Siegen. Wissenschaftler der Universität Siegen haben mit europäischen Partnerneine kostenlos zugängliche Lernplattform für Fremdsprachen entwickelt.

20 junge Menschen sitzen im Seminarraum und tippen auf ihren Smartphones, Christian Gerhus steht an der Tafel. Was Lehrende in anderen Veranstaltungen tendenziell auf die Palme bringt, ist dem Leiter des Deutschkurses für Flüchtlinge an der Universität Siegen ausdrücklich recht: Denn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich die App „Comalat“ heruntergeladen – ein Sprachlernsystem, das Siegener Wissenschaftler gemeinsam mit Kollegen aus Griechenland und Spanien entwickelt haben. Sprach- und Integrationskurse für Flüchtlinge oder Arbeitsmigranten sind eine Anwendungsmöglichkeit des Systems.

Software stellt sich auf Nutzer ein

„Comalat ist eine offene Lernplattform. Lehrende können dort Übungsmaterialien hochladen und dann in ihrem Unterricht damit arbeiten“, erklärt der Projektverantwortliche Prof. Udo Kelter von der Uni Siegen. Vor allem aber bietet die App die Möglichkeit, sich selbstständig Sprachkompetenzen anzueignen. Dazu haben Sprachlehrer je einen Anfänger- und Fortgeschrittenenkurs Deutsch, Englisch und Spanisch entwickelt. Das Besondere: Die Software ist so programmiert, dass sie aus der Interaktion mit den Nutzern „lernt“ und sich ans jeweilige Lernverhalten anpasst. „Mithilfe von statistischen Verfahren werden Stärken und Schwächen der Nutzer untersucht“, so Kelter. „Am Ende jeder Einheit bekommen sie ein individuelles Feedback. Bei Bedarf empfiehlt das System zum Beispiel passende Zusatz-Aufgaben.“

Die Programmierung der Software sei die größte Herausforderung gewesen, so Projektmanager Johannes Zenkert. Den Lernfortschritt beurteilen und korrigieren – eigentlich originäre Aufgaben eines Lehrers. Bei Comalat wird dies von der Software imitiert.“

Die App ist neu.   
Die App ist neu.    © Uni

Beteiligt an der Entwicklung waren die Fachgruppe Praktische Informatik (PI) und das Institut für Wissensbasierte Systeme und Wissensmanagement (WBS) unter Leitung von Prof. Madijd Fathi. Unterstützt wurden die Siegener Forscher von Informatikern der Aristoteles-Universität Thessaloniki. Die Lehrmaterialien haben Expertinnen des Sprachenzentrums der Universität Alicante in Spanien entwickelt.

Mit der App lassen sich laut einer Mitteilung der Uni vor allem die so genannten passiven Sprachkompetenzen – Wortschatz, Lesen, Hörverstehen – trainieren. In den Anfängerkursen werden Grundlagen vermittelt. Die darauf aufbauenden Module enthalten auch spezielles Vokabular aus Berufsfeldern wie Medizin, Tourismus oder Wissenschaft und Technik. „Als wir mit dem Projekt begonnen haben, hatten wir als Zielgruppe besonders Arbeitsmigranten aus Südeuropa im Sinn. Also junge Menschen aus Spanien oder Italien, die auf der Suche nach einem Job oder Ausbildungsplatz nach Deutschland kommen und schnell Deutsch lernen müssen“, sagt Kelter.

Erfahrungen im Praxistest

Mit den Flüchtlingen seien weitere potenzielle Nutzer hinzugekommen. Um das Programm auch für sie nutzbar zu machen, wurden Bedienelemente und Erklärtexte von Mitarbeitern des Uni Siegen-Projekts „Geflüchtete helfen Geflüchteten“ zusätzlich auf Arabisch übersetzt. „Wir sind sehr dankbar, dass wir Comalat in den Deutschkursen für Flüchtlinge auch praktisch ausprobieren konnten“, betont Johannes Zenkert. „Die Zusammenarbeit mit Christian Gerhus hat uns wertvolle Hinweise geliefert, mit denen wir die Plattform noch weiter verbessern konnten.“

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