Siegen. Siegmund und Mathilde Hochmann hatten sich 1919 in Siegen niedergelassen, hier kamen die Kinder Fanny, Betty und Jakob zur Welt.
Orte mit besonderer Bedeutung für ihre Familiengeschichte besuchten vier Ehepaare aus Isreal in Siegen. Klaus Dietermann, Leiter des Aktiven Museums Südwestfalen, führte nun Enkel des jüdischen Ehepaars Siegmund und Mathilde Hochmann herum.
Stationen
Siegmund und Mathilde Hochmann hatten sich 1919 – von Galizien kommend – in der Giersbergstraße 26 (heute Samuel-Frank-Straße) niedergelassen. Das Paar gründete ein Schuhgeschäft am Marburger Tor. In Siegen kamen die Kinder Fanny (1929-2015), Betty (1922-2015) und Jakob (1924-1999) zur Welt. Sie besuchten die Volksschule am Unteren Schloss. Durch Boykott der jüdischen Geschäfte und die „Arisierung“ verlor Hochmann seinen Schuhladen.
Da die wirtschaftliche Lage der Familie immer aussichtsloser wurde, bereitete sie ihre Auswanderung vor. Die 15-jährige Betty floh im Februar 1938 als erste nach Palästina, wohin ihr ein Jahr später ihr Bruder Jakob folgte. Schwester Fanny gelangte im selben Jahr nach Holland. Während der deutschen Besatzungszeit wurde sie von holländischen Widerstandskämpfern mit einer Gruppe deutscher Juden versteckt. Sie gelangte von dort erst 1947 zu ihren Geschwistern nach Palästina.
Betty Hochmann heiratete in Palästina den Berliner Juden Seev Holz. Sie bauten sich bei Natanya einen landwirtschaftlichen Betrieb auf und bekamen vier Kinder. Nach dem Tod ihrer Mutter 2015 beschlossen diese, in nicht allzu ferner Zukunft die Stadt zu besuchen, in der ihre Mutter, Tante und ihr Onkel aufgewachsen waren. Den Großeltern Hochmann war die Flucht aus Deutschland nicht mehr gelungen. Sie gehörten zu den Siegerländer und Wittgensteiner Juden, die am 28. April 1942 von Siegen aus in die südpolnische Stadt Zamość deportiert und ermordet worden waren.
Spurensuche
Klaus Dietermann hatte die Kinder von Betty Holz bei einem Besuch in Israel kennen gelernt. Die vier Ehepaare zeigten sich im Aktiven Museum beeindruckt von der Dokumentation der regionalen jüdischen Geschichte. Viele bekannte Namen jüdischer Familien tauchten auf, die sie aus den Erzählungen ihrer Eltern kannten.
Vor dem Haus in der Alten Poststraße 16 blieben die Gäste lange an den Stolpersteinen stehen, die dort an die Hochmanns, den Schwager Saul und die Schwägerin Fanny Hausmann erinnern. Weitere Stationen waren die ehemalige Stadtschule am Unteren Schloss, das Schuhgeschäft in der Marburger Straße oder der kleine Weißwarenladen, den Siegmund Hochmann zuletzt noch in der Löhrstraße betrieb.
Rund 50 Briefe für Archiv des Aktiven Museums
Zum Abschluss ihres Besuchs übergaben die Gäste aus Israel für das Archiv des Aktiven Museums Südwestfalen wertvolle Dokumente: etwa 50 Briefe, die Siegmund Hochmann zwischen 1938 und 1940 an Tochter Betty und Sohn Jakob aus Siegen nach Palästina geschrieben hatte. Diese werden in den nächsten Monaten ausgewertet.
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