Siegen. . Bilder des Fotografen Erich Koch zeigen, wie sich Siegen durch die Bombenangriffe verändert hat. Sie dokumentieren auch den Wiederaufbau.
- In 78 Farbaufnahmen von Erich Koch zeigen die Herausgeber des Bildbands Siegen im Wandel
- Im Blickpunkt steht die Zerstörung durch den Krieg und der anschließende Wiederaufbau
- Hinzu kommen drei Aufsätze, die die Bilder entsprechend einordnen
Siegen im Sommer 1943 oder 1944. Blauer Himmel. Man mag sich in diese warmen Tage hineinversetzen, mit den Menschen flanieren, auch mitten über die Kölner Straße, die so gut wie autofrei ist, obwohl sie erst in knapp 30 Jahren Fußgängerzone wird.
Man entdeckt Vertrautes: Salamander, Kaisers Kaffeegeschäft, Esders, Benders. Und man ist irritiert: zunehmend. Dieser Junge dahinten — der trägt eine Uniform der Hitlerjugend. Das Mädchen? Ist im BdM, im Bund Deutscher Mädel.
Erich Koch hat das beiläufig fotografiert, für ihn und auch niemanden sonst war das Anfang der 1940er etwas Besonderes. Es ist das Verdienst von Andreas Bingener und Friedrich Reuter, in den Bildunterschriften auch auf solche Details aufmerksam zu machen.
Sie sind Herausgeber des Bildbands mit 78 Farbaufnahmen von Erich Koch. Der erste Teil aus den Jahren 1943 und 1944. Der zweite von 1946 bis 1948. Dazwischen lag der 16. Dezember 1944, der Tag, an dem Siegen bei einem Bombenangriff zerstört wurde.
Wiederaufbau der Stadt Siegen dauert lang
Das Irritierende ist der vermeintliche Frieden, den Erich Koch fotografiert hat. Wie aus heiterem Himmel scheint eine Welt untergegangen — und der Fotograf will beweisen, dass das Idyll keine Illusion war. Auch drei Jahre später scheint dieselbe Sommersonne durch dieselben Cumuluswolken auf dasselbe Krönchen.
Siegen vor und nach der Zerstörung
Viel mehr aber ist nicht übrig geblieben. Die Kirchen, die Bunker, Oberes und Unteres Schloss. Dazwischen eine riesige Trümmerlandschaft, gegliedert durch die alten Straßenzüge, in denen nun niemand mehr flaniert. Da, wo mächtige Häuser standen, befinden sich nun Behelfsheime.
Er hat lange gedauert, dieser Wiederaufbau — erst Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre wurden die letzten Lücken geschlossen. Die Zerstörung der alten Stadt endete übrigens auch nicht mit dem Krieg. Ballhaus und Marstall des Unteren Schlosses wurden nicht wieder aufgebaut, die Bäume auf dem Schlossplatz wichen dem Kaufhausbau.
Zwei Spaziergänge durch die Straßen des Siegbergs
Kern des Bildbands sind die zwei Spaziergänge durch die Straßen des Siegbergs. Abgerundet wird die Darstellung durch drei Aufsätze: Rolf Löttgers berichtet über Erich Koch (1914-1986), den Freizeitfotografen, der in der Registratur der Rewe in Eiserfeld arbeitete. Koch fotografierte auch den Brand der Synagoge 1938; nach dem Krieg baute er einen Ansichtskartenverlag auf.
Andreas Bingener schreibt über die „Stadt auf dem Siegberg“ und ihre Baugeschichte, die sich lange auf den Bereich innerhalb der Stadtmauer beschränkte — erst Eisenbahn und Industrialisierung stießen das Wachstum der Stadt an, die 1856 erst 7451 Einwohner hatte.
Und Corinna Nauck schildert das Ausmaß der Zerstörungen, vor allem aber den Wiederaufbau. Allein die „Enttrümmerung“ dauerte bis 1951.
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