Siegen-Wittgenstein. . Der ZWS will die Fahrgäste der Rothaarbahn auch künftig nicht zum Umsteigen in Siegen zwingen. Fahrgastverbände sehen das anders.

  • Fahrgastverbände schlagen Trennung der Linie in Siegen vor, um Verspätungen zu reduzieren
  • ZWS hält Direktverbindung Betzdorf-Hilchenbach für wichtig, um die Linie wirtschaftlich zu betreiben
  • Alternative wäre Ausdünnung auf Zwei-Stunden-Takt ab Hilchenbach oder Erndtebrück bis Bad Berleburg

Die Fahrgastverbände Pro Bahn und VCD erneuern ihre Forderung, einen „neutralen Gutachter“ mit dem Fahrplankonzept der Rothaarbahn (RB 93) zu befassen. Sie schlagen erneut vor, die Linie – wie bis Ende 2015 – in Siegen beginnen und enden zu lassen. Die Fahrten zwischen Siegen und Betzdorf könnte die Westerwald-Sieg-Bahn (RB 90) übernehmen, ohne dass zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt werden müssen, meint Matthias Tuschoff vom VCD. Der Zweckverband Personennahverkehr (ZWS) hält davon nichts: Damit, so Geschäftsführer Günter Padt, werde eine Direktverbindung „auf unserem nachfragestärksten Abschnitt“ unterbrochen.

Das Problem

In Siegen fährt die Rothaarbahn zur vollen Stunde nach Betzdorf ab, zehn Minuten später folgt planmäßig der schnellere Rhein-Sieg-Express (rsx) RE 9, der mit nur noch vier Minuten Abstand nach der Rothaarbahn in Betzdorf ankommt. Ist die Rothaarbahn schon in Siegen mehr als fünf Minuten zu spät, fährt der rsx vor. Die Rothaarbahn erreicht Betzdorf am Ende mit 14 Minuten Verspätung, der Anschluss nach Köln ist weg.
Umgekehrt starten in Betzdorf zur halben Stunde der rsx und vier Minuten später die Rothaarbahn nach Siegen. Ist der Regionalexpress mehr als fünf Minuten zu spät, fährt die Rothaarbahn vor — alle Anschlüsse in Siegen werden verpasst.

Die Fahrgastverbände

Schuld, so Matthias Tuschoff, sind Langsamfahrstrecken und die unbeschrankten Bahnübergänge der ab Kreuztal eingleisigen Strecke, die knapp bemessenen Ein- und Aussteigezeiten, außerdem die Bahnhofsbaustelle in Siegen, wo wohl noch bis Jahresende zwei Gleise fehlen – das Warten kostet noch mal zehn Minuten. Tuschoff weist darauf hin, dass die Westerwald-Sieg-Bahn in Siegen nicht wendet und sofort zurückfährt, sondern eine Stunde wartet — und umgekehrt die Rothaarbahn in Betzdorf auch. Diese Fahrzeuge, die sowieso bereitstehen, könnten in den Fahrplan eingeschleust werden. Die Fahrgäste müssten dann in Siegen umsteigen, die Züge wären aber wieder pünktlich.

Der ZWS

ZWS-Geschäftsführer Günter Padt ist diese Argumentation nicht neu: „Es ist nicht so, dass wir keine Ideen hätten.“
Die Anschlüsse: Der Vorschlag der Verbände werde nichts daran ändern, dass Fahrgäste der verspäteten Rothaarbahn in Siegen den Anschluss verpassen, dann nicht nur nach Köln, sondern auch nach Betzdorf. Wenn die Bahn dann direkt in Betzdorf wende, könne sie in Richtung Siegen Verspätungen auch nicht mehr aufholen – der Anschluss Richtung Bad Berleburg wäre weg. „Wir brauchen den Puffer.“

Fahrgastverbände sehen wenig Fortschritt

Auch „mittelfristig“, so die Fahrgastverbände, sei mit einer Aufhebung von Bahnübergängen nicht zu rechnen. „Die dafür erforderlichen Planungen sind bisher nicht erkennbar.“ Erst kürzlich wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit für den Zug an einem Übergang bei Erndtebrück von 30 auf 20 km/h herabgesetzt.

Als erfolgreich bewerten die Verbände zwei neue Signale zwischen Kirchen und Brachbach: Das ermöglicht einen kürzeren Abstand zwischen Regionalbahn und Regionalexpress; außerdem können sich die Züge hier jetzt auch überholen.

„Keinen deutlichen Fahrzeitgewinn“ bringen nach Auffassung der Fahrgastverbände die neu eingesetzten stärker motorisierten Triebwagen.


Die Direktverbindung: Aus Richtung Betzdorf über Siegen bis Kreuztal und Hilchenbach durchfahren — „das war einer unserer größten Wünsche“, erinnert Padt. Dieses stark nachgefragte Angebot helfe, „die Linie wirtschaftlich über Wasser zu halten“. Auf dem Fahrplan biete der ZWS inzwischen stündlich mindestens drei Verbindungen zwischen Betzdorf und Kreuztal. „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass das gut ist.“
Die Alternativen: Schon diskutiert, aber auch verworfen: die Rothaarbahn schneller machen, indem sie nicht mehr überall hält — nicht mehr an den Bedarfshaltepunkten und/oder nicht mehr in Geisweid. Oder: Die RB 90 von Westerburg könnte die Direktverbindung über Siegen hinaus nach Kreuztal übernehmen, wie schon jetzt zwei Mal am Tag. „Das würde uns Millionen kosten“, sagt Padt. Eingespart würde das dann, indem die Verbindungen ab Erndtebrück oder sogar ab Hilchenbach nach Bad Berleburg nur noch zweistündlich angeboten würden.

Die Lösung

Günter Padt bleibt bei dem alten Thema: Der rsx, nach wie vor eine der unzuverlässigsten Regionalexpress-Linien im ganzen Land, muss pünktlicher werden — durch den Ausbau der Siegstrecke und des Knotens Köln. Allzuviel Einfluss haben die Siegen-Wittgensteiner darauf nicht. Der bemisst sich nämlich nach der Länge des Streckenanteils. Und der beträgt zwischen Siegen und Niederschelden genau 5,97 Kilometer.

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