Allenbach. . Die erste Generation des Musikzweigs am Gymnasium Stift Keppel in Hilchenbach kommt in der Oberstufe an.

  • Erste Generation des Musikzweigs am Gymnasium Stift Keppel in Hilchenbach-Allenbach erreicht die Oberstufe
  • Stundenplan mit bis zu vier Stunden Musik, Chorgesang, Orchesterspiel und schuleigener Musikschule
  • Zum Kulturtag am Dienstag gibt es ein Sommerkonzert — und einen neuen Flügel

„Ist das d-Moll, Herr Lösch?“ Musiklehrer Benjamin Lösch berät den Schüler am Klavier, während andere in Gruppen mit Glockenspielen operieren, dazu Notizen auf Notenblättern machen, überlegen. Die Sechstklässler schreiben Akkorde zu einem Popsong. Etwa ein Drittel der Plätze ist frei. Die Mädchen und Jungen sind im Spiegelsaal bei Stimmbildnerin Andrea Stötzel. Atmen mit Olaf, dem batteriegetriebenen Rentier, das ist das Ritual zum Auftakt, damit die Stimme warm wird. „Atmen!“, mahnt Andrea Stötzel. Und dann Singen. „Aber alle mit dem gleichen Ton!“

Alltag: Fynn und Lou

Fynn Hecker ist auch in dieser Klasse 6 m. Der Buchstabe steht für „Musik“. Wer hier mitmacht, hat jede Woche bis zu vier Stunden Musik, doppelt so viel wie die anderen. Singt im Chor oder spielt im Orchester. Lernt ein Instrument, in der schuleigenen Musikschule, nach dem Unterricht. Eigentlich wollte Fynn nur in die Klasse, weil seine Freunde da auch hin wollten. Die haben sich auf den letzten Drücker dann aber doch anders orientiert. Fynn blieb dabei. „Ich mag Musik.“ E-Gitarre spielt er inzwischen nicht mehr. Aber Schlagzeug.

Lou Weber ist in der 9 m – sie gehörte zu den ersten, die 2012 in den neuen Musikzweig des Gymnasiums eingestiegen sind und die jetzt die Oberstufe erreichen. „Am Anfang war man aufgeregt“, erinnert sie sich an das erste Konzert. Klarinette hat sie schon gespielt, in Keppel kamen die Klavierstunden dazu. Im Klassenorchester haben sie gleich gemeinsam gespielt. „Eine ziemlich wichtige Erfahrung“, sagt Lou. Das macht selbstbewusst, weiß Stimmbildnerin Andrea Stötzel, die alle Jahrgänge begleitet hat. Und das motiviert: „Es ist wichtig, dass man nicht ins Leere hinein probt.“ Zum Abschluss des Schuljahrs, beim Kulturtag, kommen natürlich auch alle Musikschüler auf die Bühne.

Hintergrund: Klänge

Keppel klingt. Orchester. Unter-, Mittel-, Oberstufenchor. Kammermusikensembles. Aktuell auch eine Blechbläsergruppe mit dem aparten Namen Blechreiz. „Manchmal gibt es auch eine Schulband“, sagt Christina Kolberg-Böhm, die Sprecherin der Musik-Fachkonferenz. Je nachdem, wie die Instrumente besetzt sind. Die nächste 5, weiß Benjamin Lösch, „sieht sehr populärmusikalisch aus.“ Die Jungs sind ungewöhnlich stark vertreten. E-Gitarristen, Saxophonisten, Schlagzeuger.

Insgesamt stellen Keppels Musikschüler fast ein großes, komplettes Orchester auf die Beine. Fehlen nur noch Kontrabass, Horn und Euphonium. Schulleiter Dr. Jochen Dietrich interveniert. Nein, die ganzen Ensembles sind nicht dafür da, jeden halbwegs geeigneten Anlass, wie es dann immer so schön schrecklich heißt, musikalisch zu umrahmen. „Ich wehre mich ja auch als Kunstlehrer, die Dekoration der Schule zu sein.“ Für die Musik gilt das mit demselben Recht.

Alltag: Jule und Johanna

Jule Obscherningkat ist in der 5 m. „In der Grundschule habe ich mal Flöte gespielt“, erzählt sie, „hier habe ich angefangen, Klavier zu lernen.“ Für das Frühlingskonzert hat sie schon zu einem vorgegebenen Rhythmus ein Stück für ihr eigenes Instrument geschrieben. Ob sie dabei bleibt? Auch sie kann das immer wieder neu entscheiden: In der 8 zum Beispiel, wenn die Musikkurse Teil des Wahlpflichtunterrichts werden. „Wir wollen da ein bisschen Durchlässigkeit bieten“, sagt Oberstudiendirektor Dr. Dietrich, „es ist wichtig, dass da nicht eine Expertengruppe heranwächst.“ Wobei den Vorsprung von Johanna sicher niemand mehr aufholen wird.

