch das gehe nicht mehr. Sie selbst hat eine Krücke. „Ich bin froh“, sagt sie. Das Angebot sei vor allem für Ältere toll, die sonst in der Nähe niemanden hätten, der helfen könne.
Lösung
Dieter Kunze rüttelt und hämmert an der lockeren Klinke, doch der Vierkantstift in der Mitte scheint zu lang zu sein. Ich leuchte mit der Lampe ins Loch. „Das passt nicht“, sagt der Heinzelwerker. „Vielleicht muss ich ein Stück abschneiden.“ Aber ein passendes Werkzeug für eine solche Arbeit hat er nicht dabei. Unwissend wie ich bin, was Handwerken angeht, melde ich mich zu Wort. „Vielleicht sitzt es am äußeren Teil nicht richtig?“ Dieter Kunze greift die Idee auf. Er schraubt die ganze Vorrichtung ab. Einzelne Schneeflocken wehen in den Eingangsbereich. Gespannt schaut uns das Ehepaar Zimmermann zu. „Sie sind ein toller Lehrling“, sagt Renate Zimmermann. Dieter Kunze grinst.
Der Aufgabenbereich der ehrenamtlichen Helfer
Die Heinzelwerker erbringen einfache handwerkliche Arbeiten für Menschen, die bedürftig sind oder aufgrund ihrer Lebenssituation nicht selbst in der Lage sind, die Arbeiten selbst durchzuführen – wie das Auswechseln von Glühbirnen, Anleimen von Stuhlbeinen oder das Begleiten von Einkäufen. Sie räumen keinen Schnee, agieren als Möbelpacker oder führen komplexe Sanitäraufgaben durch.
Wer Informationen möchte oder einen Heinzelwerker anfordern will, meldet sich bei Gudrun Roth, 02733/288-229.
Der nächste Teil unserer Serie läuft am kommenden Samstag. Wichtel Antonia Jost ist unterwegs in einer Wohngemeinschaft und schmückt diese festlich.
Und tatsächlich. Der Vierkantstift hatte sich auf der Außenseite gelockert und war deshalb innen zu lang. Zugegeben, ein bisschen stolz bin ich. Auch wenn es nur ein Glückstreffer war. Renate Zimmermann lacht. „Ach! Das ist ja super! Nächstes Mal rufe ich Sie direkt an“, sagt sie.
Geld bekommen die Heinzelwerker nicht, nur das Material muss bezahlt werden. Aus einem Spendentopf bekommen sie aber ihr Spritgeld ersetzt. „Ich hatte so viel Glück in meinem Leben“, erzählt Dieter Kunze, der selbst seit zwei Jahren in Rente ist. „Da freue ich mich, etwas zurückgeben zu können.“ Die Einsätze seien immer sehr unterschiedlich. Seit einem Jahr ist Kunze dabei und hat neben Wasserkränen schon Rollos repariert, Holzunterstände aufgebaut – und vor kurzem leider auch eine Katze beerdigt. Sein ungewöhnlichster Einsatz bisher, ein Notruf. Die Familie der Betroffenen hätte erst einige Tage später kommen können, solange hätte das Tier herumgelegen. Also nahm sich Dieter Kunze eine Schaufel und grub ein Loch. „Die Stimmung war ziemlich gedrückt.“ Auch das gehört zum Job: Helfen, wo Hilfe nötig ist.
Noch mehr Probleme
Im Gespräch mit Renate Zimmermann wird klar, die Tür war nicht das einzige Problem. Auch im Bad ist ein Knauf locker. Zwei Minuten später hat Dieter Kunze auch das gerichtet. Er tut das gern, seine Handwerker-Qualitäten baut er weiter aus. Manchmal stoße er an seine Grenzen. „Dein handwerkliches Geschick ist aber ausgereift“, bescheinigt ihm Renate Zimmermann sofort.
Und auch ich kann noch helfen – beim Fernsehprogramm. Ein arabischer Sender hat sich zwischen das erste und dritte Programm geschlichen. Das nervt das Ehepaar. Wenige Knopfdrücke später ist auch das erledigt und die Senioren sind glücklich. „Jetzt muss ich eigentlich noch schnell Kaffee machen“, sagt Renate Zimmermann. Doch wir lehnen dankend ab. Sie steckt Dieter Kunze eine kleine Spende zu, ehe wir uns verabschieden und hinaus in den Schnee gehen.
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