Netphen. . Finale für die Ruanda AG: Partner aus Netphen und Kigali verabschieden sich nach zwei Jahren — vorerst. Dicker Scheck vom Theaterprojekt .
Es kommt drauf an, wo man anfängt: Im Juni 2013, als Lehrerin Ursula Wussow mit ihrer damaligen 8 b den Schülersonderpreis des Medienpreises der Deutschen Aids-Stiftung in Innsbruck abholte — da kam Ruanda auf den Stundenplan der Realschule Am Kreuzberg. Oder im Mai 2015, als die damaligen 8. und 9. Klassen von Ursula Wussow mit der Fotografin Marie Köhler und ihrem My-Talent-Projekt der Root Foundation in Kigali/Ruanda zusammengebracht wurden.
Auf Augenhöhe
In ihrem Theaterstück „Benefiz — Auf Augenhöhe“ haben die Netphener eine Schülergruppe gespielt, die mit einer Theateraufführung Spenden für Afrika sammeln will und darüber in Streit gerät. „Auf Augenhöhe“ war das Leitmotiv der Ruanda AG seit dem Start mit Marie Köhler: Begegnungen, in denen alle geben und nehmen.
Je nach dem: Nach vier oder zwei Jahren beginnt eine letzte Stunde. Im Netphener Ratssaal. Und bei der Stiftung in der ruandischen Hauptstadt. „Ihr habt Menschen auf Augenhöhe kennen gelernt“, sagt Bürgermeister Paul Wagener, Schirmherr dieser Partnerschaft, „das verdient Anerkennung und großen Respekt, was ihr über einen so langen Zeitraum geleistet habt.“
Die Party
Die Mädchen und Jungen in Ruanda feiern eine Party. Tanzen, trommeln, singen. Ziemlich unbeeindruckt vom Ruckeln der Bilder, die ihnen von ihrem Netphener Publikum per Skype übertragen werden. „Ist ja auch arg weit weg“, merkt Lehrerin Monika Misterek trocken an, als das Bild auf einmal ganz weg ist. „Wir sind gleich wieder da, hatten gerade Stromausfall“, blinkt es in der Kurznachricht auf, „Wie geht’s?“ „Hi.“ „Thank you, my Brothers.“ So was zerhackt kein Datensignal. Auch in Netphen wird, etwas verhaltener, gefeiert: Es gibt einen Tanz, eine Geschichte und ein Gruppenfoto, für das sich die Ruanda AG vor der Laptop-Kamera aufbaut. „It was a very nice evening“, wird sich Celina Schrage am Ende im Namen ihrer Mitschüler verabschieden. Nun ja: Was immer auch Kigali und Netphen voneinander unterscheidet — die Uhrzeit ist es nicht. Eher wohl das Temperament.
Das Millionending
„Der hört überhaupt nicht mehr zu“, sagt Ursula Wussow und gibt sich geschlagen bei ihrem Versuch, noch einmal direkt mit Patrick Kiruhara ins Gespräch zu kommen. In Kigali wird gejubelt: Fast zwei Millionen Ruanda-Franc kommen auf das Konto der Stiftung und sichern damit Schulgeld und Lernmaterial für die 40 Straßenkinder in Kigali. Umgerechnet sind das 1250 Euro: So viel haben die Netphener mit ihrem Theaterstück „Benefiz — Auf Augenhöhe“ in nur zwei Vorstellungen eingespielt.
Das war das zweite große Projekt der AG. Nach dem Musikvideo „Let’s talk about Love“, für das die Gruppe im Schulwettbewerb des Bundespräsidenten ausgezeichnet wurde und mit dem sie den Schulwettbewerb „Gemeinsam für Afrika“ gewonnen hat. Und dabei bleibt es nicht. Jan Hendrik Blanke, Leiter des Schülerfilmfestivals NRW, ist mit einer Urkunde nach Netphen bekommen: 17 von 34 eingereichten Videos kamen ins Programm in Mark, die Jury bedachte die Netphener mit einer „Lobenden Erwähnung“.
Die Zukunft
Die stellvertretende Schülersprecherin — „Vice President of the Student Council“ auf Englisch, Patrick findet auch dafür ein Wort auf Kinyarwanda – verlängert den Jubel: Ihren jährlichen Tag für Afrika, an dem die Jugendlichen sich Arbeit für einen guten Zweck bezahlen lassen, widmet die Realschule am 8. Juni ebenfalls der Root Foundation. Es wird der letzte Tag dieser Art sein – die Schule besteht noch 95 Tage, formal. Tatsächlich Schluss ist am 30. Juni. Die Jugendlichen verabschieden sich mit einem Feuerwerk. Von ihrer Schule. Und von Kigali. Die, die damals mit Marie Köhler angefangen haben, können vielleicht weitermachen. „Drückt mal ein bisschen die Daumen“, sagt Ursula Wussow, „so ganz abgeschlossen ist das Projekt noch lange nicht.“ Die Lehrerin wird im nächsten Schuljahr nämlich auch einige Stunden am Netphener Gymnasium unterrichten. Nach ihrem Sabbatjahr, in dem das Theaterstück entstanden ist. Und bis dahin? Urlaub. Drei Wochen. In Afrika, natürlich.