Siegen. . Im Siegener Apollo-Theater treten zwölf junge Wortakrobaten im Wettbewerb um den besten Textvortrag gegeneinander an.
Poetische Wortgefechte, ein strenges Zeitlimit und eine willkürlich ausgewählte Publikumsjury – bei der NRW-Meisterschaft im Poetry Slam im Apollo-Theater traten zwölf junge Wortkünstler gegeneinander an. Ein Abend mit viel Kreativität, Unterhaltung und Witz. „Die Teilnehmer kämpfen heute um Ruhm, Ehre und einen Startplatz in Hannover“, sagte Moderator Tristan Kunkel. Er führte mit Jan Schmidt durch den Abend. Beide hatten zusammen mit Andreas Klein den NRW-Slam organisiert, der nun erstmals in Siegen stattfand.
Das Finale
Im ausverkauften Apollo-Theater machte Tobias Kunze den Anfang. Er gewann den ersten NRW-Slam im Jahr 2008 und war diesmal „Featured Artist“. Die Publikumsjury konnte sich also bei seinem Text erst einmal zurücklehnen, war er doch kein offizieller Teilnehmer des Wettkampfs. Gefordert war sie dann aber bei Dean Ruddock, der mit seinem nachdenklichen Auftritt den Anfang machte. Danach folgte Sven Hensel, der die Zuschauer sichtlich bewegte. „Meine Eltern haben einen Lieblingswitz, nämlich mich“, sagte er. Er könne mit ihnen nicht über seine Homosexualität, seine Art von Liebe, reden.
Was ist ein Poetry-Slam?
Felicitas Friedrich überlegte in ihrem Text, ob sie tatsächlich eine Liebschaft mit einem „Jahrgang 2000“ anfangen könne. Peter Panisch griff in seinem Text „Trennungskind“ hingegen die Gefühle eines Vaters auf, der seine Tochter nach der Scheidung gehen lassen muss. „Und bist du doch nicht bei mir, bringt uns nichts je auseinander“, hieß sein Schlusswort. Ein Auftritt, der ihm viel Applaus einbrachte und ihn ins Stechen einziehen ließ. Slammer Florian Stein redete in seinem Text über ein schnelles Rennen und sprach in ebensolchem Tempo. Leah Leaf richtete sich gegen das Schwarz-Weiß-Denken, Lukas Knoben erzählte, dass er schon eins mit dem „lyrischen Sport“ des Slammens sei.
„Ich bewege mich altersmäßig zwischen McDrive und Essen auf Rädern“, sagte Achim Leufker und machte sich über sein Alter in seinem Text „Old School“ lustig. Auch er zog damit ins Stechen ein. Andi Substanz stellte seinen Text „Weltgeschehen in Maschinerie“ vor, Malte Küppers sprach über die Stereotype, die seiner Meinung nach Märchen verbreiten. „Jeder Satz, jedes Wort, trägt mich weiter von mir fort“, sagte Elena Nern und erzählte von ihrer Welt des Schreibens und Lesens. Jean-Philippe Kindler regte sich in seinem Text über den Satz seines Vaters „Ich bin nicht sauer, bloß enttäuscht“ auf und geriet dabei in eine Art Sprechgesang. Auch er gelangte damit ins Stechen.
Das Stechen
Die drei Konkurrenten machten es hier noch einmal spannend: Peter Panisch kritisierte in seinem zweiten Text, dass man sich nicht glücklich kaufen könne. Achim Leufker plädierte für die gesellschaftliche Anerkennung des Misserfolgs und Jean-Philippe Kindler sprach über die Liebe.
Am Ende erhielt Kindler für seinen zweiten Auftritt von allen elf Publikumsjurymitgliedern fast durchgängig die höchst mögliche Punktzahl. Überrascht, etwas fassungslos, aber verdient bekam er als Sieger schließlich ein goldenes Krönchen aufgesetzt.
>>>> INFO: Die Auswahl und die Regeln
In vier Vorrunden qualifizierten sich 12 der 36 Teilnehmer für das Finale im Apollo. Stationen: Wolkenkuckucksheim, Picknicker und Schellack.
Regeln für die Slammer: Selbst geschriebene Texte, nicht komplett gesungen, fünfeinhalb Minuten Zeit, keine Hilfsmittel oder Verkleidungen.
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