Netphen. . Die Böden von König + Co sind überall auf der Welt. Ein ganz besonderer „versteckter Champion“.
- CDU-Fraktion besucht das Unternehmen und lernt mehr über den Standort und die Geschichte
- König + Co ist versteckter Marktführer und liefert weltweit
- Einzigartig auf der Welt: Das 500 000 Liter Wasser fassende Tauchbecken mit Umwälzanlage
Was Rotkäppchen-Sekt und die Aida gemeinsam haben? Dass man da nicht drauf kommt, liegt daran, dass dieses Unternehmen aus Netphen ein „Hidden Champion“, also ein versteckter Marktführer, auch im Wortsinn ist: Rotkäppchen oder Deinhard, mit dem heute jemand anstößt, „kommt wahrscheinlich aus einem Behälter, der in Netphen gefertigt wurde“, vermutet Jochen König. Und wer mit der Aida in einen Hafen einläuft, ahnt nicht, dass der Flüssiggastank seines Traumschiffs in Netphen geformt und gepresst worden ist – die Flotten werden gerade umgerüstet, weil die Ostseehäfen nicht mehr mit Dieseltanks angesteuert werden.
König und Co: „Man sieht unsere Produkte kaum“, sagt Daniel Zimmermann, Organisationsleiter des Unternehmens. Aber eigentlich kann man, „egal wo man in Europa ist, so immer ein Stück Netpherland finden“. Das macht die Firma auch für junge Leute spannend, findet Zimmermann. Was, wie sich für die Gäste von der Netphener CDU noch zeigen wird, nicht ganz bedeutungslos ist.
Die Geschichte
Jochen König erzählt die Geschichte der Firma, die Urgroßvater und Großvater 1936 gegründet haben, indem sie eine ehemalige Schraubenfabrik kauften. Böden und Behälter waren das neue Geschäft. 1964 kam durch eine Betriebsübernahme ein Standort in Hockenheim hinzu, an dem vor allem Erzeugnisse aus Aluminium und Edelstahl gefertigt werden. 1995 mietete König sich auf dem Gelände der ehemaligen Firma Schmeck in Eiserfeld ein – daraus geht das neue Werk in Haiger hervor, das in diesen Tagen eröffnet wurde. Dort ist die „Weißfertigung“ Schwerpunkt, Böden und Formteile für die Getränke- und Nahrungsmittelindustrie.
Die Dimensionen
Die Besucher – angeschlossen haben sich Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach und Bundestagsabgeordneter Volkmar Klein – werden die Runde über das ganze Gelände an Industriestraße und Köhlerweg nicht schaffen. Das Areal ist immerhin um die 40 000 Quadratmeter groß. Böden und Sonderpressteile, auf die König sich seit 2001, nach der Aufgabe der noch raumgreifenderen Behälterfertigung konzentriert hat, sind nun einmal keine filigranen Werkstücke. Die Maschinen, mit denen sie geformt und gepresst werden, erst recht nicht. Dimensionen? Die Böden haben Durchmesser zwischen 21,3 Millimetern und 13,5 Metern und sind bis zu 30 Tonnen schwer, die Bleche sind zwischen 85 Millimetern und 20 Zentimetern dick, die Öfen glühen bei bis zu 1200 Grad. Die Kümpelpresse, die kalt und warm verformen kann und zum Abschrecken ein neun Meter tiefes, 500 000 Liter Wasser fassendes Tauchbecken mit Umwälzanlage hat, gibt es in dieser Dimension nur einmal auf der Welt.
Der Standort
Eigentlich, sagt Jochen König, gemeinsam mit Bernd König geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, „eignet sich das Siegerland nicht für die Herstellung großer Bauteile“. Die Frage, ob man nicht irgendwann in Hafennähe umzieht, um die immer längeren Odysseen um marode Autobahnbrücken herum zu vermeiden, hören die Chefs öfter: „Das hätte nie funktioniert“, sagt Jochen König. Die Mitarbeiter würden kaum mitziehen – und deren Expertise ist nun einmal unersetzbar. Haiger war so ein Kompromiss: autobahnnah, direkt neben STL, Königs Haus-Logistiker, erreichbar noch für die Mannschaft des aufgegebenen Eiserfelder Standorts. Und, so Jochen König weiter, „die Stadt hat sich extrem um uns bemüht.“ Netphen nicht? Die Frage von Rüdiger Bradtka läuft ins Leere. Für das mit der Standortsuche beauftragte Planungsbüro waren Flächen wie der Hang am Dreis-Tiefenbacher Bruch nie ein Thema. Zumal das Gelände an der B 62 zu der Zeit noch durch andere Planungen blockiert waren. Und Siegen? Die Grundstückspreise, die Gewerbesteuer …
Der Markt
König und Co beliefert je etwa zur Hälfte Kunden im In- und Ausland. Getränke-, Chemie-, Lebensmittelindustrie, Maschinen- und Anlagenbauer, die Energiewirtschaft. Diese Vielfalt, sagt Bernd König, „hilft uns, Schwankungen auszugleichen.“ Das Aufatmen, in Zeiten der Dieseldebatte und des Schwanengesangs auf den Verbrennungsmotor nicht von der Automobilbranche abzuhängen, ist hörbar. Leicht sind die Zeiten trotzdem nicht, der Weltmarkt hat sich seit der Krise von 2008 nicht mehr beruhigt. „Die Phasen für Veränderungen werden immer kürzer“, sagt Bernd König, „aber wir haben keine Angst, uns diesen Herausforderungen zu stellen.“ Ein junger Schweißer wird dabei sein, den das Unternehmen gerade für eine Ausbildung gewonnen hat. „Ein interessanter Job“, weiß Jochen König und verweist auf die Vielzahl der angewendeten Technologien. Nur so richtig herum spricht sich das halt nicht. Was halt zum Schicksal eines versteckten Champions dazugehört.
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