Siegen. . Dominik Eichbaum ist ein Bundestagskandidat ohne Partei. Aber mit sehr vielen Ideen für Siegen-Wittgenstein. Wir stellen den 38-Jährigen vor.

Dominik Eichbaum hat seinen Motorroller an der oberen Ecke Krönchen-Centers geparkt. Er nimmt den schwarzen Helm ab, es geht in die 9bar. Der 38-Jährige ist parteiloser Direktkandidat für die Bundestagswahl; parteilos aus Überzeugung, denn was er vorhat, ließe sich seiner Einschätzung in den derzeit bestehenden politischen Strukturen nicht umsetzen.

  • Anmerkung des Autors: Da dürfte er Recht haben

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„Viele Probleme der Zukunft fordern ganz neue Ansätze“, sagt er. „Die sind nicht mehr einseitig zu lösen. Wir brauchen Foren, Austausch, einen Marktplatz der Ideen und der Diskurse. Demokratie lebt von Beteiligung.“ Den etablierten Parteien, das wird schnell deutlich, traut er die erforderliche innovative und offene Herangehensweise nicht zu. Sie seien bestimmt von Hackordnungen, Formalismen, Hie­rarchien, würden neuen Leuten dadurch kaum eine Möglichkeit zum Einstieg bieten. Und „die etablierten Parteien kommen aus Zeiten, als es noch klare soziale Klassen gab“. Das sei aber „überholt. Die Parteien verlieren ihren Markenkern. Ich will dafür werben, dass Politik sich weiterenwickeln muss abseits von Parteien.“

  • Anmerkung Autor: Kaum fünf Minuten des Gesprächs sind rum. Große Politik außerhalb des Parteien-Apparats? Na, viel Glück! Aber Dominik Eichbaum hat sein Pulver noch längst nicht verschossen.

„Ich bin ein sehr liberaler, demokratischer Mensch mit einem Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit“, betont er. Er arbeitet als Wirtschaftsförderer bei der Stadt Siegen, wolle seine Kenntnisse auch nutzen, „um die Potenziale in der Region besser voranzubringen“. Mit Politik hat er es schon mehrfach versucht, trat 2014 bei der Landratswahl Siegen-Wittgenstein an, 2017 bei der Landtagswahl. Geklappt hat beides nicht, aber „das frustriert mich überhaupt nicht“, versichert er. Wichtiger sei etwas anderes: „Wenn meine Kinder mich in 20 Jahren fragen: Es war doch alles Wissen da – was hast Du damals eigentlich gemacht?“ – dann will er eine gute Antwort haben. Und selbst, wenn es nie etwas mit dem Sitz in einem Parlament werden sollte, bleibe doch die Vorbildfunktion. „Als Einzelkandidat kann ich den Menschen zeigen: Jeder kann sich engagieren. Es kostet aber Kraft, Zeit und Geld.“

  • Anmerkung: Über Politik zu sprechen, wenn die Ansätze für das politische Handeln zunächst einmal von der Forderung nach einer grundlegenden Veränderung der bestehenden Strukturen ausgehen – da dauert es naturgemäß etwas länger, bis es an Inhalte geht. Mein Latte Macchiato jedenfalls ist schon merklich abgekühlt, aber auch das hat Dominik Eichbaum auf dem Schirm: „Trinken Sie doch mal, bevor er kalt wird.

Außerhalb der Komfortzone

Mobilität, Umweltschutz, Bildung, Sicherheit, Finanzwesen, Arbeitsmarkt, Digitalisierung: Handlungsbedarf gibt es überall, sagt Eichbaum, und das sei den Menschen auch bewusst. „Wir haben natürlich die riesengroße Gefahr des Populismus. Der versucht, mit einfachen Antworten zu verführen.“ Tatsächlich sei es so, dass in der Gegenwart sowie in der nahen und mittleren Zukunft sehr komplexe Probleme sehr komplexe Antworten verlangen würden.

„Wir müssen für jedes Problem diejenigen Köpfe in der Gesellschaft aktivieren, die für die Lösung am besten geeignet sind.“ Statt der Parteien brauche es Plattformen, Eichbaum hat eine solche auf den Weg gebracht – mit dem Namen „Plattform 4D“. Sie sei „genau das richtige Instrument, um etwas anders zu machen, um Menschen zu aktivieren“. Ziel sei es „eine neue Bewegung aufzubauen“. Und: „Wir müssen Menschen auch dazu bringen, ihre Bequemzone zu verlassen.“

  • Anmerkung: Mich etwa auch? Dabei finde ich es gerade mit meinem fast kalten Latte Macchiato so gemütlich. Es wäre allerdings etwas einfacher, sich hinter der Zynikerpose in der Komfortzone zu verschanzen, wenn der Kandidat etwas esoterischer oder eifernder sprechen würde. Tut er aber nicht. Kommt alles sachlich, ruhig und durchdacht rüber.

Die Themen, die Problemlösungen seien „integriert zu denken“ – etwa Mobilität immer im Zusammenhang mit Umwelt- und Klimaschutz. Die Plattform ermögliche Menschen zwar auch eine projektbezogene Form der politischen Beteiligung, sei aber nicht willkürlich, sondern ein Instrument „zwischen Bürgerentscheid und dem Parteiensystem mit Wahlen alle vier Jahre“. Empörung sei in Ordnung, wenn daraus Handeln entstehe, wenn Menschen sich aus diesem Gefühl heraus engagieren. „Wir müssen uns verändern. ,Erfindet Euch neu’ ist ein Leitspruch für mich geworden.“ Es gebe keine Option „da weiterzumachen, wo wir stehen“. Und „Merkel ist für mich keine Option. Sie romantisiert eine Politik der alten Zeit.“ Damit könne man ihn ruhig zitieren.

Anmerkung: Geht klar. Eichbaum zitiert in seinen Ausführungen – „Wir alle lieben doch Zitate“ – Philosophen, Denker, Professoren, den Dalai Lama. Ziemlich spannend. Sofern man folgen kann.„Sie können mir glauben, dass ich mit meinen Meinungen bei vielen Menschen auf Widerspruch stoße.“

Anmerkung: Tue ich.

Mit dem Platz im Bundestag, da ist er realistisch, klappt es wohl nicht. Aber er hat ein Ziel, dass darüber hinausgeht. „Mir ist es wichtig, als Einzelkämpfer eine neue Perspektive einzubringen. Man kann auch aus der Mitte heraus Diskurse anstoßen.“

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