Hilchenbach/Siegen. . Eine „richtige“ Verhandlung am Amtsgericht Siegen blieb aus: Der Angeklagte, ein Reichsbürger, wollte nicht auf der Anklagebank Platz nehmen.

Vor Saal 183 im Siegener Amtsgericht bildet sich am Mittwochmorgen eine Schlange. Wer das Verfahren gegen den auf den ersten Blick unscheinbaren, grauhaarigen Mann verfolgen will, der den Hilchenbacher Bürgermeister Holger Menzel genötigt und bedroht haben soll, muss zunächst die Sicherheitsschleuse vor dem Gerichtssaal passieren.

Nur Zuschauer mit gültigem Personalausweis kommen hinein, zudem durchsuchen die Wachtmeister Handtaschen und sammeln sämtliche elektronischen Geräte ein. Grund für die hohen Sicherheitsvorkehrungen: Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen sogenannten Reichsbürger, der den Deutschen Staat und seine Gerichtsbarkeit nicht anerkennt. Mit den Kontrollen soll der Schutz des Personals sowie der Zuschauer gewährleistet, und zudem vermieden werden, dass Handy-Videos entstehen – etwa aufgenommen von den Begleitern des Angeklagten. „Solche Personen freuen sich über die öffentliche Aufmerksamkeit“, so eine Sprecherin des Landgerichts. Durch die Maßnahme nehme man ihnen diese Plattform.

Verwirrende Aussagen

Nur wenige Minuten, nachdem Richterin Antonia Kuhli die Verhandlung eröffnet, wird sie schon wieder beendet. Der Beschuldigte weigert sich, auf der Anklagebank Platz zu nehmen, er bleibt im Zuschauerraum. Dafür fordert er die Richterin mehrfach auf, ihm vor Beginn drei Fragen zu beantworten:
Könne ein Gericht über Menschen verhandeln?
Trage das Gericht unlimitierte und unverjährbare Haftungen?
Handele ein Gericht souverän und könne dies vor einem internationalen Gericht beweisen?

Richterin Kuhli sah sich nicht verpflichtet, darauf einzugehen.

Eine Vorladung zur mündlichen Verhandlung hatte der Reichsbürger auch „nur“ erhalten, weil er Einspruch gegen den Strafbefehl der versuchten Nötigung – und somit gegen eine Geldbuße in Höhe von 150 Euro – eingereicht hatte. Der Vorwurf: Der Mann, dem während des Wortgefechts mit der Richterin immer wieder ein Grinsen über die Wangen huscht, soll von Bürgermeister Menzel Auskünfte verlangt haben, die er laut Anklage nicht beanspruchen durfte. So drohte der Reichsbürger mit „Veröffentlichung in einem internationalen Schuldnerverzeichnis sowie mit einer Anzeige beim Internationalen Gerichtshof.“

Um welche Art von Auskünften es dabei ging, kann die Sprecherin des Landgerichts nur vage beantworten: Ursache sei ein Vollstreckungsverfahren gegen den Vater des Angeklagten gewesen. Genauso verwirrend ist die Aussage des Angeklagten, dass er vor Gericht nicht die Treuhand übernehmen würde und nur als Begünstigter da sei – was auch immer er damit meinte. Am Ende der kurzen Auseinandersetzung weist Antonia Kuhli den Einspruch ab: Der Mann muss also weiterhin die 150 Euro bezahlen.


  • Die Lokalredaktion Siegen ist auch auf Facebook