Netphen. . Zusammen mit ihren Partnern in Kigali lernen Netphener Fünftklässler, was Müll mit dem Leben im Meer anrichtet — und was sie dagegen tun können.
„Wissen Sie eigentlich, was passiert, wenn Sie mit einer Plastiktüte nach Sansibar einreisen?“ Die 5 a weiß es: 2000 Dollar Strafe und sechs Monate Haft. Bio-Lehrerin Ursula Wussow ergänzt: Ruanda hat seit 2004 ein Einfuhrverbot für Plastiktüten.
Und darauf kommt es hier an: „Auf Augenhöhe“ heißt die Partnerschaft mit der Root Foundation, die in Kigali Kinder von der Straße holt. Was als vielfach preisgekröntes Multimedia-Projekt an der Realschule begann, geht am Gymnasium mit einem Nachhaltigkeitsthema weiter. Dafür gab es gerade für die drei fünften Klassen Platin beim Sparkassen-Wettbewerb „Gut für Schulen“.
„Wir wollen das mit der Root Foundation teilen.“
Ben Jonas hat sich schon korrigiert. „Spenden“, hat er erst gesagt. „Das Projekt heißt ja schließlich ,Auf Augenhöhe’“, erinnert Emma.
Das bedeutet zum Beispiel, dass beide Gruppen sich in Videos zeigen, was bei ihnen so an Plastik anfällt: Die Netphener türmen den üblichen Müll auf. Die Kinder in Kigali sind erst einmal nach Hause gelaufen. Plastikflaschen und Joghurtbecher sind als Gießkannen und Schöpfkellen Teil des Hausrats geworden.
„Dadurch sterben richtig viele Tiere“, sagt Ben Jonas.
Die Jungen und Mädchen haben sich schlau gemacht. Gelesen. Filme gesehen. Wie verendeten Seevögeln der Magen aufgeschnitten wird, voll mit kleinstgemahlenem Mikroplastik.
„Die Vögel verwechseln das mit Sand“, sagt Anna. „Man kann eigentlich gar nicht glauben, dass wir so viel Plastik produzieren“, staunt Erza. Kleine Fische fressen Plastik, große Fische fressen kleine Fische, Menschen ... „Das landet bei uns im Bauch“, sagt Ben Jonas, „das ist nicht so gut.“ Selbst im Shampoo sind die winzigen Plastikteilchen. Über den Abfluss gelangen die früher oder später ins Meer, stellt Ricarda fest.
Partner in Ruanda
In Kigali leitet Patrick Kiruhura den Theater-Workshop, der die Leitung der Root Foundation an Murugwa Bienvenue abgegeben hat. Als Freiwillige mit an Bord ist die Kreuztalerin Merle Blöcher.
„Nachhaltig voneinander handeln lernen“, ist das Motto des Fortsetzungs-Projekts zu „Mach dir ein Bild“
„Wir könnten selbst sortieren“, regt Mika an.
Sein Vater arbeitet bei einem Entsorgungsunternehmen und hat die 5 a eine Schulstunde lang schlau gemacht. Ein Tipp: Die Alu-Deckel von den Joghurtbechern lösen – dann kann der Magnet die in der Sortieranlage besser rausziehen.
Apropos Lernen: Was war der erste Kunststoff? Nicht erst Polyäthylen. Sondern das Bakelit. Das wäre die richtige Antwort im Fliegenklatschenquiz: „Der Sieger hat Kaugummi ohne Erdöl bekommen.“ Bio-Kaugummi also.
„Wenn meine Eltern Plastiktüten nehmen, lege ich die zurück und hole eine Papiertüte“, berichtet Svenja.
Besonders gut kommt das nicht an, gibt sie zu. „Weil da nicht so viel reinpasst.“ „Wenn man was Spitzes reintut, gehen Plastiktüten schnell kaputt“, sagt Alessia. Noa berichtet von dem Drama mit den völlig unökologisch, vielfach verpackten Fruchtzwergen, dem Lieblingsnachtisch seiner Schwester: „Wir sind dann mit ihr extra in den Biomarkt gefahren.“
„Wann fahren wir da hin?“, fragt Schulleiter Eckhard Göbel, „an mir soll’s nicht liegen.“
Vorerst wird der Austausch zwischen Netphen und Kigali, übrigens inzwischen eine der saubersten Städte Afrikas, virtuell und digital weitergehen. „Reduce – Plastics“ heißt das gemeinsame Theaterprojekt. In Netphen setzen die 5er ihren Teil des Preisgelds für einen Workshop mit dem aus Siegen stammenden Schauspieler Sebastian Kolb ein.
„Wir wollen ja bewegen“, begründet Ursula Wussow, warum die gefilmte Szenenfolge „Rethink — Plastics to go“ bei einem „Lernnachmittag“ mit den Eltern präsentiert wird.
Die Übersetzung ins Englische wird in den Englischstunden erledigt. „Das Projekt hätte überhaupt keine Chance gehabt, wenn die Schule uns nicht den Freiraum gelassen hätte“, betont die Bio-Lehrerin. Die Anatomie von Hunden und Katzen lernen sie dann eben später.
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