Siegen. . Sie schauen nicht weg: Im Siegener Kulturhaus Lyz wurden am Montag Bürger ausgezeichnet, die in besonderem Maße Zivilcourage gezeigt haben.
- Siegener Bürger retten Leben, entlarven Trickbetrüger und helfen der Polizei
- Landrat Andreas Müller betont: „Zivilcourage ist keine Selbstverständlichkeit.“
- Appell von Dirk Schneider: Hinsehen und handeln statt wegschauen
Sie haben Leben gerettet, Trickbetrüger entlarvt und der Polizei dabei geholfen, Einbrecher zu schnappen: Im Kulturhaus Lyz wurden am Montagabend Bürger aus dem Siegerland dafür geehrt, in besonderem Maße Zivilcourage bewiesen zu haben. „Diese Ehrung zeigt, dass hier Menschen leben, die sich in besonderen Situation besonders positiv und mutig hervor tun“, betonte Landrat und Schirmherr Andreas Müller. Denn: „Zivilcourage ist keine Selbstverständlichkeit. Ein solch offenes Handeln erfordert großen Mut.“ Dirk Schneider, Regionaldirektor der AOK Nordwest und Mitorganisator dieser Veranstaltung, ermutigte in seiner kurzen Dankesrede: „Durch Zivilcourage schützen sie die Gesundheit anderer. Mein Appell: Hinsehen und handeln statt wegschauen.“
Ahmet Basyigit
Als sich Ahmet Basyigit aus Siegen im Sommer mit seiner Frau und seiner Mutter vor der Volksbank in Geisweid aufhält, fällt dem Trio eine mit Schal und Sonnenbrille vermummte Frau auf. Der 31-Jährige beobachtet die Unbekannte dabei, wie sie erfolglos versucht, Bargeld von einem Automaten abzuheben. „Sie war am fluchen“, erinnert sich der Siegener, der einen Handy-Laden besitzt, „irgendetwas stimmte da nicht.“
Als die verschleierte Frau die Bank verlässt, nimmt Ahmet geistesgegenwertig die Verfolgung auf – parallel dazu telefoniert er mit der Polizei. Wenige Augenblicke später steigt die Unbekannte in ein etwas abseits stehendes Auto ein. Doch sie entkommt dem aufmerksamen Siegener nicht: Ahmet Basyigit springt in sein Auto und fährt hinterher. Mit Erfolg: Ein paar Minuten später kann die Polizei das verdächtige Auto in Siegen stoppen – die Frau und ihre drei Komplizen werden vorläufig festgenommen.
Matthias Albert Hofmann
Dem Siegener Taxifahrer Matthias Albert Hoffmann ist es zu verdanken, dass eine ältere Dame einem Enkeltrick – einer bekannte Masche, mit denen sich Betrüger bei älteren Menschen als Verwandte ausgeben, ihr Vertrauen gewinnen und sie dann dazu bringen, ihnen unter einem Vorwand Bargeld zu leihen – in buchstäblich letzter Sekunde von der Schüppe springen konnte. „Ich sollte die Dame zu einer Sparkasse an der Leimbachstraße fahren“, erinnert sich Hofmann, dem jedoch nichts Gutes schwant.
Denn die Frau erzählt ihm, sie wolle für ihren Sohn einen wichtigen Botengang erledigen. „Das kam mir sehr komisch vor, zumal die Dame sehr nervös war“, berichtet der 56-Jährige. Kurz nachdem er sie vor der Bank rauslässt, kommt zufällig eine Polizeistreife vorbei. Hofmann zögert keine Sekunde und spricht die Beamten auf die ungewöhnliche Fahrt an. Zu dieser Zeit befindet sich die Frau noch in der Bank.
Dank des aufmerksamen Taxifahrers können die Beamten verhindern, dass die ältere Dame tatsächlich einen größeren Geldbetrag abhebt. Später wird klar: Es ging um sage und schreibe 48 000 Euro.
