Siegen. . Izzet Kürekci wollte sich eine Auszeit nehmen, doch es kam anders: Der Kreuztaler eröffnete Anfang Oktober in Siegen die Kneipe „Verstärker“.
- Mindestens bis Ende 2018 bleibt der Kreuztaler mit seiner Kneipe am Bahnhof
- In dem Objekt hat der Restaurantfachmann bereits einige Jahre gearbeitet
- Die Lage – mitten in der „Ausgehmeile“ – bezeichnet Izzet Kürecki als bombastisch
Izzet Kürekci kann es nicht lassen. Nachdem der 41-Jährige seine „Rumpelkammer“, eine Kneipe in Kreuztal, geschlossen hatte, wollte der gelernte Restaurantfachmann eine Pause von der Gastronomie machen. Einen längeren Urlaub und mehr Zeit für die Familie – das hatte er sich fest vorgenommen. Doch es kam anders. Anfang Oktober öffnete Kürekci am Siegener Bahnhof den „Verstärker“. In jenem Objekt, das in ungewisser Zukunft abgerissen werden soll. Aber sicher nicht vor Ende 2018: So lange läuft der Pachtvertrag, den Kürekci mit der Sparkasse, dem Inhaber, abgeschlossen hat. Flemming Krause sprach mit dem gebürtigen Siegener über seinen Sinneswandel, die ersten Tage in seiner neuen Location und über das Kneipensterben.
Wie sind Sie auf den Namen „Verstärker“ gekommen?
Izzet Kürekci: Der Name hat hier in Siegen schon mal existiert, in der Nähe vom Kaisergarten. Das war ein kleiner Kneipenclub. Mir hatte der Name schon damals extrem gut gefallen. Vor allem für eine Musik- und Veranstaltungskneipe, wie wir sie auch sind. Und: Er ist einfach und einprägsam.
Sie waren knapp neun Jahre in der Rumpelkammer. Wie schwer ist Ihnen der Abschied gefallen?
Schon sehr schwer. Das war ein sehr familiärer Betrieb, ich war mit vielen Gästen befreundet. Aber irgendwann musst du als Selbstständiger einen Schlussstrich ziehen können. Für mich war Anfang des Jahres der Punkt gekommen.
Aus welchen Gründen haben sie in Kreuztal aufgehört?
Es hatte vor allem finanzielle Gründe. Es bringt nichts, wenn man an einer Kneipe hängt, aber nicht mehr davon leben kann. Ich habe lange überlegt, ob ich sie nebenberuflich weiterführen soll, aber den Gedanken auch schnell wieder verworfen. Es wurde Zeit für einen Neuanfang.
Entgegen Ihrer Pläne haben Sie sich nicht zurückgezogen. Wie sind Sie an dieses Objekt gekommen?
Ich kenne das Objekt, denn ich habe hier im ehemaligen Louisiana fünf Jahre als Betriebsleiter gearbeitet. Die Lage ist einfach bombastisch, hier sind wir mitten in der Ausgehmeile und direkt am Bahnhof. Mir war bekannt, dass das Objekt schon länger frei stand, allerdings war mir auch bewusst, dass es zeitnah abgerissen werden soll. Ich habe vom Hörensagen mitbekommen, dass die Sparkasse einen Nachpächter sucht, allerdings nicht aus der Gastronomie-Branche. Wegen der kurzen Zeit, die dieses Objekt noch besteht, haben sich vermutlich nur wenige Interessenten gefunden – und ich habe dann doch den Zuschlag bekommen.
Obwohl Sie doch eine Pause machen wollten...
Ja schon, aber ich habe mir gesagt: Komm, nimm die Gelegenheit wahr. Diese Lage ist so gut, da kannst du mit wenig Budget etwas aufziehen. Es war ja klar, dass es sich für die kurze Zeit nicht lohnen würde, Unsummen zu investieren. Mir geht es jetzt in erster Linie darum, uns an diesem Standort einen Namen zu machen und zu schauen, wie unser Angebot als Musikkneipe angenommen wird. Wenn wir den Namen etabliert haben, werden wir Ausschau nach Alternativen halten und gucken, wohin wir ausweichen könnten. Es wird indes schwer, einen so starken Standort zu finden.
Wie sieht Ihr Konzept für den „Verstärker“ aus?
Es wird zwar keine zweite Rumpelkammer geben, doch dieses familiäre Gefühl wollen wir auch hier transportieren. Ich möchte einen Laden haben, in dem der Wirt sich zu den Leuten setzt und sich unterhält. Natürlich wollen wir Veranstaltungen machen und regionalen Bands eine Plattform bieten. Wir brauchen für die Planung aber noch Zeit. Über die Weihnachtstage machen Events wenig Sinn, da ist mit dem Weihnachtsmarkt schon sehr viel Programm, was auch uns Gastronomen zu Gute kommt. Mit den Events starten wir 2018. Wir haben hier viele Möglichkeiten, allein schon wegen der Größe. Wir wollen etwa unsere regionalen Newcomerbands einladen und insgesamt ein breit gefächertes Genre anbieten. Wichtig ist: Konzerte sollen Abwechslung bieten, aber nicht unser Standbein werden. Wir sind in erster Linie eine Kneipe.
Wie lief der Tag der Eröffnung ab?
Das war wirklich wie in einer Doku Soap. Wir haben bis auf die letzte Minute geschraubt und Tische zusammen gebaut. Eine Stunde vor der Eröffnung waren wir noch einkaufen. Eine halbe Stunde vor unserem Einlass standen die Leute schon reihenweise vor unserem Lokal. Dann wurde es neun Uhr, und ich hörte, wie die Leute draußen den Countdown runter zu zählen. Das war unglaublich. Wir hatten nur ein Problem: Die Musik lief nicht. Was machst du dann? Ich bin raus, habe mich auf einen Stuhl gestellt, die vielen Menschen begrüßt und gesagt: Sorry, aber die Musik läuft noch nicht. Ihre Reaktion: Das ist nicht so wichtig, Hauptsache es gibt Bier. Unglaublich. Insgesamt waren die ersten Tage sehr erfolgreich.
Kaum zu glauben, dass trotzdem immer mehr Kneipen dicht machen. Woran liegt das?
Es ist klar, dass die typische Eckkneipe darunter leidet, das dort nicht mehr geraucht werden darf. Aber dem Großteil der Gastronomie tut das nicht weh. Es spielen viele Aspekte eine Rolle. Das allergrößte Problem ist, dass es immer schwerer wird, noch Geld zu verdienen. Warum? Das Ausgehverhalten der Menschen ändert sich. Ein Beispiel: Heute gehen schon die 16-Jährigen in die Disco, und lernen das Kneipenleben überhaupt nicht mehr kennen. Wir leben aber davon, dass die Jugendlichen mit 16, 17 die Kneipen kennen und lieben lernen. Und: Wenn man wenig Geld hat, dann spart man als erstes am Ausgehen, und nicht an den Klamotten.
>>> Info:
Öffnungszeiten: In der Wintersaison ab 18 Uhr, in der Sommerzeit bereits ab 14 Uhr. Der „Verstärker“ hat knapp 200 m² Gastfläche und verfügt über einen Biergarten mit zusätzlich 40 m². Insgesamt stehen inklusive Außenbereich rund 100 Sitzplätze zur Verfügung. <<<
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