Wilnsdorf. Die Bewohner des „Haus an der Weiß“ dürfen Hund Marlowe füttern und streicheln. Malteser bilden Hunde speziell für den Umgang mit Senioren aus.
- Marion Winter und Hund Marlowe besuchen regelmäßig die Bewohner des Seniorenheims „Haus an der Weiß“
- Anderthalb Stunden lang dürfen die Senioren den Hund füttern, streicheln und mit ihm spielen.
- Malteser-Besuchshunde werden in einer halbjährigen Ausbildung für den Umgang mit Senioren trainiert.
Klein, schwarz und flauschig. Das ist der erster Eindruck vom Hund „Marlowe“, der heute im Haus an der Weiß die Bewohner besuchen wird. Sein Frauchen Marion Walter hält ihn noch an der Leine, als er neugierig jeden beschnuppert.
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Im Laufe des Morgens soll sich das jedoch ändern. Marlowe ist ausgebildeter Besuchshund. „Wir schauen mal, wen wir treffen“, sagt Marion Walter, als es hinein geht. Carola Schulze, Betreuerin im Haus an der Weiß ergänzt: „Wir klären meistens vorher ab, wo man hingehen kann und wo nicht.“ Das muss je nach Stimmung und Tagesform entschieden werden.
Im Gruppenraum
Die erste Station ist ein Gruppenraum auf der Ebene für Demenzkranke. Auf dem Weg dorthin erklärt Anett Chalupa von den Maltesern Siegen, dass Besuche von Hunden in dem Seniorenheim keine Seltenheit sind. „Außer Marlowe kommen auch noch zwei andere Hunde hier her, ein dunkler und ein heller Labrador.“ Die Tiere sorgen dafür, dass sich die Bewohner öffnen und in ihrem Alltag etwas Neues erfahren können.
Im Gruppenraum kann man das live erleben. Als Marion Walter mit Marlowe herein kommt und ihn von der Leine macht, ist die Freude groß. Einige der Bewohner erinnern sich sogar noch an den Vierbeiner. „Da muss ich wieder lachen“, freut sich eine Bewohnerin am Kopfende des Gemeinschaftstisches. Sie kann sich trotz ihrer Krankheit noch gut an die Besuche der Vierbeiner erinnern.
Liebevoller Umgang
Auch bei den anderen stößt Marlowe auf Zuneigung und Begeisterung. „Er ist ein lieber Spatz“, bestätigt eine andere Bewohnerin, die Marlowe inzwischen auf dem Schoß hat und ihre Wange in sein dunkles, weiches Fell schmiegt. Auch diese Nähe sei wichtig, erklärt Carola Schulze: „Unsere Bewohner freuen sich, wenn sie mit den Hunden kuscheln und sie streicheln können, denn das fehlt ihnen.“
Marlowe hat auf jeden Fall seinen Spaß, denn sein Frauchen hat Leckerli mitgebracht. So können auch diejenigen, die ihn nicht direkt auf dem Schoß haben möchten, den Hund füttern und bei sich spüren. „Die Hunde können meist mehr erreichen als wir Menschen“, sagt Anett Chalupa und wenige Minuten später beweist sich das:
Eine Bewohnerin beugt sich eigenständig im Rollstuhl vor, um den Vierbeiner sehen und füttern zu können, fast keine Hilfe von den Betreuerinnen ist dazu nötig. Als sie ermutigt wird, den Hund zu rufen, reagiert dieser auf das „Marlowe, komm mal her“ vorbildlich und legt seine Vorderpfoten auf ihre Knie.
Hohe Toleranzschwelle und gut sozialisiert
Im Besuchsdienst mit Hund des Malteser Hilfsdienstes kommen nur gut sozialisierte Familienhunde zum Einsatz. Sie müssen in speziellen Eignungstests zeigen, dass sie über eine hohe Toleranzschwelle verfügen und sich auch in schwierigen Situationen nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Der Mischling aus Cocker Spaniel und Cavalier-King-Charles Spaniel ist auch schon routiniert – seit zwei Jahren kommt Marion Winter mit ihm in die Einrichtung. „Ich bin damals durch eine Anzeige in der Zeitung darauf aufmerksam geworden“, sagt sie auf dem Weg durch das sehr gemütlich eingerichtete Heim. Ihr verstorbener Mann habe sehr viel Spaß mit dem Hund gehabt und auf diese Weise möchte sie anderen eine Freude machen.
Im Zimmer
Und das gelingt auf ganzer Linie – die nächste Station ist das Zimmer eines Ehepaares, das sich durch Marlowe an den eigenen Hund erinnert fühlt. „Unser Hugo, der war auch so einer. Etwas kleiner, aber genauso lieb“, sagen sie. Hier wird Marlowe mit einem Ausnahme-Leckerli verwöhnt, denn in einer Dose auf dem Nachttisch hat der Bewohner Kekse für Hundebesuch aufbewahrt. „Den können Sie gerne direkt hier lassen“, sagt er und streichelt den Hund ausgiebig.
Dass sich der Hund so vorbildlich verhält, wird vor der Einstellung als Besuchshund durch die Malteser in einer Ausbildung festgestellt, die durchschnittlich ein halbes Jahr dauert. „Jeder neue Bewerber wird einem Wesenstest unterzogen“, sagt Chalupa. „Denn es kann vorkommen, dass der Hund wegen eventuellen Anfällen auch mal unsanft angefasst wird. Dann muss er absolut ruhig bleiben und darf nicht aggressiv werden.“
Im Wintergarten
Diesen Test hat Marlowe bestanden, denn auch bei der letzten Station für diesen Tag behält er einen kühlen Kopf. Im Wintergarten der Einrichtung zaubert er allen Anwesenden ein Lächeln ins Gesicht – auch denen, die sonst nur verträumt vor sich hin schauen. Spätestens dann, wenn sie ihn füttern dürfen, sind sie begeistert bei der Sache.
Und wenn Marlowe doch mal etwas zu überschwänglich ist, beruhigt ihn Marion Walter mit einem „Langsam“. Sie selbst hat ebenfalls einiges dazu lernen müssen, denn auch der Umgang mit Demenzkranken muss geübt werden. „Man kann dabei auch vieles falsch machen“, so Walter.
Nach anderthalb Stunden hat Marlowe genug, er ist müde und macht es sich auf dem Boden bequem. Die Bewohner im Wintergarten verabschieden sich von dem Vierbeiner und seiner Besitzerin, aber der Trennung wird nicht lange dauern – bald werden die beiden wiederkommen, um die Bewohner für kurze Zeit vom Alltag abzulenken.
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