Siegen. . Die vier Siegener Krankenhäuser haben im Rahmen des Pflegekongresses darüber diskutiert, wie der Pflegeberuf in Zukunft attraktiv bleiben kann.

  • Erstmals haben alle vier Siegener Krankenhäuser am zweiten Pflegekongress teilgenommen
  • Dabei wurde darüber diskutiert, wie der Pflegeberuf attraktiv gehalten werden kann
  • Knapp fünf Millionen Menschen könnten bis 2060 pflegebedürftig sein

Mehr alte und pflegebedürftige Menschen, weniger Junge, sinkendes Interesse an den Pflegeberufen, mitunter schwierige Arbeitsbedingungen: Prognosen sagen den Pflegeberufen voraus, besonders vom demografischen Wandel betroffen zu sein. Sich dem entgegenzustemmen ist keine Aufgabe, der sich eine Einrichtung, eine Region oder auch nur ein Bundesland allein widmen kann

. Alle vier Siegener Krankenhäuser bieten mit dem zweiten Siegener Pflegekongress Beschäftigten und Fachleuten eine Plattform zum Austausch und Gelegenheit zur Information über Entwicklungen, Probleme – und Lösungsansätze.

Die Ist-Situation

Von dreimal mehr Über-80-Jährigen im Jahr 2060 spricht Landrat Andreas Müller, 4,7 Millionen Pflegebedürftigen statt derzeit 2,7 Millionen, vom deutlich erhöhten Bedarf an Fachpersonal bei deutlich verändertem Arbeitsmarkt: Die Zahl der Schulabgänger sinkt, davon streben immer mehr ein Studium an – „Pflegeberufe verlieren an Attraktivität“, sagt er.

Das Image ist schlecht, eine körperlich und seelisch belastende Aufgabe, bei der in Sachen Bezahlung Luft nach oben ist. Angesichts sich verändernder Familienstrukturen werde wohl auch die Zahl pflegender Angehöriger sinken.

Ein Horrorszenario? Nein. Frank Fehlauer vom Diakonie-Klinikum widerspricht dem Klischee vom schlecht bezahlten Knochenjob: „Ein schöner, vielseitiger Beruf mit Karrieremöglichkeiten“. Henning Klappert vom Kreisklinikum bringt Stellschrauben ins Gespräch, an denen gleichzeitig gedreht werden müsse, um den Beruf zukunftsfähig und wieder attraktiv zu machen

Die Stellschrauben

Pflegekammer: „Der Beruf muss sich selber organisieren“, sagt Henning Klappert. In Rheinland-Pfalz wurde die erste Kammer bereits gegründet, Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben entsprechende Gesetze verabschiedet. Klappert formuliert es vorsichtig: „In NRW gibt es zumindest die Tendenz, neu drüber nachzudenken.“ Sinnvoll sei das etwa bei der Verankerung von Qualitätsstandards, Weiterbildung oder Prüfungsmodalitäten.

Gesundheit des Personals: Seit Jahren beobachte sie, dass das Pflegepersonal nicht ausreichend auf seine Gesundheit achte, sagt Petra Gahr vom St.-Marien-Krankenhaus. In Zeiten von Arbeitsverdichtung und Personalknappheit seien Sport, Entspannungsangebote oder auch nur eine ordentliche Mittagspause mit gesunder Ernährung umso wichtiger, sonst gerate man eher in einen „Teufelskreis der Überforderung“, so Gahr.

„Ein tieferes Gesundheitsverständnis fehlt vielen“, sagt sie, man müsse lernen, Leben und den Beruf gesünder zu gestalten – und Arbeitgeber müssten natürlich auch entsprechende Angebote machen. „Gerade wenn die Rahmenbedingungen knapper werden, muss man noch mehr auf sich selbst achten.“

Eine Entwicklung, die Petra Nick von der DRK-Kinderklinik beobachtet hat: Jüngere Kollegen achten deutlich mehr auf den Freizeitausgleich. „Als ich in den Beruf kam, hieß es noch, dass Pflegende kein Privatleben hätten. Da verändert sich was.“

Interprofessionelle Zusammenarbeit: Uwe Mayenschein, DRK-Kinderklinik, sieht Potenzial bei der „Minimierung von Reibungsverlusten in der Zusammenarbeit der Berufsgruppen für eine effizientere Gesundheitsversorgung“: Teamarbeit von Ärzten und Pflegern, was bereits in der Ausbildung verankert werden könne.

Aus- und Weiterbildung: Der Pflegeberuf mit Uniabschluss – durchaus eine Chance, findet Mayenschein. Eine Studie habe gezeigt, dass die theoretische Ausbildung an einer Hochschule – auch an der Uni Siegen soll es künftig einen Studiengang Pflegewissenschaften geben – keine Qualitätseinbußen bedeute. Die akademische Qualifikation vor allem im klinischen Bereich mache den Beruf attraktiver, so Petra Gahr.

Verschiedene Vortragsschwerpunkte

  • Schwerpunkte der Vorträge liegen auf den genannten Themen.
  • „Mut zur Veränderung“ (Pädagoge Jens Albrecht), „Wieviel bin ich mir selbst wert?“ ( Pflegemanager Philipp Tessin), „Optimale Medikation im interprofessionellen Team“ (Gesundheitsmanagerin Vivien Weiß), „OP erfolgreich – Patient verwirrt“ (Altersmedizinerin Simone Gurlit), „Weckworte Demenz“ (Poetry Slammer Lars Ruppel).

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