Siegen. . Das Siegerlandmuseum widmet „Rubens in Antwerpen“ eine eigene Ausstellung. Was klar wird: Der Barockmaler verfolgte viele sehr moderne Ansätze.

  • Siegerlandmuseum zeigt Sonderausstellung zu Rubens’ Leben und Werk
  • Augenmerk liegt auf seiner Zeit als Hofmaler in Antwerpen
  • Verbindung von Kunst und Kommerz im 17. Jahrhundert

Der Zeitpunkt war günstig; und Rubens ergriff die Chance: Ende des Jahres 1608 kehrte der in Siegen geborene Maler nach einigen Jahren im Ausland nach Antwerpen zurück. Er war sicher, dass die vom Krieg gepeinigte Stadt vor einem neuen Boom stand. An dem wollte er nicht nur teilhaben, er sollte ihn auf seine Art auch fördern. Das Siegerlandmuseum widmet dem Thema eine eigene Ausstellung: „Rubens in Antwerpen. Stecher der Rubens-Werkstatt“, zu sehen noch bis zum 17. September.

Die Zeit

„Als Rubens als Zehnjähriger nach Antwerpen kam, war es keine blühende Stadt“, sagt Prof. Ursula Blanchebarbe, Leiterin des Siegerlandmuseums. Das war 1587, Antwerpen war Teil der südlichen – oder spanischen – Niederlande und von kriegerischen Auseinandersetzungen gezeichnet. Als Rubens nach seiner Zeit als Hofmaler des Herzogs von Mantua im Dezember 1608 nach Antwerpen zurückkehrte, hatte das Statthalterpaar – Albert VII. von Österreich und die spanische Infantin Isabella Clara Eugenia – aber einen zwölfjährigen Waffenstillstand mit den nördlichen Niederlanden ausgehandelt. „Das war für Rubens entscheidend“, erläutert Blanchebarbe, „weil ihm klar war, dass alle Kirchen neu aufgebaut würden“ – und die Kirchen brauchten Bilder. „Eine clevere wirtschaftliche Entscheidung. Mit dem Waffenstillstand kam der Aufschwung.“

Der Geschäftsmann

Rubens wurde Hofmaler. Doch während Albrecht und Isabella in Brüssel residierten, durfte er sich in Antwerpen niederlassen. Noch so eine clevere Entscheidung, wie Blanchebarbe betont, denn „in Brüssel wäre er einer unter vielen gewesen“, während er in der Stadt an der Schelde der Star war. Als Maler war er bekannt, doch „er war eher ein Handwerker in der Sicht seiner Zeitgenossen – und in seiner eigenen Sicht“. In Antwerpen, einer Hochburg der Gegenreform, rissen die Aufträge nicht ab. Kunst und Kommerz waren dabei kein Widerspruch, sagt Blanchebarbe: „Bei Rubens ist die Spanne ganz kurz.“

Die Werkstatt

Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von Grafiken aus Rubens Werkstatt, die Aufschluss über seine Arbeit und seine Arbeitsweise gibt. Als Chef entwickelte er Bildideen und entwarf die Motive, zur Umsetzung „hatte er für alles Spezialisten: Hände, Köpfe, Tiere ...“, erklärt die Museumsleiterin. Viele Arbeiten entstanden direkt dort, wo sie später hängen sollten. Damit ließen sich nicht nur Transportkosten sparen, Rubens konnte auch auf die Umgebung reagieren und die Werke darauf ausrichten, etwa, was Blickbeziehungen zwischen dargestellten Figuren und Kirchenräumen anging.

Das Erlösmodell

Von den oft riesigen Gemälden abgesehen gab es noch die Stiche, von denen das Siegerlandmuseum nun etliche präsentiert. Rubens nutzte sie zur Dokumentation seiner Arbeit, ebenso als Werbematerial, um möglichen Kunden vorführen zu können, was seine Werkstatt bot. Die Grafiken wurden aber auch in Auflagen von 300 bis 500 Stück – genau ist das nicht immer bekannt – verkauft. Über ein so genanntes Privileg, also ein frühes Copyright, konnte Rubens die Drucke mit einem Signet versehen, das sie als „echt“ klassifizierte und gegen Kopien anderer Urheber abgrenzte. „Diese Werke waren nicht so teuer“, sagt Blanchebarbe über die Gewinne. „Bei Rubens machte es die Masse.“ Hinzu kam die enorme Leistungsfähigkeit und Produktivität seiner Werkstatt: Für die Jesuitenkirche in Antwerpen beispielsweise schuf er 39 Deckenbilder in einer Größe von je drei Mal vier Metern innerhalb von zwei Jahren; und parallel dazu entstand mit 22 großformatigen Bildern der Medici-Zyklus, der heute im Louvre in Paris ausgestellt ist.

Das Image

Rubens war gut vernetzt und wusste, wie er sich verkaufen musste. Wann immer er prestigeträchtige Aufträge hatte, erwähnte er sie in seiner Korrespondenz mit Freunden in ganz Europa, erzählt Blanchebarbe; aber nicht als Hauptthema der Briefe, sondern in Nebensätzen mit „Ach, übrigens“-Attitüde. Die Stadt ihrerseits profitierte von Rubens Strahlkraft. Persönlichkeiten wie die Statthalterin Isabella oder der polnische König kamen seinetwegen nach Antwerpen und trugen mit diesen Besuchen zu seinem Status als Hotspot bei.

Die Leistung

Die Zuordnung von Werken ist oft nicht einfach, weil Rubens nicht signierte. Eine seiner Leistungen lag sicherlich darin, die richtigen Leute für seine Werkstatt auszuwählen – auch wenn die Arbeitsbedingungen durchaus Potenzial nach oben gehabt haben dürften und nicht alle Mitarbeiter dem Druck dauerhaft standhielten. Doch natürlich ist Rubens’ Genius der Dreh- und Angelpunkt der Arbeiten. „Was ich an Rubens besonders schätze, sind seine Zeichnungen“, sagt die Museumschefin. „Die stecken voller Esprit, voller Ideen. Und sie beweisen sein großes Wissen an ausgefallenen Themen.“

>>>>INFO

Die Ausstellung „Rubens in Antwerpen. Stecher in der Rubens-Werkstatt“ im Siegerlandmuseum läuft noch bis zum 17. September im Oberen Schloss. Sie ist Teil des Siegener Kunstsommers. Führungen sind möglich – Info: 0271/23 04 10.

Das Siegerlandmuseum ist dienstags bis sonntags von 110 bis 17 Uhr geöffnet.


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