Dennis Berkenhoff
Vor rund zwei Jahren fasst der Student Dennis Berkenhoff, gebürtig aus Hemer, einen Entschluss: Wenn er Zeuge einer Straftat mit rechtsradikalem Hintergrund wird, will er nicht wegschauen. „Man bekommt immer mehr rechte Auswüchse im Netz zu sehen, da sollten wir entgegentreten und Flagge zeigen“, betont der junge Mann im Lyz.
Er hält seinen Vorsatz: Am 20. April dieses Jahres, dem Geburtstag von Adolf Hitler, bekommt Dennis mit, wie ein 29-Jähriger am Busbahnhof einen Hitlergruß macht – eine Straftat. Heimlich fotografiert er den Mann und zeigt ihn an. Nur wenige Tage später sieht er diesen, vermeintlich Rechtsradikalen wieder: Dieses Mal wendet er sich an die Bahnpolizei, die den Mann festnimmt. Später wird er vor Gericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro verurteilt. „Vielen Leuten ist so etwas peinlich, aber sie schauen einfach nur weg“, weiß auch Susanne Bald vom Kommissariat Kriminalprävention. Bei Dennis Berkenhoff ist das anders.
Arnold Flor
Arnold Flor wohnt mit seiner Frau Christel über einer Apotheke in Weidenau. Eines Nachts nehmen sie Geräusche im Erdgeschoss wahr, gehen aber zunächst davon aus, dass es sich um einen nächtlichen Bringdienst handelt. Als die Geräusche nicht aufhören, vermuten die Rentner einen Einbruch und verständigen die Polizei. Während Christel mit den Beamten telefoniert, geht Arnold raus auf den Balkon – und sieht, „wie eine Gestalt in die Apotheke rein marschiert und nicht mehr rausgekommen ist. Da habe ich mir gedacht: Das stimmt doch etwas nicht, die Apotheke hat doch zu.“
Wenige Augenblicke später trifft die Polizei ein und nimmt eine Einbrecherbande fest. Arnold Flor: „Plötzlich kamen die Polizisten aus allen Ecken. Einen besseren Krimi habe ich bisher noch nicht gesehen, da ist der Tatort im Fernsehen nichts dagegen.“
Margarete Jabs
Maragaret Jabs und ihr Mann Arnold sind vor etwa einem Jahr unterwegs zum Arzt, als sie ein fremder Mann auf offener Straße anspricht und fragt, ob sie ihm zwei Fünfzig-Cent-Stücke in ein Ein-Euro-Stück wechseln können. Zunächst ahnen die Rentner nicht, dass der Fremde sie bestehlen will. Doch während Arnold Jabs in seinem Portemonnaie nachschaut und der Fremde dabei seinen Geldbeutel festhält, ahnt Margarete, was hier vor sich geht. „Mich hat dermaßen die Wut gepackt, dass ich ihm ins Gesicht geschlagen habe“, erzählt die ältere Dame. Und siehe da: Tatsächlich hat der Unbekannte bereits einen 50-Euro-Schein an sich genommen, den er nach dem unerwarteten Schlag wieder fallen lässt. Aufhalten kann das Ehepaar den Dieb aber nicht.
Johannes Hoffrichter
Sie zögern keine Sekunde – und retten einem Kollegen so das Leben: In der Logistikhalle der Krombacher Brauerei erleidet ein Mitarbeiter einen Herzstillstand. Johannes Hoffrichter aus Reichshof und Lars Supplie aus Kreuztal reagieren geistesgegenwärtig und leisteten sofort Erste Hilfe. „Wir haben weder Puls noch Herzschlag gefühlt“, berichtet Johannes Hoffrichter, der zusammen mit seinem Kollegen sofort mit der Reanimation beginnt: stabile Seitenlage, Herz-Lungen-Massage, dann kommt der Defibrillator zum Einsatz. Ein Einsatz, der sich renitiert: Sie retten ihrem 35-jährigen Kollegen das Leben.
>>> Information:
Die jährliche Ehrung wird organisiert von der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein in Kooperation mit der AOK Nordwest sowie dem FC Eiserfeld.
Als Dankeschön überreichten die Veranstalter den geehrten Siegerländern neben einer Urkunde einen Gutschein für einen Hubschrauberrundflug.
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