Siegen. . Diakonie will Perinatalversorgung und Geburtshilfe am Standort Stilling halten. Wellersberg-Pläne von DRK und Marien-Krankenhaus sind „Schlag ins Gesicht
- Bemühungen um einen oft zitierten „regionalen Konsens“ sind damit gescheitert
- Diakonie empfindet Vorgehen von DRK und Marienkrankenhaus als „Schlag ins Gesicht“
- Rosenbauer: „Maximale Versorgung und Sicherheit von Mutter und Kind“ nur am Stilling
Der Verwaltungsrat der Diakonie in Südwestfalen lehnt den Bau eines Mutter-Kind-Zentrums, das am Standort der Kinderklinik am Wellersberg errichtet werden soll, ab. Diese Stellungnahme wird jetzt der Bezirksregierung vorgelegt, Bemühungen um einen oft zitierten „regionalen Konsens“ sind damit gescheitert. Wie das NRW-Gesundheitsministerium nun entscheidet, ist offen. Ebenso, was passiert, wenn es die erwarteten Strukturfördermittel nicht gibt.
Das sagt die Diakonie
Geschäftsführer Dr. Josef Rosenbauer verweist auf das Nebeneinander von Geburtsklinik und Perinatalzentrum am Standort des Klinikums Jung-Stilling: Dort gebe es „maximale Versorgung und Sicherheit von Mutter und Kind“. Dies wäre auf dem Wellersberg, weil es keine Anbindung an ein Akutkrankenhaus gebe, nicht der Fall. „Diese Pläne können Menschenleben gefährden.“ Dass Marien-Krankenhaus und DRK-Kinderklinik das Mutter-Kind-Zentrum dennoch beantragt hätten — und damit die Schließung des gemeinsam von Kinderklinik und DRK betriebenen Perinatalstandorts am Stilling –, werde als „ein Schlag ins Gesicht“ empfunden.
„Vergesst die Mütter nicht“, warnt Prof. Dr. Veit Braun, Medizinischer Direktor des Diakonie-Klinikums. Er und seine Kollegen nennen Beispiele für erforderlich werdende Intensivbehandlungen: das bei den Presswehen geplatzte Kopfaneurysma. Oder die Thrombose nach der Entbindung. Oder ein perforierter Blinddarm. „Da mussten wir das Kind rausholen und gleich danach die Chirurgen weitermachen“, berichtet Oberarzt Ameer Chmaa. Auch Andrea Kühn, leitende Hebamme in einem Team von 21 Kolleginnen, weiß das Nebeneinander von Kreißsaal, OP und Intensivstation zu schätzen. „Wirklich Tür an Tür.“ Natürlich, so Prof. Dr. Joachim Labenz, gebe es auch weniger gut ausgestattete Geburtskliniken. Aber eine Herabstufung von einem höheren Qualitätslevel, so der Medizinische Direktor, „wäre einzigartig.“
Das sagen die anderen
Hans-Jürgen Winkelmann, Geschäftsführer des Marien-Krankenhauses, widerspricht. „Natürlich betreiben wir auf dem Wellersberg eine Erwachsenen-Intensivmedizin.“ Dafür stünden die Ärzte von St. Marien und des Kreisklinikums bereit. „Alles andere wäre ja Wahnsinn.“ Die Vorgabe von Politik und Gesellschaft sei es in Siegen, „der Kinderklinik eine echte Überlebensperspektive zu geben“. Die habe sie ohne das Perinatalzentrum nicht, das nun auch um die Geburtshilfe des Marien-Krankenhauses ergänzt werden soll: „Wir wissen alle, dass die Kinder in der Kinderklinik am besten aufgehoben sind.“
Das könnte passieren
Wenn es keine Strukturfördermittel gibt, heißt das noch nicht, dass gar nicht investiert wird. Im bereits begonnenen Ausbau des Stilling-Klinikums seien alle bereits diskutierten Varianten umsetzbar, sagt Dr. Josef Rosenbauer: von neun Perinatal-Betten über zwölf (das war die Verabredung im vorigen Jahr) bis zu allen 24.
Hans-Jürgen Winkelmann lässt ebenfalls durchblicken, dass Marien-Krankenhaus und DRK das auf 20 bis 25 Millionen Euro kalkulierte Projekt auch mit der allgemeinen Krankenhausinvestionsförderung des Landes, die pauschal überwiesen wird, und mit Bankkrediten finanzieren könne. Nur schwieriger werde es dann halt.
Vielleicht kommt es doch zur Einigung. Immerhin, Prof Dr. Veit Braun, will die Region ja das Medizinstudium in Siegen. Da habe sich dann „die Qualität der medizinischen Versorgung auf allerhöchstem Niveau abzuspielen.“
>>> Zeittafel: Schwierige Geburt
2012 war die DRK-Kinderklinik in finanziellen Schwierigkeiten, Kreisklinikum und DRK-Landesverband als heutiger Träger sprangen zur Seite. Keine zwei Monate Bestand hatte die Verabredung, das Perinatalzentrum komplett am Diakonie-Klinikum zu konzentrieren.
2013 holte die Diakonie Gutachten ein. „Ein zukünftiges Mutter-Kind-Zentrum muss an ein Gesamtklinikum angegliedert werden“, schreibt der Gynäkologen-Funktionär Prof. Dr. Friedrich Wolf. Im selben Jahr verabreden Kinderklinik und Diakonie ein „trägerübergreifendes Perinatalzentrum“ am Standort Stilling.
2015 schlagen die Krankenkassen vor, das Perinatalzentrum an den Standort Stilling zu verlegen und die anderen Abteilungen der Kinderklinik sowie die Geburtshilfe des Marienkrankenhauses unberührt zu lassen. Die Kassen weisen drei andere Szenarien zurück: den Neubau einer Geburtsklinik auf dem Wellersberg (die Geburtshilfeabteilungen der Krankenhäuser würden geschlossen), die Verlagerung der Kinderklinik an den Standort Stilling oder lediglich die Aufstockung der Zahl Neugeborenenbetten am Standort Stilling (Vorschlag des Gesundheitsministeriums).
2017 unterstützt der Kreistag in einer Resolution den gemeinsamen Antrag von Marienkrankenhaus und Kinderklinik, auf dem Wellersberg ein „Perinatalzentrum höchster Versorgungsstufe“ mit Entbindungszentrum und Ausbildungsstätte für Hebammen zu errichten.
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