Burbach. . Das Bauhaus-Gebäude hat eine aberwitzige Geschichte hinter sich und lag lange in einem Dornröschenschlaf. 80 Exponate werden versteigert.
- Exponate der ehemaligen Bergwerksdirektorvilla werden versteigert, der Erlös kommt der Sanierung zugute
- Die Gemeinde kaufte zwei Nachbargrundstücke, damit das Gebäude freier steht
- Ein konkretes Nutzungskonzept liegt noch nicht vor; Landhaus Ilse steht jedenfalls unter Denkmalschutz
Die Geschichte des Landhauses Ilse ist eine aberwitzige und die Gemeinde Burbach ist zu dem Gebäude gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Zumindest aber auf Umwegen. Mit dem Haus kam die Verwaltung auch an das Mobiliar der ehemaligen Bergwerksdirektorvilla – und das wird nun versteigert.
Die Möbel
Nicht wenige der Stücke sind so dimensioniert, dass sie handelsübliche Wohnzimmer ziemlich vollständig ausfüllen. Rund 80 Exponate stehen zur Zeit in einer Halle an der Leimekaute: Tische, Schränke, Stühle, Prunkspiegel, Truhen, gusseiserne Öfen, Kunstwerke, Lampen. Die sind eher Kronleuchter. Eine Bar aus Eichenbalken. Eine 18-teilige Badezimmerausstattung im floralen Design „Porcelaine de Paris France“ – mit Bidet. Eine Weinpresse von 1802. Und ein Karussellpferd aus der Zeit um 1900.
„Manche Schränke sind wohl eher für Wohnzimmer von 120 Quadratmetern und 4,50 Metern Deckenhöhe gedacht“, grinst Thomas Leyener vom Fachbereich Bauen, Wohnen und Umwelt. Ein Antiquar hatte die Stücke aus der Gründerzeit, dem Historismus, im Barock-Stil inspiziert und Mindestpreise festgelegt. Manche Stühle beginnen bei 50, manche Schränke bei 450 Euro.
Das Landhaus
Die Geschichte der BauhausVilla im beschaulichen Burbach also. Wie landet das Haus bei der Gemeinde? Und warum stand da eigentlich ein Schwung Prunkmöbel drin?
1. Der Bergwerksdirektor. Die Geschichte beginnt mit Walter Grobleben. Der baute das Haus am Erzweg 1924 für seinen Arbeitgeber, die Basaltwerke Westerwald. Als Bergwerksdirektorenresidenz und Gästehaus – die Küche zum Beispiel ist im Keller, damit die Herrschaften nicht von Essensgerüchen belästigt werden, ein Speiseaufzug führt zum Hochparterre. Entsprechend sind die Kellerräume dimensioniert. Bürgermeister Christoph Ewers, der um die zwei Meter misst, kann dort bequem aufrecht stehen.
Als die Basaltwerke pleitegingen, bekam Grobleben das Haus als Abfindung. Und wurde esoterisch: Er vertrieb angebliche Heilerde aus dem Buchhellertal. Aus den Weckgläsern wurde durchaus manche Schürfwunde auf Burbacher Fußballplätzen behandelt, erzählt Christoph Ewers. „Man hat sogar Pläne gefunden, dass Grobleben ein Silo für die Heilerde mit BASF in seinem Garten plante“, sagt der Bürgermeister.
2. Die Tochter. Bis zum Jahr 2000 gehörte das Landhaus der Familie, zuletzt Ilse, der Tochter Walter Groblebens – daher auch der Name. Sie lebte alleine dort. Nach Ilse Groblebens Tod fiel das Anwesen an den Bürovorsteher des Anwalts der Familie in Köln und das Haus in einen Dornröschenschlaf: Lange Jahre verbarg sich das Anwesen hinter einer hohen und dichten Fichtenhecke, niemand wusste so recht, was eigentlich dahinter lag.
