Siegen. . Psychiatrie am Kreisklinikum und depressiver Patient handeln Absprachen für stationäre Behandlung aus – und das gilt, wie eine Patientenverfügung

  • Projektgruppe aus Fachleuten und Patienten erarbeitet Dokument für Kreisklinikum
  • Aufgeführt sind dort rechtlich bindende Festlegungen zur Therapie in der Psychiatrie
  • Erklärung wird in längerem Prozess aus verschiedenen Blickwinkeln ausgehandelt

In einer psychischen Ausnahmesituation kann die sogenannte Siegener Behandlungsvereinbarung Sicherheit und Vertrauen schaffen. Die neu geschaffene Erklärung zum Patientenwillen legt konkrete Absprachen für künftige stationäre Behandlungen in der Psychiatrie am Kreisklinikum Siegen fest. Erarbeitet hat das Dokument eine Projektgruppe aus Fachleuten und Patienten.

Was genau ist die Siegener Behandlungsvereinbarung?
Die Siegener Behandlungsvereinbarung ist ein rechtlich bindendes Dokument zwischen Patient und der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Kreisklinikum – vergleichbar einer Patientenverfügung. Darin legt der unter Depressionen leidende Patient auf Basis seiner Erfahrungen, seinen Willen zu bestimmten Behandlungsmethoden oder Medikamenten fest, auf Basis seiner bisherigen stationären Erfahrungen und mit genug zeitlichem Abstand dazu – gewissermaßen als Experte seiner selbst

Wichtig in der Psychiatrie ist der Umgang mit Krisensituationen, ob dann etwa Tropfen oder Tabletten leichter eingenommen werden oder was der Beruhigung dient – und was nicht. Beteiligt werden können auch Angehörige oder Vertrauenspersonen.

Wozu dient das?
Um „Blessuren auf beiden Seiten zu vermeiden“, sagt Christiane Schmenn, Sozialarbeiterin und Koordinatorin der Siegener Verhandlungsvereinbarung. Die Einlieferung in eine psychiatrische Klinik ist eine Ausnahmesituation, in der der depressive Patient sich ohnehin schon befindet. Die Vereinbarung soll ein grundlegendes Vertrauensverhältnis schaffen zwischen Patient, Arzt und Pfleger – deswegen auch das Aushandeln im wortwörtlichen Sinne, das Zusammenführen verschiedener Blickwinkel.

Tenor: „In guten Zeiten für schlechte Zeiten vorsorgen“. Dazu sollte, erklärt Schmenn, der letzte Klinikaufenthalt einige Zeit zurückliegen und sich der Patient in einer stabilen Phase befinden, um in der Rückschau die nötige Objektivität aufbringen zu können.

Martin Stoffel, Mitglied der Projektgruppe, ist selbst lange Patient der Klinik für Psychiatrie gewesen. „Ich habe zum Beispiel nicht vereinbart, dass ich bei Einlieferung keine Fixierung wünsche“, sagt er. „Dabei läge das eigentlich nahe. Ich weiß aber wie ich sein kann und dass die Fixierung dann das einzig handhabbare Mittel ist.“

Es sei ein sehr intensiver Prozess der Auseinandersetzung mit sich selbst. Aber es lohne sich; dadurch „vergrößert sich der Abstand zur Klinik“, sagt Schmenn – alle Patienten, die bisher eine Behandlungsvereinbarung getroffen hätten, mussten nie wieder zwangseingewiesen werden.

Wer kann eine Behandlungsvereinbarung treffen?
Ursprünglich für Zwangseinweisungen gedacht, kann inzwischen jeder, der wegen einer depressiven Episode in einer Klinik gewesen ist eine solche Vereinbarung treffen. Sie gilt deutschlandweit, etwa kann man in seine Notfallkarte eintragen, dass eine Behandlungsvereinbarung existiert, die behandelnden Mediziner vor Ort können dann auf relevante Unterlagen in der Siegener Klinik zurückgreifen.

>>>>INFO: Kontaktadressen

Ein Vordruck kann bei der Klinik angefordert werden, er steht auch zum Download unter www.kreisklinikum-siegen.de/downloads zur Verfügung.

Für Fragen steht Koordinatorin Christiane Schmenn unter 0271/705-60 99 22 oder per Mail an c .schmenn@kreisklinikum-siegen.de zur Verfügung, sie kann auf Wunsch auch den Kontakt zu den anderen Mitgliedern der Projektgruppe herstellen.

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