Freudenberg. . Der Freudenberger Sascha Wrischnig erweckt altes Holz wieder zum Leben: Aus Sperrmüll, Balken, Brettern werden individuelle, unverwechselbare Stücke.

  • Der Freundenberger verdient sein Geld eigentlich mit dem Bau von Küchen- und Ladeneinrichtungen
  • Für ein Gewürzregal nutzte Wrischnig einen alten Zaunpfahl, den der Vater der Kundin gesetzt hatte
  • Seine ungewöhnlichen Ideen begeisterten zuerst Bekannte, mittlerweile hat er viele Kunden

Sascha Wrischnig kommt an kaum einem Sperrmüllstapel vorbei, ohne irgendetwas davon mitzunehmen. „Müllradar“ nennt das seine Frau liebevoll. Alles andere als Müll ist das, was Wrischnig daraus macht: Aus alten Stühlen, Tischen, Balken, Regalen, Eisenbahnbohlen, Kirchentreppen oder Gerüstplanken fertigt er Möbel. Und was für welche.

Z Ich bin Autodidakt, zu hundert Prozent. Angefangen hat Wrischnig durch Zufall, mehr oder weniger. Er hatte etwas herumprobiert und ein Möbelstück aus altem Holz gebaut. Wer zu Besuch kam, war begeistert, wollte auch sowas. Und das sprach sich herum. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, weiterzumachen, wenn nicht so viele Leute begeistert wären“, sagt Wrischnig. Seine Brötchen verdient er mit dem Bau von Küchen- und Ladeneinrichtungen. Aber der Möbelanteil steigt.

Z Ein Möbelstück soll eine Verbindung haben zu dem, für den ich das baue. Das macht Wrischnigs Möbel erst einzigartig. Klar, sie sehen klasse aus: Rustikal, industriell, used look, Upcycling – wie auch immer man das bezeichnen will. Ein Beispiel: Für ein Gewürzregal nutzte Wrischnig einen alten Zaunpfahl, den der Vater der Kundin gesetzt hatte – der Frau standen die Tränen in den Augen, weil er den Zaun des Papas eingebaut hatte.

Alles was er baut, muss ihm gefallen, erklärt Wrischnig – und wenn man das dem Stück ansieht, dann gefalle es zu 99 Prozent auch dem Kunden. „Ich baue nicht nur auf Bestellung“, sagt er, „sondern weil ich Bock drauf habe.“ Selbst Kleinigkeiten werden umgebaut, etwa Halterungen für Visitenkarten oder Stifte.

Sascha Wrischnig, der Möbelkünstler

Handwerker Sascha Wrischnig aus Freudenberg stellt in seiner Firma D-Trash in Siegen im Sinne des sogenannten Upcycling Möbel aus Dingen her, die ansonsten auf dem Müll gelandet wären. Er bezeichnet sich selbst als Möbelkünstler .
Handwerker Sascha Wrischnig aus Freudenberg stellt in seiner Firma D-Trash in Siegen im Sinne des sogenannten Upcycling Möbel aus Dingen her, die ansonsten auf dem Müll gelandet wären. Er bezeichnet sich selbst als Möbelkünstler . © WP
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Z Wer etwas baut, überlegt sich was und setzt es zusammen. Ich gucke, was ich habe und versuche, ihm eine neue Aufgabe zu geben. Das ist der zweite Ansatz der Wrischnig’schen Möbelkunst: Wiedeverwertung. „Es werden haufenweise Bäume gefällt, um Möbel herzustellen“, sagt er, dabei gibt es überall Material, das entsorgt würde, wenn Wrischnig es nicht nutzte, um etwas Neues, Eigenes zu schaffen. Vieles findet er in Online-Kleinanzeigen, oder er fährt über die Dörfer, schaut bei den Leuten auf die Grundstücke, klingelt und fragt, ob er das Zeug haben kann. „Da liegt oft tonnenweise altes Holz.“

Z Ich schmier ein bisschen drauf rum, dann spachtel ich ein Brett, dann mal ich wieder. Sascha Wrischnig hat keinen festen Plan, die Werkstücke geben vor, was aus ihnen werden könnte. „Ich hab einfach ein Auge dafür“, Wrischnig zuckt die Schulter, keine Ahnung wo er das her hat. Vielleicht von Ikea, da hat er Küchen geplant, verkauft und montiert, da lernt man etwas über Form, Funktion und Größe. Er sieht die Form, die Größe und denkt: „Das ist ein Kerzenständer.“ Oder ein Sideboard oder ein Weinregal oder eine TV-Bank oder ein Kerzenständer aus einem alten Hobel...