Johanna Kiess besucht die 8 m, sie ist auch in der Mittelstufe dabei geblieben – insgesamt sind es nur noch zehn von denen, die in der 5 eingestiegen sind. „Ich wollte auf jeden Fall in diese Klasse“, berichtet sie, „ich fand das schön, mit anderen im gleichen Alter zu musizieren.“ Sie spielt Cello und Klavier. Und ist schon mehrfach bei Jugend musiziert dabei gewesen. Ja, lässt sie sich schließlich von Christina Kolberg-Böhm entlocken, einmal auch mit einem ersten Preis. „Ich will auf jeden Fall immer was mit Musik machen“, weiß sie jetzt schon. Ob als Beruf, muss sie ja noch lange nicht entscheiden. Für Lou Weber steht fest: „Für mich ist das ein Hobby.“ Was in den drei folgenden Oberstufen-Jahrgängen geht, entscheiden die Jugendlichen am Ende selbst. Mindestens zehn müssen es schon sein, damit ein Leistungskurs gebildet werden kann. Zwei Mal ist das in den letzten zehn Jahren gelungen. Und das ist viel, sagt Christina Kolberg-Böhm: „Wir sind ein kleines Fach.“ Die Zahl der Musik-Abiturienten in NRW liegt im unteren dreistelligen Bereich. Im untersten.

Hintergrund: Töne

Die Musik gibt den Ton an? Andrea Stötzel berichtet von den Achtklässlern, die noch eine Mittagspause mehr opfern, um weiter bei der Stimmbildung dabei zu sein. „Das fällt schon so manchmal auf, bei den Fußballturnieren zum Beispiel“, sagt Benjamin Lösch. Da sind die m-Klassen halt nicht die stärksten. Das will Fynn so nicht stehen lassen: „Das liegt an der Sportart.“ Er selbst braucht Zeit für die Leichtathletik, Johanna fürs Reiten.

Ausklang

Im Spiegelsaal ist der nächste fliegende Wechsel zwischen den Gruppen vorbei, für den Kulturtag gibt es noch einmal einen Durchgang von „We are the World“. Auch in dieser 6 m zeichnet sich die nächste Herausforderung ab – der Stimmbruch bei den Jungen. „Wir arbeiten uns langsam in die Tiefe hervor“, sagt Andrea Stötzel. Alternativen gibt es aber auch. „Manche spielen dann Schlagzeug.“ Das Pausenklingeln wird überhört. „Nun lasst mal richtig was raus.“ Lassen sie.

>>HINTERGRUND: Zertifikat „Musik +“ auf Abizeugnis

Für Musik gibt es Schulnoten. Und, neuerdings, das Zertifikat „Musik +“ in den Abstufungen Gold, Silber und Bronze, je nach erreichter Punktezahl. Punkte werden vergeben für die Teilnahme am Musikunterricht, für Ensemblepraxis, Stimmbildung und Instrumentalunterricht, außerdem für musikalisches Engagement außerhalb der Schule und für Erfolge bei Wettbewerben.

Mit Bronze wird auf jeden Fall der Musikzweig in den Klassen 5 bis 7 gewürdigt, auch wenn der Schüler oder die Schülerin sich in der Mittelstufe anders orientiert. Bronze kann aber auch noch schaffen, wer erst in der 8 einsteigt. „Damit soll auch das dokumentiert werden, was nicht in den Noten sichtbar ist“, sagt Christina Kolberg-Böhm.

Immerhin schaffen manche Musikspezialisten ja auch schon nebenbei die Chorleiterprüfung oder den C-Organistenschein bei den Kirchenmusikern.

>>>>INFO: Neuer Flügel steht im Mittelpunkt

Keppel ist KULTur heißt es am Dienstagabend, 27. Juni. Um 18.30 Uhr wird im Konventsaal die Ausstellung „LAND Plateau“ des Siegener Künstlers Marc Ba­ruth eröffnet – ein Beitrag zum Kunstsommer 2017.

Um 19.30 Uhr beginnt in der Aula das Sommerkonzert mit Orchester, Chören und Solisten. Das ist dann auch die große Stunde der Musikklassen. Bei dieser Gelegenheit wird auch der Flügel in Dienst gestellt, den Mäzenin Barbara Lambrecht-Schadeberg der Schule schenkt. „Wir haben großzügige Sponsoren“, sagt Oberstudiendirektor Dr. Jochen Dietrich. Was sich auch im Alltag des Musikzweigs immer wieder bewährt, wenn die Schul-Musikschule sich um Instrumente für den Unterricht neuer Schüler bemüht.

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