Netphen/Wilnsdorf. . Verwaltungen zweifeln, dass die neue Landesregierung ihren Kurs durchsetzen kann. Netphen hält an Planung fest. CDU will Verfahren stoppen.

  • Die CDU-Ratsfraktionen greifen das Signal der neuen Landesregierung auf
  • InNetphenkonzentriert sich die Planung auf den Hellerkopf auf der Höhe zwischen Sieg- und Werthetal
  • InWilnsdorfgeht es um die Gernsbacher/Tiefenrother Höhe und Kalteiche und die Nachbargemeinden Netphen, Neunkirchen und Burbach

Die CDU-Ratsfraktionen greifen das Signal der neuen Landesregierung auf. In den Ratssitzungen in Netphen und Wilnsdorf stehen am Donnerstag Anträge auf der Tagesordnung, die weitere Planung von Windkraft-Konzentrationszonen auszusetzen.

In Wilnsdorf geht es nicht nur um die beiden Bereiche Gernsbacher/Tiefenrother Höhe und Kalteiche, sondern auch um die Planung der Nachbargemeinden Netphen, Neunkirchen und Burbach an den jeweiligen Gemeindegrenzen zu Wilnsdorf. In Netphen konzentriert sich die Planung auf den Hellerkopf auf der Höhe zwischen Sieg- und Werthetal; auf die Pläne auf der Haincher Höhe hat die Stadt keinen Einfluss — der von Investor und Waldgenossen gewünschte Windpark liegt in der Gemarkung Dietzhölztal und damit bereits auf hessischem Gebiet.

Die Landesregierung will, dass Windräder einen Mindestabstand von 1500 Metern zur Wohnbebauung einhalten — im Siegerland hatten die Kommunen meist mit 1000 Metern geplant —, und sie will den Neubau von Windrädern im Wald unterbinden. Der Regionalrat hat in seiner letzten Sitzung das Verfahren für den umstrittenen Energie-Regionalplan beendet — darin sollte den Kommunen vorgegeben werden, wo und wieviel Fläche sie für Windparks zur Verfügung stellen.

Der Fall Netphen

Die örtlichen Verwaltungen reagieren zurückhaltend auf die neuen politischen Vorgaben. In der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion, die jetzt dem Kreistag vorgelegt wurde, empfiehlt die Verwaltung „dringend, bereits angestoßene kommunale Planungen weiter zu betreiben“. Würde das laufende Flächennutzungsplanverfahren aufgehoben, so die Vorlage der Netphener Bauverwaltung, hätte ein Investor derzeit Anspruch auf Baugenehmigungen an beliebigen Standorten. Denn ihre einzige Konzentrationszone in Salchendorf hat die Stadt aufgehoben. Auch der bisher geplante 1000-Meter-Abstand wäre dann hinfällig. In NRW gelten nämlich bisher keine gesetzlichen Mindestabstände, die einzuhalten wären. Die Stadt habe dann auch keine Möglichkeit mehr, Bauanträge für neue Windräder um bis zu zwei Jahre zurückzustellen, indem sie auf laufenden Planverfahren verweist.

Die Position des Kreises

Skeptisch äußert sich die Kreisverwaltung zu den Aussichten, dass das Land die angestrebten Änderungen überhaupt umsetzen kann:
Das „Privileg“, Windkraftanlagen im städtebaulichen Außenbereich errichten zu dürfen, steht im Baugesetzbuch. Würde der Bundestag dieses Privileg streichen, wären Windräder nur im Innenbereich möglich — „was nicht gewollt sein kann“.

Der Windenergieerlass des Landes sei für die Kommunen nicht mehr als eine „Empfehlung und Hilfe zur Abwägung“. Nachgeordnete Behörden müssten sich daran halten, für die Kommunen sei er aber nicht verbindlich. Das gelte für alle bisherigen Erlasse und auch für den jetzt geplanten. „Die einseitige Bestimmung sogenannter Tabubereiche“ sei „für die planenden Kommunen unbeachtlich“. Das gelte auch für Landesentwicklungs- und Regionalplan. Genehmigt würden die Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, die Absichten der Koalition hätten darauf „derzeit keine rechtlichen Auswirkungen“. Es erscheine auch „zumindest fraglich“, ob das bundesrechtliche Windkraft-Privileg durch Landesverordnungen aufgehoben werden können. An ein Windrad--Tabu im Wald werde sich allenfalls der Landesbetrieb Wald und Holz halten müssen, der die „Waldumwandlung“ genehmigen muss.

Aber auch dieses „Planungshindernis“ erscheint der Kreisverwaltung „nicht unüberwindlich“.
Den Abstand von 1500 Metern sehe der Koalitionsvertrag nur zu reinen und allgemeine Wohngebieten vor, nicht aber zu Einzelgehöften oder Dorfgebieten. Es sei auch fraglich, ob diese Absicht rechtssicher umzusetzen sei. Ende 2015 ist nämlich eine Sonderregelung im Baugesetzbuch ausgelaufen, die es Bundesländern ermöglicht hat, selbst Mindestabstände zu bestimmen. Nordrhein-Westfalen habe davon keinen Gebrauch gemacht.