Z Irgendwann hatte ich den Kniff raus. Wrischnig hatte alte Balken mit Holzspachtel bearbeitet und geschliffen – aber das bröckelte, weil das Holz so trocken war. Ein Mechaniker gab ihm den Tipp: Autospachtel. Das hielt, Wrischnig probierte weiter. Er verdünnte Acryllack, spachtelte, sprühte, schliff und strich – und heute weiß er, was welchen optischen Effekt hat. Zum Beispiel lackiert er ungeschliffenes Holz, wenn es noch offenporig ist, weil die Farbe tief einzieht. Wenn er abschließend schleift, entsteht diese Gebraucht-Optik, die jedes Stück zu einem Unikat macht. „Klar könnte ich das alles glätten“, sagt Wrischnig. Aber dann würde ja das Leben verschwinden, das, was es ausgemacht hat.

Z Aus dem Kopfteil dieses uralten Betts wird ein Beistelltisch. Wrischnig ist für das Stück bis nach Wetzlar gefahren. Als Tischbein könnte ein alter Gerüstfuß dienen, „um die Funktion einzubauen“, wie er sagt: Das Teil ist höhenverstellbar. Etwas ähnliches hat er schon einmal gebaut, für eine Lehrerin, die es leid war, beim Korrigieren der Klassenarbeiten zu sitzen. Also baute Wrischnig ein höhenverstellbares Stehpult, mit Stiftablagen und allen Schikanen – „seit vier Jahren steht sie da“, sagt er. Er hat zu fast allen seinen Kunden noch Kontakt.

Sascha Wrischnig auf Facebook:

Z Was verdienst du denn die Stunde? antwortet Wrischnig auf die Frage nach den Kosten. Fixpreise gibt es bei ihm nicht. „Es dauert lange, bis ein Brett so aussieht, wie es bei mir aussieht, das ist keine Arbeit aus dem Handgelenk. Aber man soll’s sich leisten können.“ Manchmal, sagt er, gehe es weniger ums Geld, als dass jemand sagt „Wie geil.“ Wrischnig hat zum Beispiel eine Kinderküche gebaut. Viele Eltern sind begeistert, aber nicht alle können sich das leisten. Also bietet Wrischnig demnächst einen Workshop für alleinerziehende Mütter an: Kinderküche selber bauen. „Sie zahlen eine kleine Summe und können zusammen mit ihren Kindern die Küche fertigmachen.“ Er glaubt fest an Karma, wenn er jemandem was Gutes tut, bekommt er das auch irgendwie zurück. „Das fühlt sich einfach gut an.“

Z Ich kenne das Gefühl wenn du Hunger hast. Jetzt weiß ich, warum die Leute fasten – man wird klar im Kopf. Ohne einen Euro in der Tasche lebte Wrischnig einige Zeit auf der Straße. Er hatte das Fliesenleger-Geschäft seines Vaters übernommen, und als ein großer Bauträger in Insolvenz ging, „ging ich gleich mit“, sagt er. Irgendwann landete Wrischnig in Frankfurt, wohnte in einer Gasse. „Wenn ich manche Leute nicht gehabt hätte, wäre ich heute nicht hier.“Mit seiner Arbeit will er seinen Beitrag zur Gesellschaft leisten: Den Erlös seiner Versteigerung „Möbel für Menschen“ in Kerstins Wohnlust an der Löhr­straße – mehr als 1440 Euro – spendete Wrischnig an das Café Patchwork für die Obdachlosenarbeit.

Bilder und Infos auf Facebook

Den Kontakt, weitere Bilder und zusätzliche Informationen gibt es auf Sascha Wrischnigs Facebookseite unter dem Stichwort „D - Trash“ sowie auf www.lebensraum-1.de

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