Siegen. . DKMS Life veranstaltet regelmäßig Kosmetikseminare für Krebspatientinnen im GSS Therapiezentrum. Das Ziel: Das Selbstbewusstsein stärken.

  • Im Workshop lernen die Teilnehmerinnen in kleinen Gruppen, wie sie ein dezentes Make-up auftragen
  • Der Schmink-Kurs ist auf die Bedürfnisse der an Krebs erkrankten Frauen abgestimmt
  • Während des Kurses blühen die Frauen auf und werden selbstsicherer

Kleine Schminkspiegel reihen sich aneinander; in ihnen die Gesichter von neun Frauen. Sie alle haben Krebs, sie alle müssen stark sein und kämpfen. Dennoch will selbst die stärkste Frau manchmal einfach nur Frau sein. Und genau darum geht es beim kostenlosen Kosmetikseminar für Krebspatientinnen im GSS Therapiezentrum am St. Marien-Krankenhaus.

Zögerlich setzen sich die Frauen. Die meisten sind blass und haben Augenringe – die seelische und körperliche Last ist ihnen anzusehen. Manchen fehlen aufgrund der Chemotherapie die Haare, bei anderen wachsen sie bereits nach oder sind noch da. Einige kennen sich aus Therapiesitzungen und tauschen sich aus, bevor der Kurs startet.

Für schöne Momente sorgen

Kosmetikerin Alexandra Gertsen leitet den Workshop, der von der gemeinnützigen Organisation DMKS Life angeboten wird. Gertsen macht das ehrenamtlich – weil ihr die Frauen am Herzen liegen. Es geht nicht um das perfekte Make-up. „Sondern darum, dezent durch Kosmetik besser aussehen zu können in der schwierigen Zeit“, sagt Gertsen.

Die Expertin erlebt oft, dass Patientinnen sich nicht mehr im Spiegel ansehen wollen. Alexandra Gertsens Ziel ist es deshalb, das Selbstbewusstsein der Teilnehmerinnen zu stärken und ihnen schöne Momente zu bescheren. „Ich erlebe das Vorher und Nachher. Und die Frauen gehen mit einem Lächeln.“

Nach einer kurzen Einweisung darf jede in ihren Überraschungsbeutel schauen. Fünfzehn hochwertige Produkte verschiedener Marken befinden sich darin – alle gesponsert. „Das ist wie Weihnachten“, sagt Teilnehmerin Ina-Maria.

Im GSS Therapiezentrum Siegen hat DKMS Life ein kostenloses Kosmetikseminar für Krebspatientinnen angeboten.
Im GSS Therapiezentrum Siegen hat DKMS Life ein kostenloses Kosmetikseminar für Krebspatientinnen angeboten. © Jennifer Wirth

1. Reinigen: „Mit dem Reinigungsprodukt starten wir“, erklärt Gertsen. Es raschelt in den Beuteln, Gertsen verteilt Wattepads. „Beim Abschminken sind die Bewegungen wichtig“, sagt sie. Nicht reiben, sondern sanft von oben nach unten streichen. „Ich bin gar nicht geschminkt“, sagt eine Frau und legt das Abschminktuch zur Seite. „Mit Schminke hat das nichts zu tun. Wir entfernen überflüssiges Fett und Talg. Dadurch wirkt die Haut jünger“, erwidert Gertsen. Große Augen, alle lachen. Das Mittel riecht fruchtig.

Gertsen erklärt, dass die Haut während der Therapie empfindlicher sein kann als sonst. Ein Enzym-Peeling sei deshalb besser als ein körniges. Für die Haare sei ein pH-neutrales Shampoo toll – „auch wenn keine Haare da sind“.

2. Kopfschmuck: Dann holen die Frauen ein schlauchförmiges Tuch aus der Tasche. „Ich habe direkt mit Tüchern angefangen“, erzählt eine Frau. „Das war toll. Da gibt es auf YouTube auch Videos“, sagt sie. Gertsen zeigt zwei Tricks mit dem Tuch – wenige Griffe und aus dem Schlauch wird eine Kopfbedeckung. „Das ist toll. Allein dafür hat sich das Seminar schon gelohnt“, flüstert Ina-Maria ihrer Sitznachbarin Karin zu.