Übrigens: Die Idee der Bauhaus-Architektur wurde von den Nazis verfolgt – „die Groblebens waren hinterher aber stramme Nazis“, so Ewers. Tochter Ilse soll Scharführerin beim Bund Deutscher Mädel (BDM) gewesen sein.
3. Die Nachbarin. Im Jahr 2000 kaufte Erika Wirtz das Gebäude: Die Kunstlehrerin und Unternehmerin entdeckte, was da eigentlich für ein architektonischer Schatz in ihrer Nachbarschaft stand. Wirtz beauftragte Gutachter und Experten, wollte den Schatz gewissermaßen heben, suchte auch den Kontakt zur Gemeinde. Aber zuerst kam der Fußballverein Fortuna Köln ins Spiel – und damit die Möbel.
Mit dem ehemaligen Präsidenten des Clubs, Hans „Jean“ Löring war Erika Wirtz liiert. Der Unternehmer residierte zu seinen besten Zeiten in einem Schoss; als es mit dem Verein und der Firma den Bach runter ging, wurden die Möbel angeblich verpfändet, so genau, sagt Ewers, wisse man das nicht. Jedenfalls löste seine Lebensgefährtin Erika Wirtz die Stücke nach seinem Tod aus und ließ sie nach Burbach bringen.
„Mit dem Bauhaus haben die Möbel nichts zu tun“, sagt Christoph Ewers. Auch Lörings Ex-Frau erhob Anspruch auf das Inventar, in einer Nacht- und Nebelaktion ließ die Staatsanwaltschaft in der Folge das Haus versiegeln, irgendwann wurde Erika Wirtz als Eigentümerin bestätigt. Aber damit sind Landhaus und Möbel immer noch nicht im Besitz der Gemeinde.
4. Der Adenauer-Enkel. Lörings Nachfolger als Präsident der Fortuna Köln hatte eine Tochter. Die wiederum heiratete Dr. Patrick Adenauer, Enkel des ersten Kanzlers der Bundesrepublik. Über den Fortuna-Kontakt bestand eine Freundschaft zwischen Landhaus-Eigentümerin Wirtz und Adenauer. Und als die Burbacherin schließlich starb, meldete sich Adenauer bei der Gemeinde – er hatte Haus samt Inhalt geerbt.
Vorschlag der Gemeinde: Er schenkt ihr Haus und Grundstück, die Möbel werden versteigert, den Erlös spendet Adenauer für die Sanierung von Landhaus Ilse.
Die Zukunft
Nun beginnt das fünfte Kapitel des Landhauses Ilse. Die Gemeinde erkannte das architektonische Potenzial des Bauhaus-Gebäudes, kaufte zwei Nachbargrundstücke, damit es weiter frei steht. „Das Haus ist in hervorragendem baulichen Zustand“, sagt Bürgermeister Ewers; Erika Wirtz habe das Dach neu machen lassen – bis in den Keller sei die Immobilie trocken.
Ein konkretes Nutzungskonzept liegt noch nicht vor; Landhaus Ilse steht jedenfalls unter Denkmalschutz. Auf jeden Fall soll es der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, sagt Ewers – und zwar am liebsten bereits im Jahr 2019. Dann feiert Deutschland 100 Jahre Bauhaus. Ein Traum, findet Ewers, wäre es, wenn Burbach aufgenommen wird in eine Route von 100 Bauhaus-Orten in der gesamten Republik.
>>>> INFO: Termine, Ort und Konditionen
Ein weiterer Besichtigungstermin ist Samstag, 11. November, von 13 bis 15 Uhr. Die Versteigerung ist eine Woche später: Samstag, 18. November ab 11 Uhr. Beides findet in der Arwey-Halle, Leimekaute in Burbach statt.
Konditionen: Die Abgabe des Mobiliars erfolgt nur gegen Barzahlung und bei Mitnahme. Garantie- und Haftungsansprüche sind ausgeschlossen.
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