3. Cremen und pflegen: Es wird fleißig im Gesicht und am Hals gecremt. Dann zeigt die Expertin den Frauen, wie eine Druckmassage funktioniert. Mit dem Ringfinger drückt sie an ihre Schläfe, schwingt ums Auge zur Nase und hält inne. Von dort geht es mit Schwung um die Nase zum Mundwinkel. Wiederholen. Alle machen’s nach. „Sie werden merken, dass die Schwellungen weggehen“, sagt Gertsen.

4. Abdecken und erfrischen: Mit Concealer geht es Flecken und Augenringen an den Kragen – punktuell und sanft, wie Gertsen betont. „Stift weg, Augenringe noch da ..., vielleicht sollte ich es mal mit Schlaf versuchen“, scherzt eine Frau. Die Stimmung ist gut, alle fühlen sich wohl. Jeder schminkt sich selbst – schließlich soll es zu Hause auch klappen. „Das baut ein bisschen auf und ist mal etwas anderes“, sagt Ina-Maria. „Ich finde es toll!“

Dann ist der fast transparente Puder an der Reihe. „Nur ganz dünn auf das Gesicht“, sagt Gertsen und erklärt, wieso er lieber im Tageslicht aufgetragen werden sollte: „Sonst bekommen wir draußen einen Schreck!“ Gekicher. „Da muss man ja eine Stunde früher aufstehen“, sagt jemand. Wieder kichern einige. Ein Spritzer Thermalwasser ins Gesicht zum Erfrischen und weiter geht’s.

5. Wimpern und Brauen: Das Augen-Make-up ist ein sensibles Thema. „Während der Therapie werden die Augenbrauen und Wimpern weniger...“, setzt die Expertin an. „Wie können wir das kaschieren?“ Teils ratlose Gesichter. Gertsen zeigt den Frauen einen Stift. „Manchmal sind die Augenbrauen nicht mehr so sichtbar“, sagt Gertsen und setzt den Stift am Nasenflügel an – er zeigt am Auge vorbei zur Braue. Sie zeichnet über dem Auge drei Punkte – innen, mittig und außen. Daraus formt Gertsen eine Linie, dort wo eigentlich die Augenbrauen sitzen. Der Stift gibt die nötige Farbe und es entsteht der Eindruck von Brauen. „Das ist ganz ungewohnt. Da muss man sich erst dran gewöhnen“, sagt Ina-Maria.

Heller Lidschatten im Augenwinkel und dunkler auf dem beweglichen Lid. Die Frauen strahlen, wirken frischer. Um die Wimpern zu kaschieren, setzt Gertsen einen schwarzen Kajalstift an der Wimpernwurzel an und zieht eine dünne Linie. Tusche macht die blassen Wimpern sichtbar. Spätestens jetzt ist die Gruppe begeistert und fühlt sich gut. Gegenseitig begutachten sie ihr Make-up.

6. Herzige Lippen und Rouge: Zum Abschluss ist Ina-Maria mutig und wird zum Vorführmodell für die Expertin. Diese zeigt, wie die Frauen ihre Lippen mit einem Konturenstift zur Geltung bringen können. Ein kleines Herz in der Mitte bildet die Grundlage für die Linie – dann folgt ein Lippenstift. „Das ist direkt ein großer Unterschied“, sagt eine, „Du siehst toll aus“, eine andere Frau. Kussmünder, wohin das Auge blickt.

Noch ein, zwei Handgriffe, Rouge auf die Wangen und ein Blick in den Spiegel. Ina-Maria lächelt zufrieden. Was zählt ist der Moment. Ein schöner Moment.

>>>> INFO: Finanzierung und Spenden

DKMS Life ist eine gemeinnützige Organisation und wurde 1995 gegründet. Die Tochtergesellschaft der DKMS bietet das Programm „look good feel better“ in Deutschland für Krebspatientinnen kostenlos an.

Die Finanzierung der Seminare erfolgt über Sponsoren und Spenden.

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